Neues Insolvenzrecht   

erstellt am
18. 08. 09

 "Das Motto lautet Retten statt ruinieren!"
Bandion-Ortner und Mitterlehner präsentieren Reform des Unternehmensinsolvenzrechts
Wien (bmj/bmwfj) - Eine umfangreiche Reform des Insolvenzrechts soll angesichts der Folgen der Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geratene Firmen unterstützen und so helfen, die damit verbundenen Jobs so weit wie möglich zu erhalten. Dies formulierten die Bundesminister für Justiz und Wirtschaft am 18.08. bei einer gemeinsamen Pressekonferenz als Ziel des diese Woche in Begutachtung gehenden Insolvenzrechtsänderungsgesetzes.

"An die Stelle des Ausgleichsverfahrens tritt ein neues Sanierungsverfahren, das auf dem Grundsatz 'Retten statt Ruinieren' beruht", erklärte Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner verwies auf den Umstand, dass die Unternehmensfortführung erleichtert und die Verfahrensstruktur übersichtlicher werde: "Mit diesem Gesetz schaffen wir in Zeiten der Wirtschaftskrise ein besseres Rüstzeug, um die Substanz unserer Unternehmen zu erhalten."

Als Hauptziele nannten die beiden Minister die Erhöhung der Sanierungschancen für Unternehmen; die Verhinderung von Konkursverschleppungen; die Zurückdrängung der Konkursabweisungen mangels Masse und die Vereinfachung und Modernisierung der Verfahrensstrukturen.

Das neue Insolvenzrechtsänderungsgesetz (IRÄG 2009) geht am 20. August in Begutachtung und soll mit 1. Jänner 2010 in Kraft treten. Kernpunkt der Reform ist der neu geschaffene Sanierungsplan. Zwar hat schon das aktuelle Konkursverfahren Unternehmen gute Chancen für eine Sanierung geboten, allerdings endeten im Jahr 2008 34 Prozent aller Konkursverfahren mit einem Zwangsausgleich. Demgegenüber stand eine sehr geringe Anzahl von Ausgleichsverfahren, die im Vorjahr nur 1,3 Prozent der eröffneten Unternehmensinsolvenzverfahren ausgemacht haben. Daher wird das unattraktive Ausgleichsverfahren durch diese Reform abgeschafft, während das Instrument Zwangsausgleich erhalten bleibt. Allerdings wird dieser künftig als Sanierungsplan bezeichnet und verfügt über die folgenden Kernelemente:

Zur Annahme des Sanierungsplans soll es künftig ausreichen, dass (neben der weiter erforderlichen Kopfmehrheit) die zustimmenden Konkursgläubiger mehr als die Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen auf sich vereinen. Die entsprechende Kapitalquote sinkt also von derzeit 75 Prozent auf 50 Prozent ab. "Ein konkreter Vorteil dieser Lösung ist, dass Großgläubiger mit einer Sperrminorität von 25 Prozent nicht mehr alleine eine Sanierung verhindern können", erläuterte Mitterlehner.

Sobald der Sanierungsplan zur Gänze erfüllt ist, wird sofort die Löschung aus der Insolvenzdatei veranlasst, damit der Unternehmer im Geschäftsverkehr nicht mehr durch Bekanntmachung eines früheren Insolvenzverfahrens behindert ist.

Derzeit zögern viele Unternehmer wegen der mit dem Konkursverfahren verbundenen Stigmatisierung und Entmachtung, rechtzeitig einen Konkursantrag einzubringen. Um solchen Fehlentwicklungen entgegen zu wirken, sollen die Verfahrensregeln generell vereinheitlicht werden. Anstelle der Unterteilung in Konkurs- und Ausgleichsverfahren wird ein Insolvenzverfahren geschaffen, das bei rechtzeitiger Vorlage eines Sanierungsplans als Sanierungsverfahren, ansonsten als Konkursverfahren zu bezeichnen ist.

"Damit sollen die Schuldner zu einer früheren Antragstellung motiviert und die positive Ausrichtung des Verfahrens klargestellt werden", erläuterte Justizministerin Bandion-Ortner. Der Schuldner kann bereits zugleich mit dem Insolvenzantrag oder danach bis zur Insolvenzaufhebung den Antrag auf Abschluss eines Sanierungsplans stellen. Sofern der Schuldner bei der Verfahrenseröffnung im Sanierungsplan eine Quote von mindestens 30 Prozent (bisher 40 Prozent) anbietet, soll ihm die Eigenverwaltung unter Aufsicht eines Verwalters belassen werden. "Dieser Punkt kommt vor allem für jene Unternehmer in Betracht, die als Folge der Wirtschaftskrise ohne eigenes Verschulden in die Insolvenz hineingeschlittert sind", so der Wirtschaftsminister. Wenn das Unternehmen nur eine Mindestquote von 20 Prozent erfüllen kann, wird trotzdem das Sanierungsverfahren eingeleitet, jedoch mit Fremdverwaltung.

