Regierung erzielt Einigung über Kindergeld  

erstellt am
15. 09. 09

Heinisch-Hosek: Ziel ist, dass künftig jeder fünfte Vater in Karenz geht
Einigung über einkommensabhängiges Kindergeld bei Regierungsklausur in Salzburg
Wien (sk) - Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Staatssekretärin Christine Marek präsentierten am 15.09. gemeinsam zwei neue Varianten des Kinderbetreuungsgeldes. Neu ist die einkommensabhängige Variante, die 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens beträgt. Sie wird für zwölf Monate ausbezahlt, zwei weitere Monate sind für den Partner reserviert. "Mit dem einkommensabhängigen Kindergeld wenden wir uns auch ganz besonders an die Väter", betonte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. "Wir wünschen uns, dass dadurch jeder fünfte Vater künftig in Karenz geht." In Deutschland habe die Einführung des einkommensabhängigen Kindergeldes zu einer Väterbeteiligung von rund 20 Prozent geführt. Ebenfalls neu ist eine weitere Pauschalvariante, bei der 12 Monate lang 1000 Euro monatlich bezogen werden können. Vorraussetzung dafür ist, dass die Bezieher oder Bezieherinnen ein Einkommen unter 1000 Euro oder gar kein Einkommen hatten, wie etwa Studentinnen. Auch hier kann der Partner zwei zusätzliche Monate in Anspruch nehmen. Neu ist auch ein 50-prozentiger Aufschlag bei Mehrlingsgeburten. Die bisherigen Pauschalvarianten des Kinderbetreuungsgeldes bleiben aufrecht, dabei gilt: je länger die Bezugsdauer desto geringer die Höhe des Kindergeldes. Weiterhin wird es die Varianten 30 + 6, zu 218 Euro, 20 + 4 zu 312, 15 + 3 zu 400 Euro geben.

"Wir bieten hiermit noch mehr Wahlmöglichkeiten an ", betonte Familienstaatsekretärin Christine Marek "und machen damit Mut zum Kind."

Bei allen Pauschalvarianten wird künftig auch ein Zuverdienst von 60 Prozent des letzten Einkommens möglich sein. Die Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kindergeld liegt bei der Geringfügigkeit. Alleinerzieherinnen, die es besonders schwer haben, erhalten in allen Varianten zusätzlich zwei Monate Kindergeld.

Auch beim Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld haben sich die Koalitionspartner geeinigt. In Zukunft gibt es eine Beihilfe für einkommensschwache Familien und Alleinerziehende in der Höhe von 180 Euro monatlich, die nicht mehr zurückzuzahlen ist. Die Beihilfe kann für das erste Lebensjahr des Kindes beantragt werden.

"Mit diesem Paket kommen wir den Lebenswelten der Eltern noch mehr entgegen", sagte Heinisch-Hosek abschließend. "Wir haben lange darum gerungen, heute können wir sehr stolz auf das Ergebnis sein."

 

Marek: Mehr Wahlfreiheit und bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Neues einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld soll Anreiz für ein "Ja" zu Kindern schaffen
Wien (övp-pd) - "Das neue einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld soll einen Anreiz für gut qualifizierte und besser verdienende Frauen sein, um leichter ‚Ja' zu Kindern zu sagen. Ich freue mich, dass wir uns heute auf das Gesamtpaket des Kinderbetreuungsgeldes einigen konnten", so Familienstaatssekretärin Christine Marek bei einer Pressekonferenz im Rahmen der Regierungsklausur in Salzburg. "Wir haben uns zum Ziel gesetzt, beim Kinderbetreuungsgeld zusätzliche, an den heutigen Lebensrealitäten orientierte, Modelle für noch mehr Wahlfreiheit für alle Eltern zu erarbeiten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu forcieren, die Väter stärker als bisher ins Boot zu holen und bei der einkommensabhängigen Variante den Fokus speziell auf besser verdienende Frauen zu setzen", so Marek.

Marek zu den bisherigen Varianten zum Kinderbetreuungsgeld, sowie zu den neuen Modellen: "Die drei Pauschalvarianten sind bekannt und bedeuteten bisher: Je kürzer in Anspruch genommen, desto höher die Leistung. Neu ist jetzt eine zusätzliche Pauschalvariante von 1.000 Euro für 12 plus zwei Monate, bei Inanspruchnahme durch beide Partner."

