EU2020: grüner, gerechter, mehr nachhaltiges Wachstum, aber warum nicht lokaler?   

erstellt am
04. 12. 09

Brüssel (cor.europa) - Lokale und regionale Gebietskörperschaften müssen stärker eingebunden werden, wenn die Vorschläge der Europäischen Kommission zum wirtschaftlichen Aufschwung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen erfolgreich sein sollen - so Christine Chapman (UK/SPE), Mitglied der Walisischen Nationalversammlung und Berichterstatterin des Ausschusses der Regionen zur Wachstums- und Beschäftigungsstrategie nach 2010.

Der Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso gab am 24. November unter dem Titel EU2020 seine Vorschläge für eine neue Strategie bekannt und leitete ein Konsultationsverfahren ein, das bis zum 15. Januar 2010 dauern wird. Detaillierte Vorschläge auf der Grundlage des Ergebnisses dieser Konsultation werden den Staats- und Regierungschefs der EU bei der Frühjahrstagung des Europäischen Rates im März vorgelegt.

Auf der AdR-Plenartagung am 03.12. vor der Verabschiedung ihrer Initiativstellungnahme zur Nachfolge der sogenannten Lissabon-Strategie sagte Chapman: "Ich bin sehr besorgt darüber, dass in dem Konsultationspapier der Kommission nicht ausdrücklich anerkannt wird, welche wichtige Rolle die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in ganz Europa bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie vor Ort spielen: die Begriffe 'regional' und 'Regionen' kommen in dem ganzen Papier nur viermal vor. Da, wo es um die Bedeutung einer Mitwirkung der Regionen geht, wird in dem Dokument auf die Einbeziehung der 'Nationalparlamente' verwiesen. Diesen Ansatz unterstütze ich natürlich, aber wieso wird in dem Papier die Rolle der Regionalparlamente, wie etwa der Walisischen Nationalversammlung, oder überhaupt der lokalen und regionalen Regierungen unterschlagen? Das ist sehr schade, und ich rufe die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, in ihren Beiträgen zu der Konsultation gegenüber der Kommission klarzustellen, dass wir mehr erwarten und dass für den Vorschlag, der auf der Frühjahrstagung 2010 vorgelegt wird, eine Korrektur notwendig ist.”

Erfreut zeigte sie sich hingegen darüber, dass viele der zentralen Vorschläge des AdR für die neue Wachstums- und Beschäftigungsstrategie an prominenter Stelle in dem Konsultationspapier der Kommission aufgegriffen werden. Dies sei ein deutliches Zeichen dafür, dass ihre Stellungnahme und die im März gestartete Anhörung des AdR zu der neuen Strategie Barrosos Haltung beeinflusst habe. "EU2020" wird eine "grünere", sozialere Strategie sein, die das Fundament für ein nachhaltiges, langfristiges, krisensicheres Wachstum legen wird - ein Vorschlag, der deutlich in Einklang mit Chapmans Forderung nach einer "Strategie für ein nachhaltiges Europa" steht, die Wirtschaftswachstum an Bedingungen wie Umweltschutz und Verringerung der sozialen Kluft knüpft.

Chapman gab jedoch zu bedenken, dass die ehrgeizigen Ziele der EU2020-Strategie ohne die Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften schwerer zu erreichen sein würden. Insbesondere dann, wenn der Zugang zu Mitteln aus dem EU-Kohäsionsfonds infolge der für nächstes Jahr vorgesehen Überprüfung des EU-Haushalts erschwert wird. "In meiner Stellungnahme will ich deutlich machen, welche Bedeutung eine EU-weite Kohäsionspolitik hat, und zwar sowohl durch die Unterstützung flexibler und zielgerichteter Maßnahmen vor Ort als auch durch die Verwaltungsstrukturen, die lokalen und regionalen Partnerschaften eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Fonds gibt. Durch diese sehr praxisnahe Methode konnte die EU die Verbindung zur lokalen und regionalen Ebene herstellen und einen zusätzlichen Nutzen schaffen. Die Kommission täte gut daran, sich dieser Botschaft nicht zu verschließen und meine Empfehlung zu berücksichtigen, auf diesen integrierenden Ansatz aufzubauen und so eine viel größere Zustimmung zu dieser künftigen Strategie sicherzustellen."

Der AdR verabschiedete außerdem die Stellungnahme von Marianne Fügl (AT/SPE), Vizebürgermeisterin der Marktgemeinde Traisen, zu der Mitteilung der Kommission "Neue Kompetenzen für neue Beschäftigungen: Arbeitsmarkt- und Qualifikationserfordernisse antizipieren und miteinander in Einklang bringen". Fügl betonte, dass der Übergang zu einer "grünen" Wirtschaft, wie er von der Kommission vorgeschlagen wird, Veränderungen für die Arbeitnehmer in Europa mit sich bringen wird: "Durch den Übergang zu einer Wirtschaft mit niedrigem Kohlendioxidausstoß, bedingt durch den Klimawandel sowie fortwährende technische Entwicklung, insbesondere im IKT-Bereich, werden zum Teil weitreichende Umstrukturierungen nötig, die wiederum Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt nach sich ziehen; er bietet zugleich aber Möglichkeiten für neue ('grüne') Arbeitsplätze, die oft multidisziplinär sind und fachübergreifendes Wissen erfordern."

Auch Fügl betonte, dass neue Arbeitsplatzstrategien notwendig sind, um eine starke soziale Dimension zu erhalten. "Der Arbeitsmarkt fordert von der arbeitenden Bevölkerung immer mehr Fähigkeiten und Flexibilität, aber die Forderungen dürfen nicht einseitig sein. Die Wirtschaft hat auch ihren Beitrag zu leisten und muss den Arbeitnehmern Möglichkeiten der allgemeinen und beruflichen Weiterbildung geben." Lokalen und regionalen Gebietskörperschaften wird bei dem Übergang zu dieser grüneren, gerechteren Wirtschaft eine zentrale Rolle zukommen, so Fügl: "Im Bereich der Primär- und Sekundärausbildung sind die Gemeinden und Regionen die Hauptanbieter, hier wird durch die Erstausbildung der Grundstein für die weiteren Kompetenzen gelegt. Die für Mobilität und Weiterbildung notwendigen Rahmenbedingungen, wie Verkehrsanbindungen, Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtungen, liegen sehr oft im Verantwortungsbereich der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften. Sie müssen aber auch mit den Folgen von Arbeitsplatzverlusten und Umstrukturierungen zurechtkommen; darum sollten lokale und regionale Gebietskörperschaften leichter Zugang zu EU-Mitteln, wie etwa aus dem Sozialfonds, haben. Dadurch kann gewährleistet werden, dass die Regionen und lokalen Gebietskörperschaften die Mittel erhalten, die sie rasch und direkt brauchen und dass sie deren Verwendung besser koordinieren können."
     
Informationen: http://www.cor.europa.eu    
     
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