Fremdenrechtsgesetz passiert den Bundesrat   

erstellt am
24. 11. 09

Wien (pk) - Bundesrat Johann ERTL (F/N) klagte am 23.11. in der 778. Sitzung des Bundesrates über zunehmenden Asylmissbrauch und führte ihn auf das Motiv von Wirtschaftsflüchtlingen zurück, durch Inanspruchnahme des Asylgesetzes legalen Aufenthalt in Österreich zu erhalten. Verschärft werde dieses Problem durch verzögerte Erstaufnahmeverfahren in Griechenland und Italien, was dazu führe, dass Asylwerber, die von dort kommend in Österreich Erstaufnahme finden, nicht mehr in diese Länder abgeschoben werden können. Der Redner machte auch darauf aufmerksam, dass Drogenkriminelle, denen in ihrer Heimat die Todesstrafe drohe, nicht dorthin abgeschoben werden können. Der Bundesrat erinnerte daran, dass Asylwerber mit Kindern Anspruch auf eine finanzielle Schulbedarfsbeihilfe haben, die man ihnen nicht nehmen, aber diese Hilfe doch auch österreichischen Familien zugänglich machen sollte. Die vorliegende "Minireform" des Fremdenrechts bezeichnete Ertl als völlig ungenügend, weshalb die FPÖ sie ablehne. Sie werde die Probleme nicht lösen, die daraus entstehen, dass Kriminelle das Asylrecht als Deckmantel für ihre Machenschaften missbrauchten.

Bundesrat Franz PERHAB (V/St) bekannte sich namens seiner Fraktion zu einem politisch klugen Weg der Mitte und zu dem Grundsatz, gesetzlich zu regeln, was nötig sei, und zugleich Menschlichkeit walten zu lassen. Perhab wandte sich gegen die Agitation der Freiheitlichen gegen das Schubhaftzentrum in Vordernberg, wo ein mutiger Bürgermeister eine konsequente Haltung im Interesse seiner Gemeinde zeige. Es sei unverständlicher Populismus, ein Zusatzmodul für Schubhäftlinge bei einer der modernsten Haftanstalten Österreichs abzulehnen. Zugleich kritisierte Perhab die Position der Grünen im Nationalrat und lobte die konsequente Haltung der Innenministerin gegen den Missbrauch des Asylrechts. Man müsse sich fragen, wie es sich die Familie Zogaj zehn Jahre leisten konnte, einen Anwalt zu beschäftigen. Fragen müsse man sich auch, warum sie nicht die Möglichkeiten einer Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung genutzt haben.

Bundesrat Stefan SCHENNACH (G/W) hielt es für unverständlich, wenn ein Staat wie Österreich einen jungen Menschen erfolgreich ausbildet und integriert, ihn dann aber in ein Land abschieben möchte, in dem er ein sekundärer Analphabet wäre. Arigona Zogaj spreche perfekt Deutsch - der Kosovo sei für sie ein fremdes Land, dessen Sprache sie zwar spreche, aber niemals lesen und schreiben lernte. Für Österreich könne es kein Ziel sein, nach dem Vorbild Burmas auf eine "Rollläden runter-Politik" zu setzen, sagte Schennach und wies auf die rechtlichen Bedenken vieler Experten gegen die vorliegende Fremdenrechts-Novelle hin. Selbst der Rechnungshof und das Finanzministerium warnten vor den Kosten weiter ausgedehnter Schubhaften, sagte der Bundesrat.

Im Einzelnen wandte er sich gegen Abschiebungen wegen Bagatelldelikte, gegen die Altersfeststellung durch Röntgenuntersuchungen und gegen spezielle Altersgrenzen für den Familiennachzug von Asylanten. Wer über das Abgleiten von Asylwerbern in Kriminalität und Prostitution klage, dürfe nicht vergessen, dass Asylwerber keinen Zugang zum legalen Arbeitsmarkt haben, sagte Schennach. Zugleich sollte man nicht übersehen, dass ein Drittel aller neuen Arbeitsplätze in Österreich von Migranten geschaffen wurden, die einen weit überdurchschnittlichen Anteil an Unternehmensgründungen in Österreich haben. Die Grünen können einem Gesetzentwurf nicht zustimmen, der menschenrechtswidrige Gummiparagraphen enthalte, schloss Schennach.

