Theodor Kramer-Gesellschaft feiert 25 Jahre mit Symposium   

erstellt am
18. 09. 09

Finanznöte im Jubiläumsjahr - Wichtiger Impulsgeber zur Aufarbeitung der Exil-Literatur - Symposium in der Alten Schmiede
Wien (rk) - Ein "antifaschistischer Lese- und Arbeitskreis" in den 70er Jahren steht auf der wissenschaftlich-intellektuellen Geburtsurkunde der Theodor Kramer-Gesellschaft (TKG), die Mitte September in der Alten Schmiede mit dem Symposium "Subjekt des Erinnerns?" ihr 25-Jahr-Bestehen feiert. Anfang der 70er Jahre war Theodor Kramer (1897-1958) weitestgehend in Vergessenheit geraten. 1977 erinnerte der Schauspieler Otto Tausig an Jura Soyfer und Kramer, 1979 gab es von der bekannten Polit-Songgruppe "Schmetterlinge" einen Abend an der Uni Wien, wo erstmals auch Kramer-Gedichte vertont aufgeführt wurden. Wichtig war das Jahr 1983, als im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) eine Ausstellung für Kramer, anlässlich dessen 25jährigen Todestages gezeigt wurde. Die Eröffnungsrede hielt der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky, der bereits in den 50er Jahren mit Victor Matejka und Hilde Spiel ins Exil gegangene Künstler zurückholen wollte. Mit bescheidenem Erfolg, da "für viele die Exil-Künstler unerwünscht waren", erzählt Vorstandsmitglied Herbert Staud von der TKG-Gesellschaft. Für die Gesellschaft war die Schau hingegen günstig: Im Jahr darauf, 1984, wurde sie offiziell ins Leben gerufen.

"Nomen est omen" gilt bei der Gesellschaft, in der u.a. Konstantin Kaiser, Herbert Staud, Siglinde Bolbecher und Eva Schobel maßgeblich die Exilforschung der österreichischen Literatur vorangetrieben haben, nur bedingt: Nachdem im heute nicht mehr existierenden Europa-Verlag eine weithin beachtete 3-Bände-Ausgabe des für die Zwischenkriegszeit maßgeblichen Lyrikers erschienen war, wandte sich die Gesellschaft der wenig erforschten österreichischen Exil-Literatur zu. Mittels der vierteljährlich erscheinenden Literaturzeitschrift "Zwischenwelt" (ehemals: "Mit der Ziehharmonika") lassen sich bis heute der Fleiß und die Erfolge dieser "geistigen Zurückholung" nachvollziehen. Eine Arbeit "nicht nur auf dem Papier", wie Staud betont: Ausstellungen, Symposien, unzählige Lesungen, Archivaufbau, aber auch Sonderhefte, Jahrbücher, wissenschaftliche Internet-Projekte, etwa mit der Universität Salzburg (www.literaturepochen.at/exil), gehörten in der Vergangenheit zu den Leistungen der Gesellschaft, die heute etwa 450 Mitglieder umfasst. Unterstützung findet die Gesellschaft, in der der Schriftsteller Vladimir Vertlib den Kassier abgibt - derzeitiger Präsident ist der Germanistik-Professor Karl Müller von der Universität Salzburg -, durch die Stadt Wien, das Land Niederösterreich, Projektförderungen kommen hinzu. Nichtsdestoweniger mangelt es den Literaturforschern an Budget, da viele Subventionen nicht valorisiert werden. Mit den dazu gekommenen Institutionen, etwa Exilforschung in der Nationalbibliothek oder im Wiener Literaturhaus verbindet die Kramer-Gruppe ein "gutes Patchwork ähnliches Verhältnis" (Staud). Die Gründung einer auch Musik und Malerei thematisierenden Dachorganisation, nämlich der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (ÖGE) ist erst vor kurzem passiert. Seit 2001 vergibt die Gesellschaft jährlich auch den Theodor-Kramer-Preis. Zu den Preisträgern zählen u.a. Michael Guttenbrunner (2004) und Jakov Lind (2007). Heuer ging der Preis an Ilana Shmueli und Josef Burg.

Laut Staud, der universitär, aber auch als AHS-Lehrer in Wien arbeitet, gibt es bei der jungen Generation "genügend Köpfe, die sich für das Thema interessieren." Diesen neuen Ansätzen, aber auch denjenigen Interessen, die damals vor 25 Jahren Pate standen, geht nun das umfangreich besetzte Literatursymposium in der Alten Schmiede ("Subjekt des Erinnerns?") nach. Weiteres Thema der Forscher ist die Frage nach dem zukünftigen Umgang mit Exil, Flucht und Emigration während des Faschismus und des Nationalsozialismus angesichts immer weniger Zeitzeugen. Große Pläne für die Zukunft könne man aktuell nicht machen. "Dazu fehlt es uns schlichtweg an Geldmitteln", konstatiert Staud, der schon froh ist, dass das Symposium, an dem u.a. Hans Haider, Stefan Keller, Friedrich Stadler, Ruth Beckermann und Gerhard Scheit teilnehmen, stattfinden kann.
     
Informationen: http://www.theodorkramer.at    
     
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