Kreditvergabe des österreichischen Bankensystems…   

erstellt am
01. 12. 09

…unter besonderer Berücksichtigung der Kredite an den Unternehmenssektor
Wien (oenb) - Die Analyse der statistischen Daten sowie der Ergebnisse der Umfragen bei österreichischen Unternehmen geben keine eindeutigen Hinweise für das Bestehen einer Kreditklemme. Allerdings deuten Umfragen bei Unternehmen darauf hin, dass ein Teil der Unternehmen nach wie vor mit verschärften Kreditvergabekonditionen konfrontiert ist. Die seit Jahresbeginn beobachtete Abschwächung der Kreditdynamik dürfte zum überwiegenden Teil auf den bis zur Jahresmitte beobachtbaren starken konjunkturellen Einbruch, der mit rückläufigen Investitionen verbunden war, zurückzuführen sein. Entlastend für die Unternehmen wirkt die in Folge der Zinssenkungsschritte der EZB seit Oktober 2008 gesunkene Zinsbelastung bei allen ausstehenden Krediten. Einige Unternehmen berichten auch von Kreditangebotsbeschränkungen. Das Risiko, dass die Nachhaltigkeit der sich abzeichnenden konjunkturellen Erholung dadurch beeinträchtigt werden könnte, dass das Kreditangebot der Banken hinter dem Bedarf der Unternehmen zurückbleibt, wird aber derzeit als nicht sehr groß eingeschätzt.

Das Jahreswachstum des aushaftenden Kreditvolumens der österreichischen Banken an die Unternehmen hat sich seit Jahresbeginn markant abgeschwächt. Während es bis Jahresende 2008 mit einer Jahreswachstumsrate von durchschnittlich 8% noch erstaunlich robust war, hat sich die Wachstumsrate sukzessive auf 2,1% (September 2009) reduziert. In der kurzfristigen Dynamik stagnierte die Nettokreditausweitung im Durchschnitt der Monate seit Jänner dieses Jahres. Eine Zusatzinformation liefert die seit Beginn 2009 von der OeNB erhobene Neukreditstatistik. Sie zeigt, dass auf Basis der Meldung von 106 Banken durchschnittlich im Monat seit Jänner 2009 über 7,1 Mrd Euro Kredite neu an den Unternehmenssektor vergeben wurden. Etwa 80% der an den Unternehmenssektor neu vergebenen Kredite wiesen eine Laufzeit von bis zu 6 Monaten auf.

Laut Zinssatzstatistik hat sich im Durchschnitt die Zinsbelastung der Unternehmen in Folge der seit Oktober 2008 erfolgten Zinssenkungsschritte der EZB reduziert. Bei neu vergebenen Unternehmenskrediten mit einer Zinsbindungsfrist von bis zu einem Jahr, die das Gros der Neukredite ausmachten, ist eine vollständige Weitergabe der Zinssenkungen zu beobachten. Bei den bestehenden Krediten erfolgte der Rückgang bisher noch nicht in demselben Ausmaß. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass ein Teil des aushaftenden Kreditvolumens über die gesamte Laufzeit fix verzinst ist. Zum anderen orientieren sich die Kundenzinssätze insbesondere von variabel verzinsten Krediten mit längerfristiger Laufzeit nicht nur am Geldmarkt, sondern auch an Kapitalmarktsätzen.

Bei den Krediten an die privaten Haushalte hat sich das Jahreswachstum im Laufe des heurigen Jahres ebenso wie bei den Unternehmenskrediten reduziert, allerdings lässt sich hier bereits ein trendmäßiger Rückgang des Wachstums seit 2005 beobachten. Die Jahreswachstumsrate sank von 3,6% vor einem Jahr auf nunmehr 0,3% im September 2009. Laut Zinssatzstatistik erfolgte die Weitergabe der Leitzinssenkungen bei Kreditzinssätzen von neu begebenen Haushaltskrediten bislang in allen Kategorien zwar in hohem Ausmaß aber noch nicht vollständig. Bei den volumensstärksten Kategorien, nämlich mit Bindungsfrist bis ein Jahr sanken die Durchschnittszinssätze bei Konsum- und Wohnbaukrediten jeweils um 2,5 %-Punkte. Gründe für die verzögerte Weitergabe der Zinssenkungen sind vor allem institutionelle Besonderheiten bei Bausparkrediten.

Die Analyse der statistischen Daten sowie der Ergebnisse der Umfragen bei österreichischen Unternehmen geben keine Hinweise für das Bestehen einer Kreditklemme. Allerdings deuten die Umfragen darauf hin, dass ein Teil der Unternehmen mit verschärften Kreditvergabekonditionen konfrontiert ist. Der Anteil jener Unternehmen, der in den letzten Monaten eine Verschärfung registriert hat, ist weitaus höher, als jener, der von einer Lockerung berichtet. Dies betrifft insbesondere Kreditnebenkosten sowie das Beibringen von Sicherheiten und Informationserfordernissen. Auch Beschränkungen der Kredithöhe bzw. der Kreditlinien wurden bei einigen Unternehmen registriert. Diese Beobachtungen stehen im Einklang mit den durch die wirtschaftliche Abkühlung hervorgerufenen Herabstufungen in der Bonitätsbeurteilung vieler Unternehmen durch die kreditgebenden Banken.

Bei einigen der sehr großen österreichischen Unternehmen ist eine Entlastung bei den Finanzierungsbedingungen zu beobachten. Dies hängt auch mit der seit letztem Frühjahr beobachtbaren Belebung des Unternehmensanleihenmarktes zusammen. Einige Unternehmen haben den nun wieder relativ kostengünstigen Rentenmarkt als Alternative zum längerfristigen Bankenkredit in Anspruch genommen. Die österreichischen Unternehmen emittierten laut Emissionsstatistik brutto seit Jahresbeginn an die 7,6 Mrd. Euro, der Großteil davon wurde seit April begeben. Die Beanspruchung des Rentenmarktes steht jedoch nur wenigen Unternehmen mit gutem Rating offen. Die Eigenmittelaufnahme über den Aktienmarkt ist de facto seit Mitte 2008 zum Erliegen gekommen und bis Ende des 3. Quartals waren keine nennenswerten Neuemissionen zu verzeichnen.

Die rückläufige Kreditdynamik steht zu einem erheblichen Teil im Einklang mit der bis Jahresmitte zu verzeichnenden rezessiven konjunkturellen Entwicklung. Bei einem Teil der Unternehmen ist die Nachfrage nach Krediten gestiegen – zur Finanzierung von Betriebsmittel bei rückläufigem Cash Flow sowie zur Refinanzierung (als Kompensation von Tilgungen von abreifenden Anleihen und Krediten), aber auch in geringem Ausmaß zur Finanzierung von Investitionen. Dies deutet darauf hin, dass die seit Jahresbeginn beobachtbare stagnierende Nettokreditausweitung nicht ausschließlich auf eine abnehmende Kreditnachfrage zurückzuführen ist, sondern möglicherweise auch Kreditangebotsbeschränkungen widerspiegelt. Diese können mit Risikoüberlegungen im Zusammenhang mit der Bonität der Unternehmen sowie mit hohen Refinanzierungskosten der Banken im langfristigen Laufzeitensegment erklärt werden.
     
Informationen: http://    
     
zurück