Fit für den Mars   

erstellt am
17. 07. 09

Wien (tu) - Die ersten 105 Tage Testphase im russischen Marsmissionsprojekt „Mars 500“ sind abgeschlossen. Das von Maschinenbauern der Technischen Universität (TU) Wien entwickelte Krafttrainingsgerät für die angehenden Kosmonauten hat sich bewährt und soll auf der Internationalen Raumstation (ISS) zum Einsatz kommen.

Das Projekt Mars 500
Im Projekt „Mars 500“ wird im Moskauer Institut für Biomedizinische Probleme (IBMP) – 40 Jahre nach der ersten Mondlandung – unter völliger Isolation von der Außenwelt mit einer sechsköpfigen Crew der Ablauf eines Marsfluges einschließlich Landung und Aufenthalt in 520 Tagen simuliert. Während der 105-tägigen Testphase im „Mars“-Container trainierten die Kosmonauten mit dem am Institut für Konstruktionswissenschaften und Technische Logistik der Technischen Universität (TU) Wien in Kooperation mit der Universität Wien
entwickelten Multifunktionstrainingsgerät „Multifunctional Dynamometer for Application in Space“ (MDS).

Fitness für die Kosmonautencrew
Um dem schon nach wenigen Tagen ohne Bewegung einsetzenden Muskel- und Knochenschwund entgegenzuwirken, müssen die Raumfahrer täglich ein spezielles Fitnessprogramm absolvieren. Das MDS verfügt über Stand- bzw. Sitzvorrichtungen und eine Zugstange aus Carbon, mit der sich viele Muskelgruppen trainieren lassen. Das Besondere an dem TU-Trainingsgerät ist, dass neben dem täglichen Training auch Ausdauer- und Kraftdiagnostik durchgeführt werden kann. Dadurch ist es möglich, herauszufinden, in welcher Intensität sich das Training auf die Muskelkraft der Testpersonen auswirkt. „Unser Ziel war es, ein effektives und zeitsparendes Training zu ermöglichen um somit auch den Tagesablauf eines Astronauten zu optimieren“, erklärt TU-Professor Thomas Angeli.

„Das Feedback der Crewmitglieder der Mars500-Testumgebung war durchwegs positiv. Sie waren begeistert und haben gerne auf unserem MDS trainiert“, erzählt Projektmitarbeiter Georg Adamcik, der gemeinsam mit Norbert Barta das Gerät vor Ort installiert und die Crew eingeschult hat. So schätzt das IBMP das Trainingsgerät als bestens geeignet für den Einsatz auf der Raumstation ISS ein. Nach der noch ausständigen „Space-Zertifizierung“ könnte in einigen Jahren auf der ISS damit trainiert werden.

Zweites Gerät in Wien
Am TU-Institut in Wien steht ein zweites identes Gerät. An diesem werden einerseits Weiterentwicklungen getestet und Studien durchgeführt, andererseits wird es auch verwendet damit die Kollegen in Moskau Reparaturen oder Anpassungen an ihrem Trainingsgerät durchführen können. Es können Abnützungen oder Beschädigungen rekonstruiert, analysiert und passende Maßnahmen gleich geplant werden. Dadurch ist ein rasches Eingreifen und Dokumentieren möglich. Allein die Zeitverzögerung von zwanzig Minuten via Funk zwischen Mars 500 und dem Moskauer „Mission Control Center“ stellt zeitweise eine besondere Herausforderung dar.

Der Nutzen für die Erde
Die Reisezeit zum Mars in eine Richtung dauert etwa 250 Tage. Projektmitarbeiter Roman Talla erklärt: „Nicht nur die Anreise und Vorbereitung für die Marslandung ist von Bedeutung. Die Crew soll durch das Training einerseits fit für die diversen Arbeitsaufgaben gehalten werden, andererseits soll sie auch für die Rückkehr auf die Erde und die Rehabilitation vorbereitet werden.“ Die TU-Forscher haben aber nicht nur die Reise zu fernen Planeten im Kopf. Erklärtes Ziel ist es, aus den Testergebnissen des Projektes ein effektives Training für die Rehabilitation von Menschen zu entwickeln, die nach Operationen oder längerer Bettlägerigkeit ihre Muskulatur und Knochendichte wieder aufbauen müssen.

Völlig schwerelos
Der nächste Schritt im Projekt ist die Durchführung von Parabelflügen, um das MDS auch in der Schwerelosigkeit zu testen. Mit dem neuen Kooperationspartner und Sportbiologen Prof. Matthias Lochmann (Universität Erlangen) wird die Parabelflugmission geplant und wenn möglich ab nächstem Jahr durchgeführt. Dabei wird erforscht, wie unterschiedlich die Muskulatur des Menschen in Schwerelosigkeit anspricht und die Handhabung des Gerätes ohne Schwerkraft funktioniert. Es muss dabei eine Belastung von bis zu 9 G aushalten.
     
zurück