Anzeichen für Konjunkturerholung mehren sich   

erstellt am
10. 09. 09

Wien (wifo) - Nachdem die österreichische Wirtschaft auch im II. Quartal 2009 noch saison- und arbeitstägig bereinigt gegenüber dem Vorquartal um 0,5% schrumpfte ( -4,6% gegenüber dem Vorjahr), schwächt sich die Rezession in der Sachgütererzeugung im III. Quartal weiter ab. Die Ergebnisse des aktuellen WIFO-Konjunkturtests deuten darauf hin, dass der Tiefpunkt des Abschwungs bereits durchschritten wurde. Auch bei Österreichs wichtigsten Handelspartnern verstärken sich die Anzeichen für eine Konjunkturerholung. Neben fiskalpolitischen Maßnahmen stabilisiert der Lagerzyklus die internationale Industriekonjunktur. Auf dem Arbeitsmarkt verschlechtert sich die Lage weiter, vor allem in Industrie und Bauwirtschaft stieg die Arbeitslosigkeit abermals.

Gemäß der aktuellen VGR-Quartalsrechnung des WIFO sank das BIP in Österreich im II. Quartal 2009 saison- und arbeitstägig bereinigt real gegenüber dem Vorquartal um nur noch 0,5% (nach -2,7% im I. Quartal). Mitte August hatte das WIFO in seiner jüngsten Schnellschätzung noch eine Verringerung des BIP um 0,4% gegenüber dem Vorquartal angenommen. Im IV. Quartal mit negativer Veränderungsrate (gegenüber dem Vorquartal) in Folge lag das reale BIP damit um 4,6% unter dem Niveau des Vorjahres. In der Sachgütererzeugung dürfte die Rezession den Tiefpunkt durchschritten haben. Nachdem sich der Rückgang bereits im II. Quartal verlangsamt hat (-2,2% nach -10,7 im I. Quartal), zeigen auch Vorlaufindikatoren eine weitere Stabilisierung an. Laut dem WIFO-Konjunkturtest von August verbesserten sich die Produktionserwartungen zum fünften Mal in Folge. Hier spielt auch der Lagerzyklus eine Rolle: Nach dem drastischen Lagerabbau im 1. Halbjahr 2009 kann die Produktion wieder ausgeweitet werden.

Auch international haben alle wichtigen Frühindikatoren den Tiefpunkt durchschritten. In den USA erreichte der ISM Purchasing Manager Index im August erstmals seit 13 Monaten die 50%-Marke, welche eine Expansion anzeigt. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit bleibt das Konsumentenvertrauen nach einem Anstieg im Frühjahr jedoch gedämpft. Im Euro-Raum verbesserte sich der Economic Sentiment Indicator im August bereits das vierte Mal in Folge. Auch der Euroframe Growth Indicator zeigt für das III. Quartal 2009 eine Zunahme des BIP im Vorquartalsvergleich an.

Im Zuge einer internationalen Stabilisierung dürfte sich auch der österreichische Außenhandel erholen; er reagiert gewöhnlich rasch im Konjunkturzyklus. Der Rückgang der Exporte schwächte sich bereits im II. Quartal 2009 ab (-2,3% gegenüber dem Vorquartal nach -7,4% im I. Quartal). Die Importeinbußen fielen im II. Quartal geringer aus (-1,5%), sodass der Außenbeitrag negativ war und das BIP drückte. Einen positiven Beitrag lieferten im II. Quartal die privaten Konsumausgaben (+0,4%, nach +0,1% im I. Quartal), gestützt durch die Effekte von Steuerreform und Verschrottungsprämie. Während der Einzelhandel Umsatzzuwächse meldete, litt der Großhandel nach wie vor unter der Schwäche der Exportnachfrage und verzeichnete einen schlechten Geschäftsgang. Nach dem scharfen Einbruch im I. Quartal stabilisierten sich die Anlageinvestitionen, vor allem die Bauinvestitionen erholten sich. Für das III. Quartal 2009 wird von einer weiteren Festigung in der Bauwirtschaft ausgegangen. Gemäß dem jüngsten WIFO-Konjunkturtest verbesserte sich die Beurteilung der Auftragsbestände zum zweiten Mal in Folge, auch die Beschäftigungserwartungen sind günstiger.

Der österreichische Tourismus kann sich den Auswirkungen der internationalen Wirtschaftskrise nicht entziehen. Bei rückläufigen Übernachtungszahlen sank die Wertschöpfung im II. Quartal im Beherbergungs- und Gaststättenwesen gegenüber dem Vorquartal um 0,4%. Mit der Aufhellung der Konjunkturaussichten stieg der Erdölpreis weiter, Rohöl der Sorte Brent notierte im August bei 72 $ je Barrel (nachdem er zu Jahresbeginn mit rund 43 $ den niedrigsten Wert des Jahres 2009 erreicht hatte). Die Verbilligung von Energie im Jahresabstand dämpft weiterhin die Inflationsrate im Euro-Raum. Sobald dieser stetige Rückgang aus dem Vorjahresvergleich herausfällt, verschwindet der negative Beitrag der Energiepreise zur Inflationsrate. In Österreich sank der Verbraucherpreisindex im Juli um 0,3%. Eurostat schätzt die Inflationsrate für den Euro-Raum im August auf -0,2% (Juli -0,7%).

Auf dem österreichischen Arbeitsmarkt verschlechtert sich die Lage erwartungsgemäß weiter, eine Erholung ist noch nicht in Sicht. Im August waren 238.800 Arbeitslose vorgemerkt, um 54.900 bzw. 29,8% mehr als ein Jahr zuvor. Auch im Vergleich mit dem Vormonat steigt die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen unvermindert kräftig. Zugleich hielt der Beschäftigungsabbau im August an. Die Arbeitslosenquote lag im August laut österreichischer Definition saisonbereinigt bei 7,6%, laut Eurostat-Definition betrug die Quote im Juli 4,4%.

Methodische Hinweise und Kurzglossar
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird von "saison- und arbeitstägig bereinigten Veränderungen" gesprochen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine relative Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Konsumentenpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.100 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit (http://www.itkt.at/). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenz- und Zivildiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".
     
Informationen: http://www.wifo.at    
     
zurück