Bundesrat Josef KALINA (S/W) warnte vor einer schematischen Diskussion des Themas Asylrecht und erinnerte die Grünen daran, dass die Bedenken von Experten, die sie geltend zu machen versuchten, bei der Formulierung der neuen Bestimmungen berücksichtigt wurden. Niemand werde abgeschoben, der die berühmte "Wurstsemmel" gestohlen habe, abgeschoben werde erst bei schweren Delikten, die mit mehr als einem Jahr Arrest geahndet werden. Arigona Zogaj sei für ihn als einen Journalisten ein Fallbeispiel eines jungen Menschen, auf dessen Kosten mediale und politische Gruppen ihr Geschäft betrieben hätten.

Die gute österreichische Tradition, Verfolgten Schutz zu bieten, bleibe auch nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Gesetzesänderungen aufrecht. Man dürfe aber das Problem illegaler Zuwanderung nicht negieren und müsse Kriminalität bekämpfen, die damit zusammenhänge. Außerdem müsse Österreich seinen Arbeitsmarkt in Ordnung halten und könne es nicht zulassen, die Regeln für eine legale Zuwanderung zu umgehen, indem man einen Asylantrag stelle. Außerdem sei es notwendig, den Behörden praktikable gesetzliche Bestimmungen zu geben, etwa gegen Mehrfach- und Folgeanträge. Statt dies zu kritisieren, sollte die Grünen ehrlicherweise sagen: "Wir wollen alle Menschen im Land behalten, die Mehrfach- oder Folgeanträge stellen". Es sei auch notwendig, die Möglichkeiten der DNA-Analyse zu nutzen, um Missständen durch falsche Verwandtschaftsangaben entgegentreten zu können.

Abschließend appellierte Bundesrat Kalina an die Innenministerin, für eine menschenwürdige Behandlung von Schubhäftlingen zu sorgen und sich für Abkommen mit Ländern einzusetzen, in die Schubhäftlinge derzeit nicht abgeschoben werden können.

Bundesrat Peter ZWANZIGER (B/K) wandte sich zunächst generell gegen die Auffassung, Österreich brauche Zuwanderung, um das Überleben des Landes zu gewährleisten. Auf die Vorlage eingehend, wandte sich der Bundesrat gegen Scheinasylanten, die nach Österreich kämen, um hier Sozialleistungen auszunützen. Eine Verschärfung des Fremdenrechts sei dringend notwendig, weil die Kriminalität zunehme und Straftäter bislang nur im Wiederholungsfall abgeschoben werden konnten. Österreich brauche dringend Facharbeiter, aber keine Zuwanderung unqualifizierter Arbeitskräfte. Angesichts zunehmender illegaler Einwanderung forderte der Redner, die Grenzkontrollen wieder einzuführen, "um die Heimat vor ausländischen Kriminellen zu schützen".

Innenministerin Maria FEKTER machte geltend, dass es einen "signifikanten Trend" zu Asylmissbrauch gebe. So konnten ihr zufolge etwa im heurigen Jahr bisher nur 16 % der Asylverfahren positiv erledigt werden, während bei rund 12.100 Fällen keine Asylgründe vorgelegen seien. Gleichzeitig hätten die zuständigen Stellen zwischen Jänner und Ende Oktober 4.329 Asylanträge und 1.306 Folgeanträge nicht zugelassen, was einem Plus von 68 % bzw. 99 % gegenüber 2008 entspricht. Man müsse, betonte Fekter, dieser Entwicklung durch Gesetzesänderungen und Maßnahmen im Vollzug entgegen wirken. Sie wolle "keine Handlangerin von Schlepperbanden" sein.

