Spekulationen von Bund, Ländern und Gemeinden   

erstellt am
24. 07. 09

Pröll: ÖBFA hat Vorteile von insgesamt 3,3 Milliarden Euro erzielt
Finanzminister kritisiert undifferenzierte und falsche Zuordnungen - Angekündigte Expertengruppe soll in den nächsten Tagen mit Arbeit beginnen
Wien (övp-pk) - Die Veranlagungsstrategie der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) wird undifferenziert und mit falschen Zuordnungen diskutiert. Das stellte Finanzminister Josef Pröll am 23.07. in Beantwortung der Dringlichen Anfrage im Bundesrat fest. Wenn man den Rechnungshofbericht unvoreingenommen lese, so stelle man fest, dass es in den vergangenen Jahren im Bereich der Veranlagungen gelungen sei, rund 300 Millionen Euro zu erwirtschaften. Die ÖBFA sparte den österreichischen Steuerzahlern beim Zinsaufwand rund drei Milliarden Euro. "Insgesamt hat die ÖBFA Vorteile von insgesamt 3,3 Milliarden Euro erzielt" Es sei dies ein ausgezeichnetes Ergebnis und nur dank der professionellen Arbeit dieser Agentur möglich, forderte Pröll von den Kritikern ein, den Rechnungshofbericht genau zu lesen.

Die ÖBFA hat in den vergangenen Jahren für den Bund einen Nettoertrag von 685 Millionen Euro erwirtschaftet. Selbst wenn man das mögliche finanzielle Risiko von 380 Millionen Euro in Betracht ziehe, bliebe im "worst case" insgesamt aus den Veranlagungen immer noch ein Vorteil von 300 Millionen Euro.

Der Rechnungshof spreche zudem klar aus, dass das Risikomanagement der ÖBFA - trotz manchen Verbesserungsbedarfes - keinen Vergleich scheuen muss. Bis auf den Bund führten die überprüften Gebietskörperschaften keine durchgängige Risikobewertung der Schuldenportfolios durch. Es sei dies "eine klare Bestätigung, dass der Bund bei dieser Frage vorangeht".

Das bedeute nicht, alle Verbesserungsmöglichkeiten nicht gerne aufzugreifen, wie dies die ÖBFA auch getan habe, verwies Pröll auf die Einführung von Limits und Maßnahmen zur Verbesserung des Risikomanagements. Die ÖBFA lebe zudem auch bei der Limitvergabe bereits das Vieraugenprinzip, wies Pröll in diesem Zusammenhang die Kritik zurück.

Der Finanzminister hob zudem erneut auch die konservative Anlagestrategie des Bundes hervor. "Mit den Erfahrungen der Finanzkrise und dem Wissen von heute blicken wir nun auf die früheren Ereignisse. Natürlich sind wir alle klüger geworden." Man müsse aber fair bleiben. Die ÖBFA habe sofort nach Bekanntwerden der ersten Schwierigkeiten die genannten Investments gestoppt, habe sofort reagiert und unterm Strich Erträge geschrieben.

Die Forderung nach einem generellen Veranlagungsverbot wies Pröll erneut zurück: "Einen größeren Nonsens habe ich überhaupt noch nie gehört. Sollen wir das Geld ohne Zinsen unter dem Polster der Steinzeitpolitik deponieren und drei Milliarden Euro auf dem Weg liegen lassen, die wir für Steuerzahler für Transferleistungen wieder ausgeben können?" Die Möglichkeit, Mittel zu veranlagen, sei im Haushaltsrecht durchaus vorgesehen. Er wolle keinesfalls, dass die erwirtschafteten Summen dem Steuerzahler vorenthalten würden und weniger Spielraum in der Budgetgestaltung sei.

