Wahl '09 in OÖ: NVP wird nicht zur Landtagswahl zugelassen   

erstellt am
13. 08. 09

Landeswahlbehörde sprach sich einstimmig gegen Zulassung aus
Linz (lk) - Die Nationale Volkspartei (NVP) wird nicht zur Landtagswahl am 27. September 2009 zugelassen. Die Landeswahlbehörde hat sich in ihrer heutigen Sitzung einstimmig gegen eine Zulassung der NVP ausgesprochen. Zugleich wird Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Das berichten der auch für Wahlen zuständige Wirtschaftslandesrat Viktor Sigl und Dr. Michael Gugler, Leiter der Landeswahlbehörde. Damit werden bei der Landtagswahl insgesamt sieben Parteien antreten.

Bei der ersten Sitzung der Landeswahlbehörde am 11.08. war die endgültige Entscheidung, ob die NVP bei der Landtagswahl 2009 zugelassen wird, zur Wahrung des notwendigen Parteiengehörs auf 13.08. vertagt worden. In der heute fortgesetzten Sitzung der Landeswahlbehörde wurde schließlich einstimmig entschieden, dass die Kandidatur der Nationalen Volkspartei nicht zugelassen wird. Die NVP hatte ihre Kandidatur nur für den Wahlkreis 1 (Linz und Umgebung) für die Landtagswahl eingereicht.

Nach Bekanntwerden einer möglichen Kandidatur der NVP hat die Landeswahlbehörde ein umfangreiches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dies beinhaltet unter anderem Anfragen an Staatsanwaltschaft Wien und Bundesministerium für Inneres, Anfragen bzw. laufenden Kontakt mit der Sicherheitsdirektion Oberösterreich, Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, umfassende Internet-Recherchen zur NVP-Homepage (einschließlich der erfolgten Verlinkungen zur gesamten rechtsextremen Szene in Europa), Analysen des Parteiprogramms der NVP 2009 und schließlich auch der Auftrag an Univ.-Prof. Dr. Andreas Janko zur Erstellung eines verfassungsrechtlichen Gutachtens. Nach Wahrung des Parteiengehörs - die NVP legte heute eine zweiseitige Stellungnahme vor - ist die Landeswahlbehörde in ihrer abschließenden Sitzung aufgrund der umfangreichen Ermittlungsergebnisse einstimmig zum Schluss gekommen, dass die Kandidatur der NVP durch die Einbringung des Wahlvorschlages unter Berücksichtigung des Umfelds der Kandidatur einen Verstoß gegen §3 Verbotsgesetz 1947 darstellt.

Die Landeswahlbehörde hat daher in sinngemäßer Anwendung des § 29 Abs. 1 Oö. Landtagswahlordnung den einstimmigen Beschluss gefasst, dass der Wahlvorschlag als "nicht eingebracht" gilt. Davon wird auch der zustellungsbevollmächtigte Vertreter der betroffenen Partei, der Nationalen Volkspartei (NVP), Robert Faller, verständigt. Gleichzeitig wird eine Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdacht des Verstoßes gegen §3 Verbotsgesetz 1947 erstattet.

Somit werden bei der Landtagswahl am 27. September 2009 in Oberösterreich insgesamt sieben Parteien kandidieren:

1. ÖVP - Liste Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer (ÖVP)
2. Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ)
3. Die Grünen - Die Grüne Alternative (GRÜNE)
4. Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)
5. BZÖ - Liste Uschi Haubner (BZÖ)
6. Die Christen Oberösterreich (DC-OÖ)
7. Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ)

Die Landeswahlbehörde setzt sich aus jeweils vier stimmberechtigten Vertretern von ÖVP und SPÖ sowie jeweils zwei Vertrauenspersonen der Grünen, der FPÖ, des BZÖ, der KPÖ und Die Christen zusammen. Vorsitzender ist Landeswahlleiter Dr. Michael Gugler, Direktor der Direktion Inneres und Kommunales des Landes Oberösterreich.