"Neu ist auch die einkommensabhängige Variante, die künftig 80 Prozent des letzen Nettoeinkommens betragen wird, ebenso für 12 plus zwei Monate, bei Inanspruchnahme durch beide Partner. Das wird jene Variante sein, wo wir mit Sicherheit innerhalb sehr kurzer Zeit deutlich mehr Väter in Karenz haben werden, als es bisher der Fall war", so die ÖVP-Staatssekretärin und weiter: "Auch die Zuverdienstgrenze wurde flexibilisiert: Zusätzlich zu den 16.200 Euro wie bisher kann man künftig bei den Pauschalvarianten wahlweise bis zu 60 Prozent seines bisherigen Einkommens dazuverdienen. Beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld liegt die Zuverdienstgrenze bei der Geringfügigkeitsgrenze." Zusätzlich habe man auch eine Härtefallregelung für Alleinerziehende geschaffen, die eine wirkliche Hilfe sein werde, zeigt sich Marek erfreut. Alleinerziehende und besonders Frauen, die in akut schwierigen Situationen sind, erhalten in bestimmten Fällen (z.B. Tod des Partners) in allen Bezugsvarianten zusätzlich zwei Monate länger Kinderbetreuungsgeld.

Im Zusammenhang mit der Reform des Kinderbetreuungsgeldes wird auch der derzeit geltende Zuschuss in eine echte, nicht rückzahlbare Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld umgewandelt. Zukünftig können einkommensschwache Eltern und Alleinerziehende einen Antrag stellen, um im ersten Lebensjahr des Kindes zusätzlich zum Kinderbetreuungsgeld 180 Euro pro Monat als Beihilfe zu beziehen, die im Gegensatz zur jetzigen Regelung nicht mehr zurückgezahlt werden müssen.

Eine weitere neue Regelung betrifft Familien mit Mehrlingsgeburten. In jeder Pauschalvariante werden nunmehr fünfzig Prozent des Grundbetrags pro Mehrling und Monat ausbezahlt, so Marek.

Zu den Verhandlungen zum Kinderbetreuungsgeld stellte die ÖVP- Familienstaatssekretärin abschließend fest: "Wir haben sehr lange unterschiedlichste Modelle berechnet, da braucht es viel Zeit, alle Eventualitäten abzuwägen. Die Einigung ist ein sozial ausgewogenes Gesamtpaket für Österreichs Familien."

 

Haubner: Hürdenlauf beim Kindergeld - Arme werden abkassiert
Verlierer sind die Familien - Gewinner die Bürokratie
Wien (bzö) - "Die Regierungseinigung zum Kinderbetreuungsgeld macht den Zugang zu Leistungen für Familien noch komplizierter, schwieriger und bürokratischer. Die Verlierer dieser neuen Regelung sind die Familien, die einzigen Gewinner die Bürokraten", erklärt BZÖ-Familiensprecherin Abg. Uschi Haubner. Sie kritisiert, dass es "immer mehr Hürden gibt, bevor die Eltern zu den ihnen zustehenden Leistungen kommen." Haubner verlangt eine Verwaltungsvereinfachung, beispielsweise mittels einer Streichung der Zuverdienstgrenze. Dies sei leicht durchführbar und bringe den Familien rasch eine echte Entlastung.

Besonders schwere Kritik übt die BZÖ-Familiensprecherin an der Tatsache, dass der Zuschuss beim Kinderbetreuungsgeld nur mehr ein Jahr, statt während des gesamten Kindergeldbezugs, ausgezahlt wird und gleichzeitig die Verdienstgrenze halbiert worden ist. "Zwei Drittel aller Familien verlieren den Anspruch auf den so wichtigen Zuschuss. Das ist ein soziales Kürzungsprogramm gerade auf Kosten der Schwächsten - nämlich der ärmsten Familien. Eine soziale Eiszeitregelung die das BZÖ massiv ablehnt", so Haubner abschließend.

