Stress oder Langeweile   

erstellt am
25. 11. 09

Studie der Uni Graz zeigt, wie Freizeit die Lebensqualität beeinflusst
Graz (universität) - Die glücklichsten ÖsterreicherInnen sind jung, arbeiten viel, nehmen auf andere Rücksicht und sehen in ihrem Leben einen Sinn. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Soziologie der Karl-Franzens-Universität Graz, die Fragen zu Freizeit und Lebensqualität untersucht.

Im Mittelpunkt der Studie stand die Frage, inwieweit Gefühle des Gehetztseins und der Langeweile in der Freizeit die Lebensqualität beeinflussen, beurteilt nach subjektiv eingeschätzter Gesundheit und Lebensglück“, erklärt Mag. Gerd Kaup, Mitarbeiter der Arbeitsgruppe „International Vergleichende Sozialforschung“ unter der Leitung von O.Univ.-Prof. Dr. Max Haller. Die Grazer WissenschafterInnen haben für ihre Untersuchung Daten einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Empirische Sozialforschung (IFES) ausgewertet. 1020 Erwachsene in ganz Österreich, quer durch alle Altersgruppen und Gesellschaftsschichten, waren im Herbst 2008 ausführlich zu diesem Thema interviewt worden.

Ob Zeitstress oder Langeweile in der Freizeit, beides beeinträchtigt das Lebensglück, das zeigen die Ergebnisse der Studie ganz klar. Dabei lassen sich jedoch nicht alle Menschen einfach über einen Kamm scheren. „Zeiterfahrungen und -probleme unterscheiden sich in verschiedenen Lebensphasen recht stark“, berichtet Gerd Kaup. „Vor allem Menschen mittleren Alters, hochqualifizierte Personen in leitenden Positionen sowie erwerbstätige Eltern – hier vor allem Frauen – mit kleinen Kindern leiden an Zeitknappheit. Ältere Leute kennen Freizeitstress weit weniger.“ Junge Menschen langweilen sich häufig – „wahrscheinlich weil sie noch nicht genügend Interessen entwickelt haben und daher mit ihrer Zeit nichts anzufangen wissen“, vermutet der Soziologe.

Neben dem Alter spielen auch das Bildungsniveau, individuelle Wertorientierungen und die persönliche Einstellung zum Leben für Freizeitempfinden und Lebensglück eine wesentliche Rolle, so der Befund der Umfrage. „Mit steigender Bildung kann man offensichtlich mehr mit seiner Zeit anfangen“, folgert Kaup. Kaufen lasse sich Freizeit-Wohlstand aber nicht. Wer mehr Geld hat, könne sich zwar exklusivere Hobbys leisten, Personen in Haushalten mit höherem Einkommen plage dafür häufiger der Freizeitstress.

„Im Hinblick auf die Lebensqualität allgemein lässt sich sagen, dass vor allem (noch) Jungsein, Berufstätigkeit, soziale Wertorientierungen und eine ausgeprägte positive persönliche Identität dazu beitragen, im Leben einen Sinn zu sehen, und daher glücklich machen“, fasst Kaup zusammen. „Zum Unglücklichsein tragen höheres Alter, Langeweile in der Freizeit, aber auch ein Mangel an Zeit für Privates, Kinder und Familie bei.“

Überrascht hat die ForscherInnen, dass es der vorliegenden Untersuchung zufolge keine Auswirkungen auf die Lebensqualität hat, ob jemand auf dem Land oder in der Stadt lebt. Ebenso unerwartet war für die WissenschafterInnen, dass es offensichtlich auch keine Rolle spielt, ob Menschen in einer Partnerschaft oder als Singles leben.

Im Hinblick auf das Verhältnis Arbeits- und Freizeit führen die Erkenntnisse aus der Studie die SoziologInnen zu dem Schluss, dass eine generelle Verkürzung der Arbeitszeit nicht unbedingt geeignet ist, die Lebensqualität zu steigern. „Wir empfehlen mehr Vielfalt bei den Arbeitszeitmodellen und institutionelle Unterstützung, wie bessere Möglichkeiten der Kinderbetreuung, Sabbaticals oder einen gleitenden Pensionsantritt“, so Kaup.
     
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