Weiterer Schritt zur Einführung der Mindestsicherung gelungen  

erstellt am
28. 07. 09

Hundstorfer: Mindestsicherung startet fix am 1.September 2010
270.000 Menschen werden profitieren
Wien (bmask) - "Mit der heutigen Beschlussfassung des Zeitplans ist ein weiterer Schritt bei der Einführung der Mindestsicherung gelungen. Es ist nun fix, dass die bedarfsorientierte Mindestsicherung mit 1.September 2010 Wirklichkeit wird. 270.000 Personen werden von den Verbesserungen wesentlich profitieren", erklärte Sozialminister Rudolf Hundstorfer am 28.07. nach dem Ministerrat.

"Mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung wird ein bundesweit einheitliches Mindestniveau zur Armutsvermeidung geschaffen. Nach der erfolgten Einigung mit dem Koalitionspartner werden die Sozialhilferichtsätze bundesweit 12mal auf 733 Euro harmonisiert", so Hundstorfer. Andere Leistungen wie Sonderzahlungen und regional unterschiedliche Wohnkostenzuschüsse bleiben vorerst länderspezifisch. Wesentlich sei auch, dass die BezieherInnen in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden und eine eigene E-card erhalten. "Das Stigma des Sozialhilfekrankenscheins hat somit auch ein Ende", erläutert der Sozialminister.

Hundstorfer unterstreicht auch, dass die Mindestsicherung ein "Trampolin und keine soziale Hängematte" sei. "Das AMS wird für BezieherInner der Mindestsicherung, die in der Regel sehr lange nicht in den Arbeitsmarkt integriert waren, umfassende Betreuungs- und Aktivierungsprogramme anbieten", so der Sozialminister. Für die Arbeitsaufnahme gelten die Zumutbarkeitsbestimmungen des AMS. Weigert sich ein arbeitsfähiger Bezieher einen passenden Job anzunehmen, kann ihm die Mindestsicherung bis auf die Hälfte gekürzt werden.

Weitere Verbesserungen, die die bedarfsorientierte Mindestsicherung bringen wird, betreffen den weitgehenden Wegfall des Regresses und die Einführung eines Vermögensfreibetrages in der Höhe der 5-fachen Leistungshöhe für Alleinstehende. Derzeit sind dies 3665 Euro.

"In den nächsten Monaten werden wir zügig an der legistischen und technischen Umsetzung der Mindestsicherung arbeiten, damit die Mindestsicherung am 1. September 2010 starten kann", so Sozialminister Hundstorfer abschließend. 

 

Riedl: Hundstorfer ist gefordert, alle Länder ins Boot zu holen
Bundesweite Regelung ist nur mit allen Bundesländern sinnvoll
St. Pölten (vpnoe) - "Wir in Niederösterreich sprechen uns klar und deutlich für die Einführung einer bundesweiten Mindestsicherung aus. Aber diese Regelung ist nur dann sinnvoll, wenn alle Bundesländer mit an Bord sind. Daher ist Minister Hundsdorfer gefordert alle Länder ins Boot zu holen - auch Kärnten", steht für den niederösterreichischen VP-Gemeindevertreterverbands- Präsidenten Mag. Alfred Riedl fest.

"Wenn ein Bundesland ausschert, dann ist es leicht möglich, dass es zu einem Sozialtourismus kommt, um sich aus den verschiedenen Modellen die Rosinen herauszupicken. Dem wollen und müssen wir einen Riegel vorschieben, denn die Mindestsicherung soll jenen Menschen helfen, die keine Arbeit finden oder von Armut betroffen sind. Sie soll aber nicht jenen zugute kommen, die nicht arbeiten wollen", so Riedl.

 

 Öllinger: Mindestsicherung zu Grabe getragen
Bisher zeichnete sich die Regierungspolitik zur Armutsbekämpfung vor allem durch Nichtstun aus
Wien (grüne) -
"Pröll, Hundstorfer und Faymann betreiben Neidpolitik auf dem Rücken der Ärmsten in diesem Land", konstatiert Karl Öllinger, Sozialsprecher der Grünen. Die drei Herrn verdienen jeder weit mehr als Euro 10.000 im Monat und gönnen armutsbedrohten Menschen nicht einmal Euro 8800,- im Jahr. "Diese Regierung hat für armutsgefährdete Menschen bisher weder einen Finger noch ein Ohrwaschel gerührt. Der heutige Ministerrat trägt nun auch die Mindestsicherung endgültig zu Grabe. Von der bleibt nämlich nach der Kürzung von 14 auf 12 Bezüge so gut wie nichts mehr übrig."
Die Ärmsten bleiben arm

Bisher zeichnete sich die Regierungspolitik zur Armutsbekämpfung vor allem durch Nichtstun aus, so Öllinger: "Das niedrigste Arbeitslosengeld Europas wurde nicht erhöht. Es wird noch immer nicht der Inflation angepasst und Familien werden noch immer nicht vor dem Verlust ihrer Existenzgrundlage in der Notstandshilfe geschützt. Aber jetzt handelt die Regierung: Sie entsorgt die Mindestsicherung mit einem Staatsbegräbnis im Ministerrat."

