Berlakovich: Milchmarktproblem muss auf europäischer Ebene gelöst werden   

erstellt am
11. 09. 09

Österreich hilft Bauern durch Vorziehung der Prämienauszahlung
Wien (bmlfuw/aiz) - Enttäuscht zeigte sich Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich beim agrarpolitischen Herbstauftakt des Bauernbundes im Rahmen der Rieder Messe am 11.09. über die Weigerung der EU-Kommission, weitere substanzielle Schritte zur Bewältigung der schwierigen Lage auf dem europäischen Milchmarkt zu unternehmen. Österreich habe beim jüngsten Agrarministerrat gemeinsam mit einer Reihe anderer Mitgliedsländer entsprechende Vorschläge wie etwa das EU-weite Aussetzen der Quotenerhöhung eingebracht, die Kommission habe dies jedoch abgelehnt.

"Die Milchmarktfrage muss auf europäischer Ebene gelöst werden", forderte der Minister. Österreich setze jedenfalls die Quotenerhöhung aus, bis sich die Situation wieder gebessert habe und helfe den aufgrund der sinkenden Preise und der gestiegenen Betriebsmittelkosten unter Druck geratenen Landwirten auch durch das Vorziehen der Prämienauszahlung. "Als einziges EU-Land überweisen wir rund drei Viertel der Direktzahlungen bereits um den 28.10.", so der Minister.

"Die Finanz- und Weltwirtschaftskrise hat auch die Landwirtschaft erfasst - mit unsicheren Märkten. Wir haben immer noch eine sehr schwierige Situation am Milchmarkt - auch am Getreidemarkt zeichnet sich eine schlechte Preissituation ab", erklärte Berlakovich. Auch wenn es mittlerweile Anzeichen für das Erreichen der Talsohle beim Milcherzeugerpreis gebe, wäre das noch kein Grund, euphorisch zu sein.

EU muss flexibel auf besondere Marktsituation reagieren
Die EU wende zwar - auch auf Anregung Österreichs und anderer Länder - rund EUR 600 Mio. für die Stabilisierung des Milchmarktes auf. Die bisher gesetzten Maßnahmen wie etwa die Fortführung der Intervention von Butter und Magermilchpulver seien aber nicht ausreichend. Österreich habe daher weitere Vorschläge wie etwa die Erhöhung der Interventionspreise oder die stärkere Verwendung von Molkereiprodukten in der Lebensmittelverarbeitung beziehungsweise in Futtermitteln (Milchpulver) erarbeitet und dafür Verbündete gesucht und auch gefunden. 15 andere Mitgliedsländer hätten diesen Vorschlag unterstützt, die Kommission habe sie aber nicht akzeptiert. Gemeinsam mit sechs anderen Staaten habe man beim Agrarrat in einer Resolution die europaweite Einbehaltung der Quotenaufstockung verlangt. Auch hier habe die Brüsseler Behörde kein Verständnis geäußert, sondern das Aufschnüren des Health Checks abgelehnt.

"Für mich ist das kein Abgehen vom Gesundheits-Check, sondern es geht darum, dass die EU in einer besonders dramatischen Situation flexibel sein und angemessen reagieren muss", stellte Berlakovich klar. Er werde aber dennoch konsequent an diesem Thema dranbleiben und halte weiterhin an den Forderungen fest.

Alle Möglichkeiten auf nationaler Ebene ausschöpfen
"Wir verlassen uns in dieser Frage aber nicht nur auf die EU, auf nationaler Ebene sehe ich mich verpflichtet, alle Maßnahmen, die den Markt entlasten, zu setzen und den Bauern zu helfen", unterstrich der Minister. Österreich setze daher die Quotenerhöhung aus, bis sich die Lage am Milchmarkt wieder gebessert habe. Darüber hinaus habe er alles unternommen, "damit unsere Bauern ihre Zahlungen und Leistungsabgeltungen früher als in den vergangenen Jahren erhalten - weil dies für unsere Betriebe eine deutliche Entlastung ist". Die Überweisung der Direktzahlungen werde zum Teil von Ende Dezember auf Oktober (28.10.2009) vorgezogen. Rund drei Viertel der Prämien würden dann auf das Konto der Bauern überwiesen, dies seien etwa EUR 450 Mio. Österreich sei das einzige Land in der EU, das dies so früh umsetzen könne. "Für mich ist auch selbstverständlich, dass wir trotz aller Budgetknappheit heuer und in den nächsten Jahren jeden Euro in Brüssel abholen und keine Kürzungen bei den Bauern vornehmen", so der Ressortchef.

Gentechnik: EU schwenkt auf österreichische Linie ein
Dass man auch als kleines Land etwas auf europäischer Ebene bewegen kann, zeige das Beispiel Gentechnik. Die Absicherung der österreichischen GVO-Anbauverbote sei für ihn ein riesiger Erfolg, "weil wir hier die überwältigende Mehrheit der Mitgliedstaaten auf unsere Seite ziehen konnten". Jetzt lenke sogar der um seine Wiederwahl bemühte Kommissionspräsident Barroso ein, auch er trete nunmehr für ein Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Staaten in dieser Frage ein, zeigte sich Berlakovich erfreut.

Gemeinsame Agrarpolitik weiter entwickeln und modernisieren
Was die Diskussion über die Zukunft der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) nach 2013 angehe, so sei für ihn die Zielrichtung klar: "Österreich tritt für eine Erhaltung der flächendeckenden Landwirtschaft, für die Absicherung der Lebensmittelqualität, die Versorgungssicherheit bei Nahrung und Energie sowie für die konsequente Fortführung von Klimaschutz-Maßnahmen ein", erläuterte der Minister. Zentrale Elemente für die Umsetzung dieser Ziele seien die beiden GAP-Säulen - die Marktordnungszahlungen und die Ländliche Entwicklung. Beide müssten unbedingt erhalten bleiben.

Der Budgettopf der EU drohe künftig kleiner zu werden, die neuen Mitgliedstaaten wiederum wollten das gleiche Stützungsniveau wie die "alten" Länder. Die Gebietskulisse für die benachteiligten Gebiete stehe ebenfalls zur Diskussion. Das Tauziehen um das Budget habe angesichts der Wirtschaftskrise schon begonnen, Österreich werde aber beharrlich für seine Landwirtschaft eintreten und auch hier Verbündete suchen, bekräftigte Berlakovich. Die öffentliche Diskussion über die Landwirtschaft sollte sich aber nicht nur um Zahlungen drehen, es müsse vielmehr klargestellt werden, dass unsere Bäuerinnen und Bauern für vielfältige Leistungen wie die Erzeugung hochwertiger Lebensmittel und die Pflege der Kulturlandschaft stehen.
     
zurück