Anhang
Zur rechtlichen Begründung
Nach § 29 Abs. 1 Oö. Landtagswahlordnung hat der Landeswahlleiter spätestens nach Ende der Einbringungsfrist die eingelangten Kreiswahlvorschläge der Landeswahlbehörde vorzulegen. Diese überprüft jeden der eingelangten Wahlvorschläge daraufhin, "ob er als gültig eingebracht gilt", widrigenfalls der zustellbevollmächtigte Vertreter der betroffenen Partei davon zu verständigen ist.

Seit der Grundsatzentscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 29.11.1985, G 175/84 (= Verfassungssammlung 10.705/1985) darf sich diese Prüfung allerdings nicht nur auf rein formelle Aspekte beschränken. Der Verfassungsgerichtshof geht nämlich in ständiger Rechtssprechung davon aus, dass es sich bei § 3 Verbotsgesetz 1947 nicht bloß um einen Programmsatz oder einen Verfassungsauftrag an den einfachen Gesetzgeber zur Umsetzung des darin enthaltenen Verbotes der nationalsozialistischen Wiederbetätigung handelt; die besagte Bestimmung enthält vielmehr "ein unmittelbar wirksames, von jedem Staatsorgan im Rahmen seines Wirkungsbereiches zu beachtendes Verbot", das auch dann anwendbar ist, wenn das für die Behörde maßgebliche Gesetz seine Beachtung nicht ausdrücklich vorschreibt".

Die eigenständige Bedeutung des § 3 Verbotsgesetz 1947 liege nämlich gerade darin, dass ausnahmslos jeder Akt der Wiederbetätigung für rechtswidrig erklärt wird.
Mit dieser Absicht wäre es unvereinbar, wenn ein Akt nationalsozialistischer Wiederbetätigung dennoch Schutz und Förderung durch die Rechtsordnung erlangen könnte.

Der Gerichtshof geht allerdings davon aus, dass er die Verpflichtung der Wahlbehörde zur Nichtzulassung einer Kandidatur auf den Fall beschränkt, dass "das Einbringen des Wahlvorschlages selbst" einen Akt der nationalsozialistischen Wiederbetätigung darstellt.
In dieser Situation nicht tätig zu werden, hätte nämlich zur Folge, dass "die Zulassung dieses Wahlvorschlages - objektiv gesehen - entweder eine Mitwirkung an einer solchen Wiederbetätigung oder doch die Nicht-Verhinderung eines solchen Vorhabens bedeuten würde.

In seiner Folgeentscheidung Verfassungssammlung 11.941/1988 wurde die Betrachtung dahingehend erweitert, dass die Wahlbehörde - neben dem Wahlvorschlag selbst und der begleitenden Wahlwerbung - in ihrer Beurteilung auch das Umfeld, in dem die wahlwerbende Gruppe steht, einzubeziehen hat.

In der Folge hat der Verfassungsgerichtshof im bislang letzten einschlägigen Erkenntnis Verfassungssammlung 12.646/1991 dies noch verstärkt, in dem er davon ausgeht, dass die Wahlbehörde - trotz Unanwendbarkeit der Verwaltungsverfahrensgesetze - eine Pflicht zur amtswegigen Durchführung eines Ermittlungsverfahrens trifft.
Bemerkenswert ist dabei auch der Hinweis, dass zum beurteilungsrelevanten Umfeld einer wahlwerbenden Gruppierung nunmehr offenbar auch die Historie der auf der Parteiliste angeführten Kandidaten so wie anderer "Agitatoren" der Bewerbung und vor allem deren Berührungspunkte zur rechtsextremen Szene zu rechnen sind.

Daraus folgt, dass die Landeswahlbehörde die einlangenden Kreiswahlvorschläge - neben der Bedachtnahme auf die im § 29 Abs. 1 Oö. Landtagswahlordnung genannten formalen Kriterien - auch dahin zu überprüfen hat, ob durch die Einbringung des Wahlvorschlages selbst ein Verstoß gegen § 3 Verbotsgesetz 1947 und das darin enthaltene Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung begangen wird.

Hält sie einen solchen Verstoß für erwiesen, hat sie - in sinngemäßer Anwendung des § 29 Abs. 1 Oö. Landtagswahlordnung - durch Beschluss festzustellen, dass der Wahlvorschlag als "nicht eingebracht" gilt.
     
Informationen: http://www.land-oberoesterreich.gv.at/    
     
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