Gut in dieses Bild passt für Öllinger auch die ÖVP-Erpressungspolitik gegenüber den Krankenkassen. Da agierten die Minister Mitterlehner und Pröll einzig im Interesse einiger Groß-Versicherungsunternehmen, die sich von einer kaputtgesparten Krankenversicherung ein zusätzliches Geschäft erhoffen. "Ob Gesundheit für Otto und Ottilie Normalverbraucher dabei noch leistbar ist, ist der ÖVP offenbar egal".

 

AK begrüßt konkreten Einführungstermin
Mindeststandard bei sozialer Absicherung ist sozialpolitischer Meilenstein gerade in Krisenzeiten
Wien (ak) - Die Festlegung auf den 1. September 2010 für die Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung ist für die AK ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Armut und Verarmungsgefahren. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf dem Arbeitsmarkt, die Verschlechterung von Beschäftigungsmöglichkeiten gerade für benachteiligte Personengruppen machen diese Maßnahme besonders wichtig. Nach den vorliegenden Prognosen wird sich die Situation auf dem österreichischen Arbeitsmarkt im nächsten Jahr weiter verschärfen. Ein wirksamer Schutz gegen Verarmung von arbeitslosen Menschen und ihren Angehörigen ist im nächsten Jahr wichtiger denn je. Denn die Arbeitsmarktprobleme werden gerade die schlecht ausgebildeten ArbeitnehmerInnen in schwierigen sozialen Situationen sowie bereits längere Zeit Arbeitslose besonders hart treffen. Die konsequente Umsetzung der Mindstsichericherung ist für die AK wichtiger, als auf eine Haltungsänderung der Kärtner Landesregierung zu warten. Auch dass es wegen des Widerstandes einer Regierungspartei - im übrigen entgegen einer anderen Vereinbarung im Regierungsübereinkommen - zunächst keine Sonderzahlungen geben wird, darf die Umsetzung nicht aufhalten. Denn trotz dieser Beschränkung bedeutet die bedarfsorientierte Mindestsicherung eine Besserstellung für die meisten Betroffenen. Außerdem ist sichergestellt, dass es durch die Mindestsicherung zu keinen Nachteilen für BezieherInnen von Sozialhilfeleistungen kommen darf.

 

Küberl zu Mindestsicherung: "Spät, aber besser als gar nicht"
Caritas-Präsident kritisiert späte Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung und "Kürzung über die Hintertür", begrüßt aber die Ausweitung der eCard.
Wien (caritas) - "Spät, aber besser als gar nicht. Eigentlich hätte sie schon mit 1. Jänner 2010 kommen müssen", kommentiert Caritas-Präsident Franz Küberl den vom Ministerrat beschlossenen Einführungszeitpunkt der bedarfsorientierten Mindestsicherung mit 1. September 2010. Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise hätte sich Küberl beim Hilfspaket für die Armen ein ebensolches Tempo wie beim Hilfspaket für die Banken erwartet: "Es ist bezeichnend, dass die Bundesregierung die Milliardenunterstützung für die Banken innerhalb kürzester Zeit auf die Beine gestellt hat, während die Menschen, die die Krise am härtesten trifft, jahrelang auf Unterstützung warten müssen."

Die Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung sieht der Caritas-Präsident als "Gebot der Stunde", weil ein Sozialstaat, der diesen Namen verdient, am Umgang mit den Schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft gemessen werden müsse. Küberl: "Wir wissen, dass Armut bei den betroffenen Kindern, Frauen und Männern zu Krankheit, Verzweiflung und Stress führt."