 

Ruprecht: Einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld sozial unausgewogen
Nachbesserungen für Alleinerziehende dringend notwendig
Wien (ögb) - "Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld stellt einen wichtigen sozialpolitischen Fortschritt dar, gerade im Hinblick auf eine erforderliche Zunahme der Väterbeteiligung bei der Kinderbetreuung", stellt ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende Brigitte Ruprecht nach der Begutachtung des Entwurfes zur Neuregelung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, fest. Mit der vorgesehenen Einführung wird auch eine langjährige Forderung des ÖGB erfüllt. Sowohl die zusätzliche Bezugsvariante als auch die Wahlmöglichkeit einer individuellen Zuverdienstgrenze in Höhe von 60 Prozent der Einkünfte stellen für Mütter und Väter eine Option dar, Berufs- und Familienleben besser zu vereinbaren und mehr Väter an der Erziehung zu beteiligen.

Für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind aber zusätzliche Rahmenbedingungen erforderlich. Es fehlt insbesondere an Betreuungsangeboten für Ein- und Zweijährige. Derzeit liegt Österreich bei der Zahl der Kinderbetreuungsplätze für unter Dreijährige mit einer Betreuungsquote von 14 Prozent für 2008 weit hinter dem EU-Ziel von Barcelona, das eine Betreuungsquote von 33 Prozent für diese bis zum Jahr 2010 fordert. "Um eine tatsächliche Inanspruchnahme des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes nicht zu konterkarieren, ist als flankierende Maßnahme der Ausbau des Betreuungsangebots für unter Dreijährige unbedingt notwendig" so Ruprecht.

Der ÖGB kritisiert des Weiteren die strikten Regelungen für AlleinerzieherInnen. "Die Berücksichtigung jeglicher Einkunftsarten und Leistungen, sämtlicher Beihilfen und sogar des Kinderbetreuungsgeldes für die Einkommensgrenze von 1.200 Euro für die verlängerte Bezugsmöglichkeit ist sozial ungerecht und trägt nicht zur Verbesserung der Situation der AlleinerzieherInnen bei", sagt Ruprecht. Sobald Unterhalt für das Kind geleistet wird, haben diese ebenfalls keinen Anspruch mehr auf verlängerten Bezug, unabhängig davon ob sie damit die 1.200 Euro Grenze überschreiten oder nicht. Hier sind Nachbesserungen dringend notwendig.

 

 AK sieht Licht, aber auch viel Schatten
Wien (ak) - Die AK begrüßt die Einführung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes für Erwerbstätige. Auch die Verbesserungen des Zuverdienstes mit der Möglichkeit, bis zu 60 Prozent des früheren Einkommens während des Kinderbetreuungsgeldes ist eine Annäherung an die AK-Forderung nach einem Zuverdienst in einem Ausmaß von 24 Stunden pro Woche. Zu bemängeln ist jedoch die legistische Umsetzung des Vorhabens, so dass eine Vielzahl an Problemen und Unklarheiten bei der Anwendung der neuen Möglichkeiten zu erwarten sind. Der komplexe steuerrechtliche Einkommensbegriff, der auch für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld sowie für die neue Zuverdienstgrenze angewandt wird, wird weiterhin für Verwirrung sorgen. Kritik übt die AK auch daran, dass Arbeitslosenzeiten sowohl das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld als auch den erlaubten Zuverdienst von 60 Prozent verringern. In wirtschaftlichen Krisenzeiten mit steigender Arbeitslosigkeit werden vielen Eltern die rechtlichen Verbesserungen daher nicht nützen können. Die vorgesehene Streichung von Kinderbetreuungsgeld bei Bezug von Wochengeld vor einer weiteren Geburt wird mit Einsparungen im Umfang von 14 Mio Euro beziffert. Dies geht voll zu Lasten von ArbeitnehmerInnen, die bereits jetzt bei der Bezugsdauer von Kinderbetreuungsgeld schlechter gestellt sind als Nichterwerbstätige.

Für Väter sind im Entwurf keine großen Sprünge erkennbar. Obwohl mit dem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld Anreize für eine Väterbeteiligung erhöht wurden, wurden aber auch neue Barrieren geschaffen. Durch die Verkürzung der Mindestbezugsdauer von 3 auf 2 Monate Kinderbetreuungsgeld wird die Karenzdauer bei Vätern kürzer. Echte Prügel werden jenen Eltern in den Weg gelegt, die partnerschaftlich teilen und ein weiteres Kind bekommen, weil der Bezug von Kinderbetreuungsgeld für das erste Kind enden soll, sobald die Mutter wieder Wochengeld bezieht.