Die Fortführung und damit die Sanierung des Unternehmens kann derzeit auch am Verhalten der Vertragspartner des Unternehmers scheitern, insbesondere wenn diese aus Anlass der Konkurseröffnung Verträge über wiederkehrende Leistungen kündigen. Dazu zählen etwa die Telefon-oder Internetabrechungen des Unternehmens. Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, ist etwa geplant, das ordentliche Kündigungsrecht und das Rücktrittsrecht des Vertragspartners wegen Verzugs des Schuldners vor Verfahrenseröffnung für die Dauer von sechs Monaten auszuschließen. Außerdem ist der Aufschub einer Räumungsexekution über das Unternehmenslokal wegen Nichtzahlung des Bestandzinses vorgesehen.

Auch die Zahl der Konkursabweisungen mangels Masse soll zurückgedrängt werden. Bisher können sich Unternehmer - gerade in jenen Fällen, in denen nicht einmal genügend Vermögen vorhanden ist (oder scheint), um die Verfahrenskosten zu decken - einer Überprüfung durch einen Masseverwalter entziehen. Darüber hinaus können dem Gericht keine Anhaltspunkte für ein mögliches strafbares Verhalten des Unternehmers bekannt werden. Dies ist dann besonders unbefriedigend, wenn es sich beim Schuldner um keine persönlich haftende natürliche Person, sondern eine juristische Person handelt und für die Gläubiger keinerlei Chance auf spätere Befriedigung ihrer Forderung besteht. Um dem entgegenzuwirken, sollen auch bestimmte Gesellschafter zum Erlag eines Kostenvorschusses heranzuziehen sein. Zur Untermauerung der Wichtigkeit der Reform verwiesen beide Minister auf den Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im 1. Halbjahr 2009. So sind die Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zum 1. Halbjahr 2008 um 9,3 Prozent gestiegen. "Das zeigt, dass diese Reform genau zum richtigen Zeitpunkt erfolgt", so Mitterlehner. "Denn diese Reform", so ergänzte Bandion-Ortner, "ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Standortqualität Österreichs. Man darf nicht vergessen, dass von den erwähnten Insolvenzen rund 16.000 Arbeitnehmer betroffen waren."

 

Matznetter: "Neues Insolvenzrecht war längst überfällig"
Wichtige Verbesserungen für Betriebe
Wien (sk) - SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter begrüßte gegenüber dem Pressedienst der SPÖ das geplante neue Insolvenzrecht der SPÖ-geführten Bundesregierung: "Die Insolvenzfälle werden nach Schätzungen des Kreditschutzverbandes (KSV) heuer von 12 auf 15 Prozent steigen und die geschätzten Insolvenzverbindlichkeiten auf mehr als drei Milliarden Euro anwachsen. Allein diese Zahlen zeigen, wie überfällig ein neues Insolvenzrecht war und ist." Daher freue es Matznetter, dass die ÖVP-geführten Ministerien Justiz und Wirtschaft diese langjährige wirtschaftspolitische Forderung der SPÖ nun umsetzen.

"Die raschere Löschung der Insolvenzdatei, eine 90-tägige Schonfrist ab Verfahrenseröffnung für Exekutionssperren und viele andere Punkte bringen wichtige Verbesserungen für insolvente Betriebe", stellte Matznetter klar. Auch die Anlehnung an das Chapter-11-Verfahren der USA sei grundsätzlich zu begrüßen. "Allerdings muss darauf geachtet werden, dass auch die Ansprüche der Vertragspartner - oftmals KMU und kleinere Zulieferbetriebe - gewahrt werden." Jetzt sei eine rasche parlamentarische Umsetzung der Reform gefragt.

 

Leitl: "Nach Begutachtung ist eine rasche parlamentarische Umsetzung gefordert"
Wirtschaftskammer begrüßt grundlegende Novelle des Unternehmensinsolvenzrechts
Wien (pwk) - Durch dieses von der Wirtschaftskammer lang geforderte und erwartete Reformvorhaben wird eine umfassende Novelle dieses Rechtsbereiches erfolgen, die zugleich schnellere und vereinfachte Verfahren schafft.