Die ÖBFA müsse auch ein gewisses Maß an liquiden Mitteln zur Verfügung haben, verwies der Finanzminister auf unvorhergesehene Ausgaben. "Wenn wir schnell Geld brauchen - etwa bei einer Hochwasserkatastrophe - um zu helfen, so muss auch die Agentur Flexibilität in der Versorgung an den Tag legen können. Auch das Bankenpaket mit dem klaren Signal der Einlagensicherung wäre in dieser Dimension für Österreichs Bürger ohne Flexibilität in der Gebarung nicht möglich gewesen.

Das Finanzministerium nehme die Empfehlungen des Rechnungshofes ernst, kündigte Pröll abschließend die Einsetzung der Expertengruppe in den nächsten Tagen an, um möglichst erfolgreich für Österreichs Bürger zu wirtschaften. Eine Novelle, die noch heuer dem Parlament vorgelegt werde, soll für weitere Verbesserungen sorgen. 

   
Konecny: Maßnahmen zur verantwortungsvollen Veranlagung von Steuergeld für die Zukunft treffen
Tatsächlich kann es von niemandem hingenommen werden, dass die Steuergelder der ÖsterreicherInnen spekulativ aufs Spiel gesetzt werden…
Wien (sk) - In seiner Rede vor dem Bundesrat zur Dringlichen Anfrage des BZÖ und der Grünen zu den Spekulationen der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur betonte der Vorsitzende der sozialdemokratischen Bundesratsfraktion, Albrecht K. Konecny, dass es durchaus im Interesse des parlamentarischen Prozesses sei, dass die Anfrage betreffend der Aufklärung und Konsequenzen hinsichtlich Spekulationsgeschäften der ÖBFA von der Opposition gestellt werde.

Tatsächlich kann es von niemandem hingenommen werden, dass die Steuergelder der ÖsterreicherInnen spekulativ aufs Spiel gesetzt werden und dass sie darüber hinaus noch in einem nicht unbeträchtlichen Maße tatsächlich verspielt worden sind. "Der, der dieses Spiel begann, also jener Finanzminister, den heute weder BZÖ, FPÖ jemals gekannt zu haben scheinen, und der auch von der ÖVP nur mit knapper Mehrheit nicht zu ihrem Vorsitzenden gemacht wurde, ist Karl-Heinz Grasser. Und wie jeder weiß, haben sich weltweit operierende Banken darum geprügelt, ihn in ihre Dienste nehmen zu können. Es ist geradezu zynisch, wenn nun Karl-Heinz Grasser darauf verweist, dass die Spekulationsgeschäfte zu seiner Zeit Erträge gebracht hätten", betonte Konecny.

Konecny verwies in diesem Zusammenhang auch darauf, dass, wie wohl jeder in diesem Saal, auch er den einen oder anderen kenne, der vor einigen Jahren, von seinem Depotauszug her, es zeitweilig zum Millionär gebracht habe und der heute schauen muss, wie er seine Miete zahlen könne. So sei es auch der Republik ergangen. Tatsächlich seien in zehn Jahren 685 Millionen verdient worden. Aber wenn man von diesen 373 Millionen abzieht, ergebe das eine Rendite, die von jedem biederen Sparbuch locker geschlagen wird. "Ein wenig geht es mir so", betonte Konecny, "wie dem Reiter über dem Bodensee, dass im August 2007 10,7 Mrd. Euro in ABCP-Veranlagungen gesteckt wurden, wovon fast vier Milliarden ohne Liquiditätsgarantie waren".

