Die Erholung ist da, aber Wirtschaft bleibt noch bis 2012 unter Vorkrisenniveau   

erstellt am
15. 09. 09

Bank Austria Konjunkturindikator im August abermals verbessert – Kräftige Erholung in zweiter Jahreshälfte, Wachstum 2010 mit 1,1 Prozent erwartet
Wien (ba) - Die österreichische Wirtschaft hat die Talsohle der Konjunkturkrise hinter sich gelassen und spürt derzeit beachtlichen Rückenwind. Das zeigt der Bank Austria Konjunkturindikator, der seit dem Tiefstwert im April beständig ansteigt. „Der Bank Austria Konjunkturindikator hat sich im August von minus 1,8 auf minus 0,9 Punkte verbessert. Das ist der stärkste Anstieg seit Beginn der Berechnungen vor fast 20 Jahren“, sagt Helmut Bernkopf, Bank Austria Vorstand für das Corporate & Investment Banking.

Alle Komponenten des Bank Austria Konjunkturindikators zeigen im August nach oben. Die Stimmung der österreichischen Konsumenten hat sich besonders deutlich aufgehellt. Die Steuerreform als Eckpfeiler des staatlichen Konjunkturpakets und die starke Disinflation bei den Verbraucherpreisen aufgrund der Korrektur der Rohstoffpreise haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Auch die Ankündigung einiger Betriebe in den kommenden Wochen die Kurzarbeit wieder auslaufen zu lassen, hat das Verbrauchervertrauen erhöht, wogegen die ungünstige Lage am Arbeitsmarkt generell die Stimmung belastet.
Deutlich zuversichtlicher präsentierte sich im August auch die heimische Industrie. Mehr Aufträge aus dem In- und Ausland haben die bislang sehr pessimistischen Geschäftserwartungen verbessert. Die österreichischen Industriellen folgen damit den europäischen Vorgaben. In der Eurozone, die weit mehr als 50 Prozent der österreichischen Erzeugnisse nachfragt, hat sich das Industrievertrauen in fast allen Mitgliedsländern erhöht. Insbesondere die für die heimische Wirtschaft besonders wichtige deutsche Industrie blickt wieder optimistischer in die Zukunft. „Ein Blick auf die geschlossene Aufwärtsentwicklung der Einzelkomponenten des Bank Austria Konjunkturindikators macht deutlich, dass sich nach der Stabilisierung der Konjunktur im Sommer für die kommenden Monate eine überraschend starke Aufwärtsbewegung ankündigt. Wir gehen davon aus, dass die österreichische Wirtschaft im zweiten Halbjahr 2009 einen robusten Wachstumspfad beschreiten wird“, meint Stefan Bruckbauer.

Erholung zwischen Überraschungseffekt und Rückschlagsgefahr
Nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria wird die Erholung auch über den Jahreswechsel 2009/2010 hinaus anhalten. Die globale Nachfrage könnte gestützt auf die weltweiten Konjunkturpakete sogar für positive Überraschungen sorgen. Deutlich pessimistischer fällt jedoch die Erwartung für die weitere Entwicklung 2010 und danach aus. Die Entwicklung der Rohstoffpreise, der noch nicht vollständig genesene Finanzsektor, die Nachwirkungen der Krise auf Unternehmensbilanzen und der stark belastete Arbeitsmarkt, als potenzielle Bremse des Konsums, der für einen selbsttragenden Aufschwung sorgen sollte, sind große Risikofaktoren. „Wir gehen davon aus, dass die weitere wirtschaftliche Erholung in Österreich im Verlauf von 2010 nur mit moderatem Tempo vorankommt und auch eine hohe Rückschlagsgefahr besteht“, so Bank Austria Chefökonom Bruckbauer. Die Bremsen des Konjunkturzugs sind nicht vollständig gelöst. „Nach dem Rückgang des BIP um 3,8 Prozent im Jahr 2009 wird die heimische Wirtschaft 2010 trotzdem voraussichtlich ein Wachstum von 1,1 Prozent erreichen können“, ist Bruckbauer vorsichtig optimistisch.

Allerdings weisen die Ökonomen der Bank Austria darauf hin, dass 2010 das Wirtschaftsniveau von 2008 noch immer nicht erreicht werden wird; dies dauert nach Berechnungen der Bank Austria noch bis Ende 2012, mit entsprechend negativen Folgen für den Arbeitsmarkt, die Investitionen und Unternehmensbilanzen. Daher wird auch 2010 die Arbeitslosigkeit steigen und die Investitionen begrenzt durch geringe Auslastungsgrade keinen Wachstumsbeitrag liefern. „Trotz der Erholung in den nächsten Quartalen bleibt das Produktionsniveau noch lange unter seinem Potenzial mit sehr negativen Folgen, etwa für den Arbeitsmarkt“, so Bruckbauer. Auch wenn die Erholung positiv überrascht, bleibt eine hohe Unsicherheit darüber, welche Folgen es hat, dass die österreichische und die europäische Wirtschaft über lange Zeit unter ihrem Potenzial wächst. Daher warnen die Ökonomen der Bank Austria davor die wirtschaftspolitischen Maßnahmen – vor allem die Geldpolitik – zu früh zurückzunehmen. Dies könnte fatalere Konsequenzen haben als ein zu später Ausstieg. Erst wenn eine ausreichend gesicherte Datenlage die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Erholung bekräftigt, ist eine Umkehr der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sinnvoll.

Inflation vor Anstieg, doch weiterhin moderates Niveau
Mit dem Beginn der Erholung fällt auch die Trendwende in der Inflationsentwicklung zusammen. „Nach dem starken Rückgang der Teuerung in den vergangenen Monaten, die in negativen Werten im Sommer gipfelte, wird die Inflation im Herbst langsam wieder zu steigen beginnen“, meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Ausschlaggebend dafür ist der Preistrend bei den Rohstoffen, insbesondere von Erdöl. Beginnend mit Oktober wird sich der bislang inflationsdämpfende Einfluss des Erdöls wieder umkehren. Mit rund 70 US-Dollar pro Barrel liegt der aktuelle Ölpreis auf dem Niveau des vorigen Oktobers und deutlich über den Preisen vom November und Dezember des Vorjahres. Die aufkeimenden Konjunkturhoffnungen werden einen abermaligen Rückgang der Rohstoffpreise verhindern. Bis zum Jahresende wird die Teuerung, die auch im August dieses Jahres noch im negativen Bereich lag, auf fast 1 Prozent steigen. Die Inflationserwartungen für 2010 sind unter der Annahme relativ stabiler Ölpreise moderat. „Nach nur 0,4 Prozent im Jahresdurchschnitt 2009 rechnen wir mit einem Anstieg der Teuerung auf 1,2 Prozent im kommenden Jahr“, meint Pudschedl. Für die europäische Zentralbank ergibt sich daher nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria kein Handlungsbedarf hinsichtlich des Leitzinses, der noch bis Ende 2010 auf dem aktuell tiefen Niveau gehalten werden wird.
     
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