Erfolgreich sanierte Unternehmen sichern Arbeitsplätze
„Ministerin Bandion-Ortner ist für das Vorantreiben dieser wichtigen Reform besonders zu danken“, begrüßt Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), die geplante Reform: „Erfolgreich sanierte Unternehmen sichern wirtschaftliches Vermögen und sichern Arbeitsplätze.“

Die vorgestellte Reform wird eine Reihe von Maßnahmen beinhalten, die eine Sanierung positiv unterstützen. Der Schwerpunkt wird auf die Stärkung der Sanierungschancen gelegt, um diese zu erhöhen. „Wichtig ist, dass einheitliche Verfahrensregeln die Durchführung eines Insolvenzverfahrens vereinfachen und beschleunigen. Das ist im Interesse aller Beteiligten“, betont Leitl. Gerade ein rascher, positiver Abschluss des Verfahrens führe dazu, dass sich ein Unternehmer schneller als bisher wieder auf das Kerngeschäft konzentrieren kann.

Leitl: „Sanieren statt ruinieren"
„Sanieren statt ruinieren lautet die Devise“, so Leitl abschließend. Ein Blick auf die aktuell steigenden Insolvenzzahlen führe jedermann klar vor Augen, wie wichtig und notwendig die Verbesserungen im Unternehmensinsolvenzrecht angesichts der schwierigen Wirtschaftslage sind. Deshalb sei nach Ende der Begutachtung des Ministerialentwurfs, der Ende dieser Woche vorliegen soll, eine rasche legistische Umsetzung gefordert.

 

Koren: Reform muss Sanierungschancen für Unternehmen verbessern
Rasche Umsetzung nötig - Zusammenlegung von Ausgleichs- und Konkursordnung positiv
Wien (pdi) - Die Industrie begrüßt die von Regierungsseite vorgestellte Reform des Insolvenzrechts grundsätzlich. "Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage für viele Betriebe ist nunmehr vor allem eine rasche Umsetzung erforderlich. Im Zentrum muss dabei stehen, die Sanierungschancen für Unternehmen, die - insbesondere als Folge der Krise - ohne Eigenverschulden in die Insolvenz geraten sind, zu verbessern", betonte der Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) Mag. Peter Koren. Dafür brauche es die bestmöglichen Rahmenbedingungen im Insolvenzrecht für Unternehmen.

"Im Mittelpunkt der Reform muss stehen, überschuldeten Unternehmen ein kontrolliertes Sanierungsverfahren zu erleichtern", so Koren. Im Sinne von Vereinheitlichung und Verfahrungsvereinfachung sei es positiv, dass Ausgleichs- und Konkursordnung zu einer gemeinsamen "Insolvenzordnung" zusammengelegt werden sollen. Wesentlich sei auch die Flexibilisierung der Fristen bei der Schließung eines Unternehmens sowie die mögliche Bereitstellung eines "Musterantrages", welcher dem Schuldner die Erstellung eines Sanierungsplanes erleichtern soll, so der IV-Vize-Generalsekretär. 

 

Haubner: Neues Insolvenzrecht bringt Unternehmen Vorteile
Wirtschaftsbund begrüßt schnellere und einfachere Verfahren
Wien (wirtschaftsbund) - Wirtschaftsbund-Generalsekretär Abg.z.NR Peter Haubner zeigt sich anlässlich der Vorstellung des neuen Unternehmensinsolvenzrechts durch Wirtschaftsminister Mitterlehner und Justizministerin Bandion-Ortner zufrieden: "Gerade in der aktuell schwierigen Wirtschaftslage ist es wichtig, dass Unternehmen rascher und einfacher saniert werden können. Einheitliche Verfahrensregeln sichern das Überleben von Betrieben und dadurch Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft."

Haubner weiter: "Sanierungschancen sind zu nutzen - die Novelle zum Unternehmensinsolvenzrecht unterstützt diese Bemühungen und schafft so verbesserte Rahmenbedingungen für den Standort Österreich." Der Generalsekretär des Österreichischen Wirtschaftsbundes macht sich im Hinblick auf die Novelle für eine faire Behandlung der Außenstände und Forderungen der KMUs stark. Das neue Gesetz dürfe nicht zu Lasten der kleinen und mittleren Unternehmen gehen.  
 

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