Es sei unverständlich, dass sich die durchschnittliche Höhe der insgesamt getätigten Veranlagungen von 2002 bis 2007 nur etwa verdreifachte, während sich die Veranlagungen bei den Hochrisikopapieren im selben Zeitraum verfünffachte. Das Entscheidende aber sei, dass es jetzt nicht nur darum gehe, die unglückselige Vergangenheit aufzuarbeiten, sondern auch klare Regeln für die Zukunft zu erstellen. "Es ist daher Bundeskanzler Faymann nachdrücklich Anerkennung auszusprechen, dass er nicht bereit ist, über die eingetretenen Verluste hinweg zu sehen und zur Tagesordnung überzugehen, sondern handelt. Wenn am 31. Juli, auf seine Einladung hin, ein Spitzengespräch zwischen RH-Präsidenten Moser, Nationalbank-Gouverneur Nowotny, Vizekanzler und Finanzminister Pröll und dem Chef der Finanzaufsicht Ettl stattfinde, werden Entscheidungen zu treffen sein, wie man gesetzlich absichert, dass der Einsatz von Bundesmitteln für Spekulationsgeschäfte unterbunden wird und kontrollierte Abläufe geschaffen werden", so Konecny.

"Ich bin zuversichtlich, dass es nicht nur eine lückenlose Aufklärung, sondern ebenso zukunftsichernde Maßnahmen geben wird und ich füge hinzu, dass die noch zu findenden Regelungen selbstverständlich nicht auf die Mittel des Gesamtstaates begrenzt sein können. Die Länder sind aufgerufen, für sich selbst und die Gemeinden analoge Regelungen zu beschließen. Schließlich ist dieses Steuergeld, welches diesen Gebietskörperschaften zur Verfügung steht, um nichts weniger Wert, als jenes des Bundes", schloss Konecny.

 

Mühlwerth: Der Staat braucht keine Investmentbank
Bürger haben Recht zu erfahren, wie mit ihrem Geld umgegangen wird
Wien (fpd) - "Die Bundesfinanzierungsagentur hat sich benommen wie eine Investmentbank", fasste die freiheitliche Bundesrätin Monika Mühlwerth das millionenschwere Spekulationsdebakel zusammen, mit dem heute Finanzminister Pröll anlässlich einer Dringlichen Anfrage im Bundesrat konfrontiert wurde. "Der Staat braucht aber keine Investmentbank, sondern hat diese Agentur zur Sicherstellung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit des Staates geschaffen", ergänzt Mühlwerth.

Mit den Erklärungen von Finanzminister Pröll im Bundesrat ist Mühlwerth nicht zufrieden: "Einerseits erklärt er, dass solche Geschäfte nicht mehr stattfinden dürfen, andererseits sieht er aber nicht den geringsten Fehler bei seiner Vorgängern und den Verantwortlichen in der Agentur." Das sei ein krasser Widerspruch, der alleine durch die Floskel "Hinterher ist man immer klüger" nicht aufzulösen sei.

Mühlwerth verwies in diesem Zusammenhang auch auf einen Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2002, in dem bereits festgestellt wurde, dass die Ausweitung der Geldaufnahme zu Veranlagungszwecken an eine Grenze stoße. Dessen ungeachtet seien diese Geschäfte nicht zurückgefahren, sondern im Gegenteil in den Amtszeiten der Finanzminister Grasser und Molterer noch weiter forciert worden. Mühlwerth verlangt vom Finanzminister detaillierte Aufklärung, auf wessen Initiative die Bundesfinanzierungsagentur die Risiko-Geschäfte immer mehr ausgeweitet hat. Wenn er dazu nicht bereit sei, müsse sich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss damit befassen, so Mühlwerth: "Die Bürger haben ein Recht zu erfahren, wie mit ihrem Geld umgegangen wurde und wird. Schwamm drüber wird's mit den Freiheitlichen nicht spielen!"

 

Bucher lädt SPÖ und FPÖ ein
Pröll beschönigt weiter Spekulationsverluste und hält Verbot für Nonsens
Wien (bzö) - BZÖ-Chef Klubobmann Abg. Josef Bucher begrüßte die Ankündigung des oberösterreichischen SPÖ-Chefs Erich Haider, die oberösterreichischen SPÖ-Abgeordneten im Parlament aktiv werden zu lassen. "Es ist erfreulich, dass jetzt auch die SPÖ den Ernst der Lage erkennt und ich lade die Sozialdemokraten ein, mit uns gemeinsam eine Sondersitzung zu den Spekulationsverlusten in der ÖBFA unter ÖVP-Ministerschaft einzuberufen." Auch die FPÖ sei in ihrer staatspolitischen Verantwortung gefordert und solle ebenfalls diesem gemeinsamen Ansinnen ihre Zustimmung geben.