Ein Dorn im Auge ist Küberl, dass die vorgesehenen 733 Euro nun nicht 14 mal, sondern nur 12 mal bundesweit harmonisiert ausbezahlt werden sollen. Die 13. und 14. Auszahlung wird demnach von den Bundesländern nach deren bisherigen (niedrigeren) Standards festgelegt. "Damit bleibt weniger im ohnehin schmalen Börsel der bedürftigen Menschen als bisher vorgesehen", kommentiert Küberl diese "Kürzung über die Hintertür. Ausserdem ist es ein Bruch des Versprechens der Bundesregierung, die Mindestsicherung analog der Mindestpension zu gestalten." Eine komplette Streichung der 13. und 14. Auszahlung sei wegen des Verschlechterungsverbots in der 15a-Vereinbarung von Bund und Ländern Gott sei Dank nicht möglich, so Küberl weiter: "Wir hoffen, dass das auch wirklich hält."

Als positiv wertet der Caritas-Präsident, dass künftig LeistungsbezieherInnen eine eCard und damit uneingeschränkten Zugang zu medizinischen Leistungen erhalten sollen: "Stigmatisierende Sozialhilfekrankenscheine gehören dann der Vergangenheit an", freut sich Küberl. Auch der hohe administrative Aufwand (derzeit werden SozialhilfeempfängerInnen von der Krankenversicherung einzeln abgerechnet) habe dann ein Ende. Die im Entwurf vorgesehenen Verbesserungen für NotstandsbezieherInnen, deren Unterstützung nicht zum Leben reicht, begrüßt Küberl ebenfalls.

Wichtig sei allerdings auch, dass Regierung die jährliche Erhöhung festlege, so Küberl: "Auch für Arme wird das Leben teurer. Die Valorisierung der bedarfsorientierten Mindestsicherung muss an den Ausgleichszulagenrichtsatz gekoppelt sein", sagt der Caritas-Präsident. Denn: "Ein Fixbetrag, der nur gelegentlich und nach Gutdünken erhöht wird, würde eine weitere Kürzung über die Hintertür bedeuten. Da reichen die jahrelangen schlechten Erfahrungen beim Pflegegeld."

 

Fenninger: Minimalstsicherung statt Mindestsicherung
Kritik an unzureichender Höhe und Verzögerung bei Mindestsicherung
Wien (volkshilfe) - Was lange währt wird endlich gut - dieses Sprichwort widerlegt die Bundesregierung mit ihrer heutigen Absichtserklärung zur Bedarforientierten Mindestsicherung. Als "keinesfalls ausreichend" bezeichnet Volkshilfe Österreich Bundesgeschäftsführer Erich Fenninger, dass die geplante Mindestsicherung nunmehr lediglich 12mal anstatt 14mal jährlich 733 Euro betragen soll: "Dieser Betrag liegt deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle in Österreich, damit wird die Bedarfsorientierte Mindestsicherung leider zu einer Minimalstsicherung. So kann dieses eigentlich gute Instrument nicht aus dem Teufelskreis Armut befreien. Zum Leben zu wenig - zum Sterben zu viel."

Auch die weitere Verzögerung bei der Einführung - nunmehr geplant für September 2010 - stößt bei der Volkshilfe auf Unverständnis. "Warum gerade in Zeiten der Finanzkrise, wo immer mehr Menschen gefährdet sind, in die Armut abzurutschen, in Sachen Mindestsicherung so zögerlich vorgegangen wird, ist für mich nicht erklärbar." so Fenninger weiter: "Im Regierungsübereinkommen wollte man die Mindestsicherung noch zügig einführen, jetzt wurde sie zum wiederholten Male verschoben."

Dass nun eine interministerielle Arbeitsgruppe offene Fragen wie die Sicherstellung der budgetären Mittel oder die Frage der Wohnungskosten klären soll, lässt auch nicht darauf schließen, dass die nächsten Schritte bis zur Einführung konfliktfrei verlaufen werden. Die Volkshilfe fordert alle Beteiligten dringend auf, vom Diskutieren endlich zum Handeln überzugehen und dafür zu sorgen, dass die Mindestsicherung nicht nur rascher kommt, sondern auch die tatsächlichen Wohnungskosten inkludiert, Hilfe in besonderen Lebenslagen mit einem Rechtsanspruch versieht und in erster Linie sie eine Höhe hat, die tatsächlich vor Armut schützt.

"Es ist mehr als verständlich, dass jene, die schon jetzt unter den Folgen der schlechten Wirtschaftslage zu leiden haben, ihre Geduld mit der Regierung und der Politik im Allgemeinen verlieren. Da an anderer Stelle Hunderte von Millionen sprichwörtlich in den Sand gesetzt oder verspekuliert werden, scheint es, dass bei der Mindestsicherung im Grunde nur eines fehlt: der politische Wille." 
 

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