Fekter warf AsylwerberInnen u.a. Identitätsverschleierung, falsche Herkunftsangaben und falsche Altersangaben vor. Es werde niemals gelingen, solche "Lügner und Betrüger" in Österreich zu integrieren, wenn sie von Anfang an nicht mit den Behörden kooperierten, meinte sie. Asylwerber müssten zur Kenntnis nehmen, dass ihnen geholfen werde, wenn sie in ihrer Heimat tatsächlich verfolgt würden, dass sie aber mit Lügen und Betrügen keine Chance hätten. Der Rechtsstaat in Österreich sei, so Fekter, intakt und nicht bankrott und lasse sich auch nicht erpressen.

Bundesrätin Anneliese JUNKER (V/T) erklärte, man müsse die "Ausländerszene" in Österreich in den Griff bekommen. In Innsbruck halten ihr zufolge 200 Marokkaner "eine Stadt in Schach" und versetzten Mädchen und Frauen in Angst. Viele von ihnen würden sich dabei als Algerier oder als minderjährig ausgeben, um ihre Chancen auf Asyl zu erhöhen. Junker verteidigte in diesem Sinn die Verschärfung der Fremdengesetze. Es gebe viele Asylwerber in Österreich, die, so Junker, "wilde Schicksale" hinter sich hätten, diese dürften nicht unter jenen leiden, die ungerechtfertigt nach Österreich kommen.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) sprach sich gegen eine Vermischung in der Diskussion von Asyl, Migration, illegalen Grenzübertritten, Kriminalität und Bleiberecht aus. Nicht alle, die im Asylverfahren falsche Angaben machten, seien automatisch kriminell, meinte sie, ebenso gebe es auch österreichische Kriminelle.

Bundesrat Gerald KLUG (S/St) führte aus, die SPÖ stimme der vorliegenden Novelle "sehr gerne zu", da es deren wesentlichste Intention sei, Asylmissbrauch zu verhindern, ohne gleichzeitig allen Asylwerbern Missbrauch zu unterstellen. "Einzelnen Vertretern der Opposition" warf Klug vor, Gesellschaftsgruppen gegeneinander ausspielen zu wollen. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Asylwerbern und Mindestpensionistinnen, sagte Klug, wenn es um den Erhalt eines dauerhaften sozialen Friedens in Österreich gehe, dann trennten SPÖ und FPÖ Welten.

Bundesrat Christoph KAINZ (V/N) zeigte kein Verständnis für die ablehnende Haltung der Opposition zur Gesetzesvorlage. Schließlich gehe es darum, Asylverfahren zu beschleunigen und Asylmissbrauch abzustellen, konstatierte er. Man müsse Maßnahmen setzen, um ungerechtfertigte Folgeanträge hintanzuhalten. Kainz begrüßte auch die vorgesehenen Röntgenuntersuchungen zur Altersfeststellung und die Gebietsbeschränkung und mahnte darüber hinaus die Errichtung eines dritten Erstaufnahmezentrums für Asylwerber in Österreich und die Errichtung eines Schubhaftzentrums ein. Traiskirchen müsse seit Jahrzehnten die Hauptlast im Asylbereich tragen, bemängelte er.

Bundesrat Elmar PODGORSCHEK (F/O) wertete das vorliegende Gesetzespaket als Schritt in die richtige Richtung, ihm zufolge fehlt aber die letzte Konsequenz. So kritisierte er etwa, dass es keinen Zwang zu DNA- und Handwurzeluntersuchungen zur Feststellung des Verwandtschaftsverhältnisses bzw. zur Altersfeststellung gebe. Asylrecht sei ein Menschenrecht, das es zu wahren gelte, erklärte Podgorschek, man müsse aber Missbrauch abstellen und echte Asylwerber von "Scheinasylanten" unterscheiden. Innenministerin Fekter vertrete den Standpunkt seiner Fraktion.

Der Bundesrat erhob gegen beide Gesetzesvorlagen mehrheitlich keinen Einspruch.
     
Informationen: http://www.parlament.gv.at    
     
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