Budgetreform: Wie soll das Parlament Wirkungsziele kontrollieren?   

erstellt am
26. 11. 09

Neue Budgetabteilung und Mitwirkung des Ausschusses im Gespräch
Wien (pk) - Der Obmann des Budgetausschusses, Jakob Auer, unterbrach am 25.11. auf Vorschlag von SP-Abgeordnetem Kai Jan Krainer die Debatte über den Regierungsentwurf für ein Bundeshaushaltsgesetz 2013, mit dem die zweite Etappe der Haushaltsrechtsreform umgesetzt werden soll. Das Gesetz sieht die Einführung der wirkungsorientierten Haushaltsführung samt neuer Steuerung der Haushaltsführung mit mehr Flexibilität und Eigenverantwortung vor. Die Budgetierung soll in Zukunft nicht mehr ausgaben-, sondern wirkungsorientiert und über Globalbudgets erfolgen. Für mehr Transparenz in der Haushaltsführung sollen eine übersichtlichere, lesbarere und aussagekräftigere Gliederung und Informationen zur Wirkung der einzelnen Staatsausgaben für die BürgerInnen gelten. Das neue doppische Verrechnungssystem (Doppik = Doppelte Buchführung in Konten) mit Finanzierungs-, Ergebnis- und Vermögensrechnung soll den Abgeordneten aktuellere Einblicke in die finanzielle Lage des Bundes erlauben und die Budgetkontrolle durch den Budgetausschuss erleichtern.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) begründete sein Verlangen auf Unterbrechung mit der offenen Frage, wie das Parlament künftig mit der angestrebten Wirkungsorientierung der Budgetpolitik umgehen wolle. Konkret gehe es um die Einrichtung einer speziellen Budgetabteilung im Parlament sowie darum, wie der Budgetausschuss künftig Berichte des Ressorts entgegennehmen und behandeln soll, etwa durch einen speziellen Unterausschuss. Dazu komme die Frage, wie die Veranlagungspraxis der Bundesfinanzierungsagentur gesetzlich geregelt werden soll und welche Prinzipien dabei gelten sollen.

Krainers Ausführungen veranlassten Abgeordneten Alois Gradauer (F) zur Feststellung, die Regierungsparteien seien sich offenkundig nicht einig, was ihn verwundere, weil Sektionschef Gerhard Steger und seine MitarbeiterInnen gute Arbeit vorgelegt hätten.

Abgeordneter Werner Kogler (G) erinnerte an die Euphorie bei der Beschlussfassung über die Grundsätze der Haushaltsreform sowie über deren erste Etappe und zeigte sich ratlos angesichts der Hoffnung, in wenigen Tagen klären zu können, welche Mitwirkungsrechte dem Budgetausschuss und einem allfälligen Unterausschuss künftig in der Budgetpolitik zukommen sollen. Wer eine parlamentarische Experten-Abteilung schaffen wolle, werde auch für neue, hochqualifizierte Jobs im Parlament argumentieren müssen.

An der Vorlage selbst problematisierte Kogler die beabsichtigte "Vermögensrechnung" für den Staat. Was für einen Konzern sinnvoll sei, müsse es nicht auch für Gebietskörperschaften sein. Für wesentlicher hielt es Kogler, die budgetären Steuerungsinstrumente zu verbessern und zu klären, wie die neue Wirkungsorientierung tatsächlich gemeint sei.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) sah die vorgeschlagenen Parteiengespräche positiv und meinte zur Diskussion über das parlamentarische Wirkungs-Controlling, er sei nicht für eine extreme Lösung nach deutschem Vorbild, könne sich aber eine Expertenabteilung im Parlament vorstellen, als Stabsstelle, die die politische Kontrolle des Parlaments sicherstelle, während die technische Budget-Kontrolle dem Bundeskanzleramt obliegen solle.

