Bekämpfung von Steuerbetrug   

erstellt am
29. 09. 09

Kommission schlägt Maßnahmen für eine einheitliche Reaktion auf Karussellbetrug in bestimmten Sektoren vor
Brüssel (ec.europa) - Als Reaktion auf neue, besorgniserregende Betrugsformen, die in mehreren Mitgliedstaaten gemeldet werden, hat die Europäische Kommission am 29.09. einen Vorschlag für eine fakultative befristete Anwendung des Reverse Charge-Verfahrens auf Lieferungen bestimmter Gegenstände und Dienstleistungen angenommen, damit die Mitgliedstaaten in der gesamten EU einheitlich gegen Karussellbetrug vorgehen können. Es geht dabei insbesondere um Zertifikate für Treibhausgasemissionen, bei denen es im vergangenen Sommer zu Mehrwertsteuerbetrug gekommen ist. Der Vorschlag umfasst Evaluierungs- und Informationspflichten für die Mitgliedstaaten, die es erlauben, die Wirksamkeit der Maßnahmen genau zu bestimmen.

László Kovács, für Steuern und Zollunion zuständiges Kommissionsmitglied, erklärte: „Karussellbetrug im Bereich der Mehrwertsteuer verursacht hohe Steuerausfälle. Deshalb müssen die Mitgliedstaaten in der Lage sein, wirksam dagegen vorzugehen. Allerdings sollte dies in der gesamten EU einheitlich und auf der Grundlage eindeutiger Evaluierungskriterien geschehen.”

Mehrwertsteuerbetrug verringert das Steueraufkommen der Mitgliedstaaten und gefährdet das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes. Besonders schwerwiegend ist dabei in allen Mitgliedstaaten der Karussellbetrug im Bereich der Mehrwertsteuer, wodurch dem EU-Haushalt jährlich Milliarden von Euro verloren gehen. Diese Art von Betrug wird oft in großem Maßstab von kriminellen Organisationen begangen.

Bisher ging es dabei vor allem um kleine Gegenstände von hohem Wert. In jüngster Zeit berichteten mehrere Mitgliedstaaten aber auch über Karussellbetrug bei Treibhausgasemissionszertifikaten.

Damit die Mitgliedstaaten rasch gegen diese Art von Betrug vorgehen können, hat die Kommission einen Richtlinienvorschlag vorgelegt, der es erlaubt, das Reverse Charge -Verfahren auf Lieferungen von fünf Kategorien besonders betrugsanfälliger Gegenstände und Dienstleistungen anzuwenden, und zwar Computerchips, Mobiltelefone, Edelmetalle, Parfums und Treibhausgasemissionszertifikate.

Die Mitgliedstaaten können damit das Reverse Charge -Verfahren einheitlich auf eine begrenzte Zahl von Gegenständen und Dienstleistungen anwenden und verfügen so über ein wirksames Instrument, um besorgniserregende Betrugsphänomene flexibel zu bekämpfen, gleichzeitig aber einheitlich auf Karussellbetrug reagieren und eine Verlagerung des Betrugs verhindern zu können. Auf diese Weise sammeln sie außerdem wertvolle Erfahrungen, um die Wirksamkeit einer solchen Maßnahme zu beurteilen.

Hintergrund
Bei d ieser Art von Betrug stellt der Leistungserbringer die Mehrwertsteuer dem Kunden in Rechnung, entrichtet den Betrag aber nicht an den Fiskus. Da der steuerpflichtige Leistungsempfänger grundsätzlich weiter zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, erhält er vom Fiskus eine Vergütung/Erstattung. In größerem Maßstab ergibt sich daraus zuweilen der innergemeinschaftliche Missing-Trader- oder Karussellbetrug.

Bei Anwendung des Reverse Charge -Verfahrens wird die Mehrwertsteuer nicht von dem Leistungserbringer in Rechnung gestellt, sondern vom Leistungsempfänger entrichtet, der – sofern er uneingeschränkt steuerpflichtig ist – gleichzeitig den entsprechenden Mehrwertsteuerbetrag abzieht. Damit entfällt sowohl die Notwendigkeit, eine Zahlung an den Fiskus zu leisten, als auch die theoretische Möglichkeit, diese Art von Betrug zu begehen.

Da mit dem Vorschlag jedoch nicht beabsichtigt ist, die Hauptgrundsätze des Mehrwertsteuersystems auszuhebeln, bleibt sein Anwendungsbereich begrenzt, und zwar sowohl im Hinblick auf die Zahl der Gegenstände/Leistungen, als auch, was den Anwendungszeitraum angeht. Bei der Auswahl der Lieferungen, um die es in dem Vorschlag geht, wurden die jüngsten Erfahrungen mit Missing-Trader-Betrug berücksichtigt.

Betrug im Zusammenhang mit Treibhausgasemissionszertifikaten
Das Emissionshandelssystem (ETS) der EU, das 2005 geschaffen wurde, ist inzwischen zum weltweit größten multinationalen System dieser Art herangewachsen (73 % des Wertes des globalen Kohlenstoffmarktes 2008). Mit diesem „cap and trade”-System sollen die Treibhausgasemissionen durch Zuteilung (kostenlos oder auf dem Wege der Versteigerung) von Emissionszertifikaten verringert werden, die anschließend zwischen Unternehmen übertragen werden können. Phase 3 des ETS (2013-2020) sieht eine jährliche Reduzierung des Höchstsatzes um 1,74 % vor, was zu einem Rückgang von insgesamt 21% gegenüber den Emissionen von 2005 führen soll.

Übertragungen von Zertifikaten zwischen Steuerpflichtigen gelten als Dienstleistung und werden daher an dem Ort besteuert, an dem der Leistungsempfänger ansässig ist.

Im Sommer 2009 wurden in mehreren Mitgliedstaaten Betrugsfälle aufgedeckt, auf die die Kommission umgehend reagiert hat, indem sie Treibhausgasemissionszertifikate in die Liste der Lieferungen aufgenommen hat, auf die das Reverse Charge-Verfahren angewendet werden kann.

Die Vorschläge können abgerufen werden unter:
http://ec.europa.eu/taxation_customs/index_en.htm
     
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