Österreicher lassen sich durch Krise Appetit nicht verderben   

erstellt am
18. 08. 09

Heimische Nahrungsmittelerzeugung ist relativ krisenfest, Produktion könnte auch 2009 leicht zulegen
Wien (ba) - Im Sog der internationalen Wirtschaftskrise hat sich die Stimmung in der Nahrungsmittelerzeugung auch schon gegen Ende 2008 verschlechtert. Im Vergleich zu anderen Industriebranchen wurde die Produktionsleistung allerdings nur moderat und erst Anfang 2009 zurückgefahren. Das geht aus dem jüngsten Branchenbericht der Bank Austria Volkswirtschaft hervor. "Während einzelne Investitionsgüterbranchen 2009 mit um 20 Prozent weniger Output rechnen müssen, sind die Produktionserwartungen der Nahrungsmittelhersteller bereits für die nächsten Monate wieder etwas optimistischer", sagt Bank Austria Ökonom Günter Wolf. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres verbuchte die Branche ein Produktionsminus von vorläufig 2 Prozent - wenig im Vergleich zum Produktionsrückgang im Industriedurchschnitt von rund 16 Prozent. Im Gesamtjahr 2009 ist für die Nahrungs- und Genussmittelindustrie durchaus noch ein leichtes Produktionsplus möglich, die sich damit einmal mehr als relativ krisenfest erweist.

Maßgeblich für die relativ stabile Branchenentwicklung ist die geringe Konjunktursensibilität der Lebensmittelnachfrage: Der Einzelhandelsumsatz und die Exporte zeigen, dass die Lebensmittelnachfrage im ersten Halbjahr 2009 weder im In- noch im Ausland stärker gesunken ist. Von Jänner bis Mai ist der Einzelhandelsumsatz mit Lebensmittel in Österreich nominell sogar um rund 4 Prozent gestiegen im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum, preisbereinigt noch um rund 2 Prozent. Gleichzeitig ist der Wert der Nahrungsmittelexporte auf Grund starker Preisrückgänge bei Agrarprodukten um 8 Prozent gesunken, die Exportmenge jedoch in etwa demselben Ausmaß gestiegen. Die Exportentwicklung ist zudem ein Hinweis auf die Konkurrenzfähigkeit vieler österreichischer Nahrungsmittelerzeuger und -verarbeiter. Insgesamt wird die Lebensmittelnachfrage in Österreich 2009 und 2010 jedoch nominell kaum steigen und preisbereinigt um etwa 1 bis 2 Prozent sinken. Die Krise auf dem Arbeitsmarkt und das schwache Einkommenswachstum werden sich negativ auswirken. Es muss mit Substitutionseffekten gerechnet werden, wobei die Konsumenten in Summe billiger einkaufen und essen.

Die Nahrungsmittelerzeugung steht damit vor zwei weiteren schwachen Wirtschaftsjahren. Bereits 2008 ist die Produktionsleistung der Branche nur mehr um 0,4 Prozent gestiegen. Dass der Branchenumsatz zugleich um fast 9 Prozent auf 17,2 Milliarden Euro zulegte war durch Preis-steigerungen bedingt, denen Kostensteigerungen voran gegangen sind. Der Ertragsdruck in der Branche hat sich damit vermutlich nicht gelockert. "Problematischer als das schwache Nachfrage-wachstum sind für viele Hersteller der Preis- und Ertragsdruck in der Branche", so Wolf. Trotzdem die Nahrungsmittelerzeugung seit Jahren kräftige Produktivitätsgewinne erzielt, sind ihre Erträge im Branchendurchschnitt sogar leicht gesunken. Maßgeblich ist der Druck von Seiten des Lebensmitteleinzelhandels, der in Österreich zu den am stärksten konzentrierten Märkten Europas zählt. So haben die Top-3 Lebensmittelhändler einen Marktanteil von 79 Prozent.

Die Rezession werden die österreichischen Lebensmittelerzeuger weitgehend unbeschadet überstehen. Ihre Wachstumsperspektiven im Inland sind aber beschränkt, insbesondere durch zunehmende Sättigungstendenzen und das schwache Bevölkerungswachstum bei gleichzeitig höherer Lebenserwartung, die in Summe den Kalorienbedarf und damit den Lebensmittelverbrauch verringern. Wachstumsperspektiven sieht Branchenanalyst Günter Wolf in Nischen im Inland und vor allem im Export. "Die heimischen Nahrungsmittelproduzenten haben massiv vom EU-Beitritt und der Erweiterung der Gemeinschaft profitiert. Das Exportwachstum beschleunigte sich vom niedrigen einstelligen Bereich vor 1994 auf durchschnittlich 13 Prozent jährlich bis 2008", sagt Branchenanalyst Günter Wolf, "Deutschland und Italien sowie Ungarn, Slowenien und Tschechien werden auch in Zukunft wichtige Zielmärkte für Exporteure sein."
     
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