Sommerakademie "Volkskultur als Dialog"   

erstellt am
01. 09. 09

Wien (volksliedwerk) - Das Thema Männer und Frauen in der Volkskultur war zentrales Anliegen der Sommerakademie des Österreichischen Volksliedwerks von 26.-29. August 2009. In Reichersberg trafen sich dazu bis zu 200 Personen aus Wissenschaft, Politik, Medien und Volkskultureinrichtungen.

Die Sommerakademie hatte zum Ziel, das Verhältnis von Frauen und Männern in allen Bereichen der Volkskultur zu beleuchten, ohne die Volkskultur als Gesamtes aus den Augen zu verlieren. Ob Volksmusik, Blasmusik, bei Bräuchen, Volkstanz, Tracht, Erzählen, Heimatforschung, in volkskulturellen Einrichtungen, Vereinen und Museen: Frauen und Männer setzen seit jeher unterschiedliche Akzente.

Heute gelten diese geschlechtsspezifischen Rollen als durchlässig. Denn die Änderungen bisheriger Zuständigkeiten und neue Besetzungen kultureller Felder verändern auch die Volkskultur. So haben sich zum Beispiel Schuhplattlergruppen, einem ehemaligen Werbetanz der Männer, bereits als reine Mädchengruppen gebildet. Dennoch gibt es in der Volkskultur Bereiche, für die überwiegend Frauen oder Männer zuständig sind. Diese reichen von typisch männlichen Instrumentenbesetzungen wie Posaune oder Schlagzeug bis hin zur Beschäftigung mit spezifisch weiblichen Forschungsthemen wie Tracht, Tanz oder Kinderspiel.

Die Referentinnen und Referenten aus Österreich, Serbien, Kroatien, Deutschland… gingen mit Leichtfüßigkeit akribisch an die Themen heran und bereicherten die Vorträge mit Interviews, Statistiken, Bildern, Musik- und Video Einspielungen. Speziell Frauen leisten in der Volkskultur einen wesentlichen Anteil an ehrenamtlicher Arbeit und sozialem Engagement. Die Goldhaubeträgerinnen, oft belächelt, gelten hier als Vorreiterinnen. Sie spenden mit vielen Taten ihre Zeit für das Gemeinwohl. Hingegen auf Funktionärsebene in den Verbänden macht der Prozentsatz an Frauen noch einen geringen Anteil aus. Dennoch ermöglichte gerade die Volksmusik, wie an den Biographien von Wiener Volkssängerinnen, wie der Fiaker Milli oder Schweizer Volksmusikantinnen deutlich wurde, sich zu emanzipieren. Das Rahmenprogramm nach dem gleichnamigen Volkslied mit dem Titel "Das Weib des wollt ins Wirtshaus gehen" handelt von solch einer Frau, die ausgeht und dem Mann zu Hause die Hausarbeit aufträgt. Als sie nach ihrer Rückkehr die Arbeit nicht erledigt vorfindet, wird er von ihr hart bestraft. Trotzdem ist das Wirtshaus gerade als Ort des öffentlichen Musizierens noch vielerorts den Männern vorbehalten.

Heute sind in Österreich etwa 60% Frauen, die ein Instrument erlernen, hingegen 40 000 Männer und nur 6000 Frauen über 30 Jahre bei einer Blasmusikkapelle. So haben auch gängige Rollenverteilungen u.a. in der Kindererziehung wesentliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Frauen und ihrer aktiven Beteiligung in der Volkskultur. Denn dieser, ein ursprünglich von Männern geprägter Begriff, ist stets Produkt moderner Gesellschaften und aktueller Wertvorstellungen so Kulturwissenschaftler Konrad Köstlin.

In der Sommerakademie wurde auch deutlich, dass Volkskultur von gegenseitiger Achtung und großem Harmoniebedürfnis zeugt. Somit wird der Diskurs von Männern und Frauen pragmatischer, emotionsloser damit vielleicht zielführender geführt. Er ist stets eingebettet in eine Bandbreite von sehr konservativen und progressiven Vorstellungen, sodass letztlich für jede und jeden ein Handlungsfeld möglich ist.

Volkskultur in ihren lebendigen Ausdrucksformen ist daher wesentlicher und wichtiger Bestandteil städtischem wie auch ländlichen Zusammenlebens. Institutionalisiert oder lediglich als Einzelinitiative von Männern und Frauen geführt leistet sie einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung unserer Gesellschaft.

"Volkskultur rechnet sich durch ihre hohe Wertschöpfung. Es gilt daher Angebote zu fördern, die diese unterschiedlichen Bedingungen von Frauen und Männern berücksichtigt", so Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, Präsident des Österreichischen Volksliedwerks
     
Informationen: http://www.volksliedwerk.at    
     
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