Dazu ein Beispiel: Der Vater bezieht Kinderbetreuungsgeld für das erste Kind. Die Mutter ist erwerbstätig und wird wieder schwanger. Aufgrund von Schwangerschaftskomplikationen wird sie freigestellt und bekommt statt ihrem Gehalt Wochengeld in der gleichen Höhe. Mit dem Wochengeldanspruch der Mutter verliert der Vater den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für das erste Kind. Eine vorzeitige Rückkehr zum Arbeitgeber ist dem Vater nicht möglich. Die Familie muss vom Wochengeld der Mutter leben.

Kaum Verbesserungen gibt es auch für Alleinerziehende. Die vorgesehenen Gründe für eine Verlängerung der Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgeldes von 2 Monaten umfassen nur Extremfälle wie Tod, Krankheit, Freiheitsstrafe oder Gewalttätigkeit des Partners und sind daher nicht geeignet, die Situation von Allerziehenden grundsätzlich zu verbessern.

Dass der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld nicht mehr zurückzuzahlen ist, wird von der Arbeiterkammer begrüßt, weil es mehr Rechtsicherheit für die Betroffenen bringt. Die Problematik, dass Eltern den Zuschuss - oft erst nach Jahren und unerwartet - wieder zurückzahlen müssen, wird damit beseitigt.

AK-Forderungen:

  • Notwendig ist eine Vereinfachung des Einkommengsbegriffs durch eine Umstellung vom steuerrechtlichen auf einen sozialversicherungsrechtlichen Einkommensbegriff. Durch Arbeitslosigkeit dürfen beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld und beim Zuverdienst keine Nachteile entstehen.
  • AlleinerzieherInnen müssen beim Bezug der Kurzvarianten dieselben Chancen auf Verlängerung des Kinderbetreuungsgeldes gewährt werden. Darüber hinaus braucht es wirksame Hilfen und Programme zum Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt.
  • Für Adoptiveltern, die Kinder erst oft nach Monaten adoptieren können, müssen Sonderregelungen geschaffen werden, damit sie beim Bezug der Kurzvarianten bzw des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes nicht benachteiligt werden.
  • Um einer Entwertung von Familienleistungen sowie des Zuverdienstes zu begegnen, spricht sich die Bundesarbeitskammer dafür aus, das Kinderbetreuungsgeldes sowie die Zuverdienstgrenze jährlich zu valorisieren.
  • Von besonderer Dringlichkeit ist aus Sicht der AK, die Anstrengungen zum Ausbau der bedarfsgerechten und qualitätsvollen Kinderbetreuung zu verstärken. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes und der Kurzvarianten darf nicht an der fehlenden Kinderbetreuung scheitern.

 

Wimmer: Lob der Katholischen Männerbewegung
"Wichtiger Beitrag zur Väterbeteiligung in der Kindererziehung"
Wien (kap) - Die Katholische Männerbewegung (KMBÖ) hat die Einigung zwischen Familien-Staatssekretärin Christine Marek und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek in der Kindergeld-Frage begrüßt. "Das neue einkommensabhängige Kindergeldmodell ist ein wichtiger Beitrag zur Väterbeteiligung in der Kindererziehung", würdigte KMBÖ-Vorsitzender Leopold Wimmer die Entscheidung in einer Presseaussendung.

Die Katholische Männerbewegung hatte im Juni 2008 die Einführung eines einjährigen 100-prozentigen Vätergeldes verlangt. "Wir sind sehr zufrieden, dass künftig 14 Monate lang 80 Prozent des Nettobezuges bezahlt werden - mindestens 1.000 Euro, maximal 2.000 Euro", so Wimmer.

Im Mai 2009 haben in Österreich nach Angaben der KMBÖ insgesamt 164.445 Personen Kinderbetreuungsgeld bezogen. Nur 4,5 Prozent davon - 7.442 Personen - waren Männer. Laut dem KMBÖ-Vorsitzenden sind politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen unabdingbar, "damit Männer ernsthaft ihren Vaterpflichten nachkommen können".
 

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