Das BZÖ sei bereits gestern im Bundesrat aktiv geworden und habe eine Dringliche Anfrage an ÖVP-Chef Finanzminister Pröll eingebracht. "Bedauerlicherweise hat Pröll bis jetzt den Ernst der Lage nicht erkannt und beschönigt weiterhin die Spekulationsverluste und bezeichnet ein Spekulationsverbot als "Nonsens". Dabei ist weiterhin nicht geklärt, wieso die Empfehlungen und die heftige Kritik des Rechnungshofes nicht ernst genommen wurden", so der BZÖ-Chef.

 

 Kogler/Rossmann: Grüne setzen vorerst auf RH- und Finanzausschuss
SPÖ und ÖVP liefern sich aus Koglers Sicht derzeit "ein Rennen der "Arbeitsgruppeneinsetzer und Kleingipfelabhalter"
Wien (grüne) -
Die Grünen hoffen darauf, dass sich die Parlamentsparteien bei der Aufklärung der drohenden Verluste der Bundesfinanzierungsagentur "wenigstens auf ein Minimalprogramm einigen können": nämlich eine Sitzung des Rechnungshofausschusses und die Erarbeitung neuer Regeln für die Agentur im Finanzausschuss, der regulär am 27. August tagen wird. "Alle müssen ein Interesse an einer Mindestaufklärung und einer Sanierung der Gesetzesvorschriften haben", sagte der stellvertretende Grünen-Klubobmann Werner Kogler am Freitag bei einer Pressekonferenz.

"Sollte das vereitelt werden oder nicht gelingen", könnten die Oppositionsparteien sich laut Kogler "leicht auf einen Antrag auf eine Sondersitzung verständigen". Zusätzlich würden die Grünen in diesem Fall auf die Einsetzung eine Untersuchungsausschusses drängen, sagte der Grüne Politiker.

Im Rechnungshofausschuss, der laut Kogler auf jeden Fall öffentlich abgehalten werden müsste, sollen die ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Wilhelm Molterer (V) sowie Amtsinhaber Vizekanzler Josef Pröll (V) und das frühere wie aktuelle Management der Finanzierungsagentur als Zeugen geladen werden. Im Finanzausschuss solle die Änderung der entsprechenden Bestimmungen im Bundeshaushaltsrecht verhandelt werden. "Vielleicht einigen wir uns auf Punkte, die wir im September beschließen werden können", so Koglers Hoffnung.

Der Finanzexperte der Grünen, Bruno Rossmann, kritisierte, dass die Finanzierungsagentur "blind" investiert und sich ausschließlich auf das Urteil von Ratingagenturen verlassen habe: "Das ist wie Hütchenspiele am Finanzmarkt". Die Informationspolitik der Agentur nannte er "jämmerlich und unzureichend". Weder gebe es transparente berichte an das Finanzministerium, noch einen Geschäftsbericht. Und auch den Staatsschuldenausschuss lasse die Finanzierungsagentur "blöd sterben", so Rossmann.

SPÖ und ÖVP liefern sich aus Koglers Sicht derzeit "ein Rennen der "Arbeitsgruppeneinsetzer und Kleingipfelabhalter". Er ortete jedoch bei der SPÖ mittlerweile "echtes Interesse an Aufklärung". Ob die Sozialdemokraten, wie vom oberösterreichischen SP-Chef Erich Haider gefordert einer Sondersitzung des Nationalrates in der Causa zustimmen würden, werde sich erst rund um die Beratungen von Kanzler Werner Faymann (S) mit den Spitzen von Notenbank und dem Rechnungshof am 31. Juli zeigen.
 

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