Abgeordneter Robert Lugar (B) sah die zentrale Frage des neuen Haushaltsrechts darin, wie die Ziele für die Budgetpolitik aussehen und mit welchen Indikatoren der Budgetvollzug kontrolliert werde. Eine Vorgangsweise, "in der sich die Ministerien ihre Ziele selber geben", lehnte Lugar ab. Das Parlament müsse die Möglichkeit haben, auf die Zielsetzungen für die Haushaltspolitik effektiv einzuwirken.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) stellte fest, die Unterbrechung der Debatte bedeute nicht, in der zweiten Etappe der Haushaltsreform zurück an den Start zu gehen. Es gehe nur um die Einrichtung einer Expertenstelle im Parlament und um den Umgang des Parlaments mit den Berichtspflichten des Ressorts. Krainer sprach sich für eine Kompetenzstelle im Parlament aus, unterstrich die Koordinierungsfunktion des Bundeskanzleramts bei der Ausarbeitung der Wirkungsziele, betonte aber auch, dass die Kernfrage für die zweite Etappe der Haushaltsreform für ihn darin liege, wie die parlamentarische Auseinandersetzung mit den Wirkungszielen geführt werde und wie das Parlament diese Wirkungsziele kontrolliere.

Budgetvollzug 2009: Defizit steigt weiter
Schließlich machten die Mitglieder des Budgetausschusses von den Möglichkeiten Gebrauch, die ihnen die erste Etappe der Haushaltsreform bietet und analysierten aufgrund eines - mit S-V-Mehrheit zur Kenntnis genommenen Ressortberichts - die kumulierten Monatserfolge von Jänner bis Oktober 2009. Das Defizit steigt weiter, lautet die wichtigste Botschaft des Berichts. Denn im Allgemeinen Haushalt lagen die Ausgaben im Zeitraum Jänner bis Oktober 2009 mit 57,66 Mrd. € um 4,5422 Mrd. € über den Ausgaben im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Zudem war bei den Einnahmen mit 45,1311 Mrd. € ein Minus von 4,5553 Mrd. zu beklagen. Das Defizit stieg in diesem Zeitraum im Vergleich zum Vorjahr von 3,432 Mrd. € um 9,0975 Mrd. € auf 12,5295 Mrd. € (siehe PK-Ausgabe Nr. 1008 aus 2009).

Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) lobte die zeitnahe Berichterstattung des Finanzministeriums an den Ausschuss und regte an, diese Berichterstattung nach deutschem Vorbild in Richtung von Monatserfolgsvergleichen samt Analysen zu erweitern.

Abgeordneter Lutz Weinzinger (F) interessierte sich für die Ursachen des im Oktober auf 500 Mio. € zurückgegangenen Defizitzuwachses.

Staatssekretär Reinhold Lopatka warnte mit Unterstützung der Abgeordneten Kai Jan Krainer (S) und Günter Stummvoll (V) davor, die Monatsberichte zur Haushaltsführung zu einem "Zahlenfriedhof" auszuweiten. Auf Detailfragen eingehend berichtete Lopatka über Rückgänge bei den Einnahmen aus der Einkommenssteuer, der Körperschaftssteuer und der Umsatzsteuer. Den geringeren Defizitzuwachs im Oktober 2009 erklärte der Staatssekretär mit der Nichtausnützung von Mitteln, die ursprünglich für das Bankenpaket vorgesehen waren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) schloss sich dem Lob der Grünen für die aussagekräftigen Monats-Erfolgsberichte an, bekannte sich zu einer Weiterentwicklung des Berichtswesens, plädierte aber gleichzeitig dafür, die Übersichtlichkeit der Berichte nicht zu beeinträchtigen, indem man sie mit - wenig aussagekräftigen - statischen Daten überfrachte.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) zeigte sich besorgt über den Einbruch bei den Steuereinnahmen und fragte Staatssekretär Lopatka nach Konzepten, wie das Ressort mit den "echten Verlusten" künftig umgehen wolle.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) plädierte dafür, in der künftigen Budgetpolitik die Balance zwischen Einnahmen und Ausgaben wieder herzustellen, warnte aber vor einer Politik, die der Konjunktur schade, indem man mit Konsolidierungsmaßnahmen beginne, bevor die Krise überwunden sei.

Staatssekretär Andreas Schieder bezeichnete es als einen Erfolg der Bundesregierung, die Konjunktur stabilisiert zu haben und teilte den Abgeordneten mit, der aktuelle Budgetkurs bewege sich im Rahmen der Prognosen.
     
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