Kreditvergabe des österreichischen Bankensystems an den Unternehmenssektor   

erstellt am
23. 07. 09

Ergebnisse des 2. Kreditberichts der Oesterreichischen Nationalbank
Wien (oenb) - Das Jahreswachstum des aushaftenden Kreditvolumens der österreichischen Banken an die Unternehmen hat sich seit Jahresbeginn abgeschwächt. Bis Jahresende 2008 war das Kreditwachstum mit einer Jahreswachstumsrate von durchschnittlich 8% noch erstaunlich robust. Seither gibt es insgesamt weiter Zuwächse, die Wachstumsrate hat sich allerdings sukzessive auf 5,5% (April 2009) reduziert. Eine Zusatzinformation liefert die seit Ende April 2009 von der OeNB erhobene Neukreditstatistik. Sie zeigt, dass auf Basis der Meldung von 106 Banken durchschnittlich im Monat seit Jänner 2009 etwa 7 Mrd EUR Kredite neu an den Unternehmenssektor vergeben wurden; Tilgungen und Zinskapitalisierung sind hier nicht berücksichtigt. Etwa 80% der an den Unternehmenssektor neu vergebenen Kredite wiesen eine Laufzeit von bis zu 6 Monaten auf.

Entwicklung nach Branchen
Mit starker Reduktion im monatlichen Kreditwachstum waren die Verkehrswirtschaft und der Sektor Immobilien konfrontiert. Moderate Abschwächung verzeichneten die Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen sowie der Handel. In allen anderen Branchen stagnierte die Kreditvergabe oder sie wurde sogar ausgeweitet, wie in der Energiewirtschaft, im Bereich Information und Kommunikation oder bei den freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Leistungen.

Zinsentwicklung für Unternehmenskredite
Laut Zinssatzstatistik hat sich im Durchschnitt die Zinsbelastung der Unternehmen im Einklang mit den seit Oktober 2008 erfolgten Zinssenkungsschritten der EZB reduziert. Betrachtet man die Zinsentwicklung nach Zinsbindungsfristen, zeigt sich ein differenziertes Bild. Eine fast vollständige Weitergabe der Zinssenkungen ist nur bei den kurzfristigen Zinssätzen zu beobachten. Je länger die Fristigkeit, desto stärker ist die Bedeutung von vor allem liquiditäts- und risikobestimmten Margenanstiegen, wobei Margen als Aufschläge auf den 3-Monats-EURIBOR gemessen werden. Bei neu aufgenommenen Krediten mit einer Laufzeit von über fünf Jahren wurden die Zinssenkungen zur Gänze durch steigende Margen kompensiert. Neben dem Umstand, dass sich die Banken selbst langfristig teuer refinanzieren müssen, mag hier auch ein stärkeres Bedachtnehmen auf die Bonität der Unternehmen von Seiten der Banken eine gewisse Rolle spielen.

Kreditvergabekonditionen
Die vorliegenden bei Unternehmen durchgeführten Umfragen deuten darauf hin, dass sich für einen Teil der Unternehmen die Kreditvergabekonditionen auch in den letzten Monaten weiter verschlechtert haben. Dazu zählen die Kreditnebenkosten, die Sicherheiten- und Informationserfordernisse sowie die Zusatzvereinbarungen bei Kreditverträgen. Auch Beschränkungen der Kredithöhe bzw. der Kreditlinien wurden registriert.


Entwicklung des Unternehmensanleihemarktes
Aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit kostengünstiger langfristiger Kreditfinanzierungs-mittel sehen sich einige große Unternehmen mit der Situation konfrontiert, dass sie langfristige Projekte kurzfristig finanzieren müssten und aufgrund des damit verbundenen Risikos der Fristentransformation Investitionen erst gar nicht tätigen. Die in den letzten Monaten beobachtbare Belebung des Unternehmensanleihenmarktes hat hier für einige große Unternehmen eine spürbare Entlastung gebracht. Einige Unternehmen haben seit Jahresbeginn den nun wieder relativ kostengünstigen Rentenmarkt als Alternative zum längerfristigen Bankenkredit in Anspruch genommen. Die österreichischen Unternehmen emittierten brutto seit Jahresbeginn an die 8 Mrd EUR, der Großteil davon wurde seit April begeben. Die Beanspruchung des Rentenmarktes steht jedoch nur wenigen Unternehmen mit gutem Rating offen. Die Eigenmittelaufnahme über den Aktienmarkt ist de facto seit Mitte 2008 zum Erliegen gekommen und auch in den letzten Monaten waren keine nennenswerten Neuemissionen zu verzeichnen.

Kreditnachfrage
Der Umstand, dass laut Umfragen bei einem Teil der Unternehmen trotz rückläufiger Investitionen die Nachfrage nach Krediten noch immer steigt - zur Finanzierung von Lager und Betriebsmittel bei rückläufigem Cash Flow sowie zur Refinanzierung (Tilgung von abreifenden Anleihen und Krediten) -, deutet darauf hin, dass die Abschwächung in der Kreditvergabe nicht ausschließlich auf eine abnehmende Kreditnachfrage zurückzuführen ist, sondern möglicherweise auch Kreditangebotsbeschränkungen widerspiegeln, die aber durchaus mit Risikoüberlegungen im Zusammenhang mit der Bonität des Unternehmens sowie mit hohen Refinanzierungskosten der Banken im langfristigen Laufzeitensegment erklärt werden können.

Die Oesterreichische Nationalbank wird angesichts des weiterhin schwierigen Finanzmarktumfelds - zusätzlich zu den monatlich veröffentlichten statistischen Informationen (Kreditmonitor) - die Entwicklung der Kreditmärkte verstärkt im Detail analysieren und die entsprechenden Ergebnisse der Wirtschaftspolitik und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
     
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