LH Durnwalders Haushaltsrede   

erstellt am
14. 12. 09

Lebenslanges Lernen, Krise als Chance
Bozen (lpa) - Dass das Schlagwort vom lebenslangen Lernen für alle – und damit auch für Politiker – gilt, hat Landeshauptmann Luis Durnwalder am 11.12. in seiner Rede zum Haushaltsvoranschlag des Landes für 2010 unterstrichen. Die Politiker, so Durnwalder, müssten lernen, mit den aufgrund der Krise geänderten Rahmenbedingungen umzugehen, um die Krise als Chance nutzen zu können.

Böse Zungen, so betonte Durnwalder in seiner Haushaltsrede vor dem Südtiroler Landtag, behaupteten, dass Politiker die einzigen seien, die sich dem lebenslangen Lernen verschlössen: "Wir haben nun mehr denn je die Chance, diesen Glauben als Irrglauben zu entlarven", so der Landeshauptmann, der unterstrich, dass sich die Rahmenbedingungen derart geändert hätten, dass ein "Weiter so" nicht in Frage komme.

Schließlich, so Durnwalder, sei dies das erste Mal, dass er dem Landtag für das kommende Jahr einen geschrumpften Haushalt vorlege. Dies, weil die im Zuge der weltweiten Krise lahmende Wirtschaft geringere Steuereinnahmen erzeugt und die Landesregierung den Haushalt zudem sehr vorsichtig geschnürt habe. "Sicher, wir haben vor wenigen Tagen nach langwierigen Verhandlungen mit Rom eine Lösung für die künftige Finanzierung unserer Autonomie und unserer Zuständigkeiten erreicht", so der Landeshauptmann, der betonte, dass diese es ermögliche, mit künftigen Haushalten zu rechnen, die etwa dieselbe Höhe erreichten wie der vorliegende. Vor allem bringe sie aber einen Ausbau der Autonomie mit sich, etwa im Bereich des Arbeitsmarkts oder der Finanzierung von Uni und Konservatorium.

"Also sicher kein Grund, in Panik zu verfallen, noch weniger aber ein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken", so Durnwalder. "Jede Krise ist auch eine Chance. Die Chance, einiges anders zu machen, die Chance, einiges neu zu machen, die Chance, alte Zöpfe abzuschneiden, die Chance, bisher heilige Kühe zu opfern", so der Landeshauptmann.

Durnwalder betonte, dass es nicht höhnisch klingen solle, von der Krise als Chance zu reden, auch wenn sie einzelne hart getroffen habe. "All diese Schicksale im Gefolge von verlorenen Jobs und einem Leben, das von heute auf morgen aus den Angeln gehoben wird, lassen uns nicht kalt und auch nicht untätig", so der Landeshauptmann. Früh schon seien Gegenmaßnahmen ergriffen worden, auch habe sich der Südtiroler Arbeitsmarkt als stabil erwiesen.

Eingegangen ist Durnwalder heute zudem auf das "System Südtirol", das viele Befürworter der Volksabstimmungen zu Fall bringen wollten. Er sei keiner, so der Landeshauptmann, der "aufgrund einer Krise, einer Wirtschaftskrise noch dazu, das politische System in Frage stellen würde. Und ich bin noch weniger einer, der etwas davon hält, einzelne Steine dieses Systems ins Wanken zu bringen", so Durnwalder, der betonte, dass er nicht gegen Volksabstimmungen sei, sehr wohl aber dagegen, das Volk über Detailfragen abstimmen zu lassen. Dies, weil ein solches System nicht effizient sei, weil es bestehende Zustände eher zementiere als verändere und weil es in einem mehrsprachigen Land schwer umzusetzen sei: Es würde zu einer "Diktatur der Mehrheit" kommen, mit allen Folgen, die dies für Minderheiten hätte, so der Landeshauptmann.

Auf den Haushalt bezogen unterstrich Durnwalder, dass die Landesregierung Schwerpunkte gesetzt habe: in der Bildung, im Gesundheits- und Sozialwesen, in Forschung und Entwicklung. Dazu setze man weiter auf eine innovative Energiepolitik, auf die Förderung der Energieeffizienz (auch mit Hilfe des Kubaturbonus), auf das KlimaHaus und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen.

Einen Überblick gab's darüber hinaus über die antizyklische Wirtschaftspolitik, die die Landesregierung betreibe, samt den nötigen Steuersenkungen. "Wer die Wirtschaftskapitel ansieht, sollte nicht nur Soll-Seite ansehen, also die Beiträge, die effektiv gekürzt werden, sondern auch die Haben-Seite", so der Landeshauptmann. Weniger steuerliche Belastung für die Unternehmen bedeuteten nämlich auch weniger Steuereinnahmen für das Land.

Über Handel, Landwirtschaft, Verkehr, Bürokratieabbau und Kontrollen kam Durnwalder heute auch auf die Umverteilung zu sprechen: Sie, so der Landeshauptmann, sichere ein gewisses Maß an Wohlstand und Chancengleichheit. "Sie darf aber gleichzeitig auch nicht dazu führen, dass das gefördert wird, was uns gesellschaftlich nicht weiterbringt: Faulheit, Ideenlosigkeit, fehlende Risikobereitschaft, Mitläufertum, Mittelmäßigkeit", so Durnwalder.

Eine Klammer öffnete der Landeshauptmann heute zur Politik im Allgemeinen. "Hin und wieder", so Durnwalder, "würde ein bisschen mehr Gelassenheit unserem Metier gut tun. Ein bisschen mehr Tiefgang, ein bisschen mehr Sorgfalt, ein bisschen mehr Inhalt, ein bisschen mehr Sein und dafür ein bisschen weniger Schein, ein bisschen weniger Symbolik, ein bisschen weniger politisches Kalkül, ein bisschen weniger Profilierungssucht". Wenn man nämlich von Politikverdrossenheit rede, dürfe man nicht vergessen, "dass ein gerüttelt Maß dieser Verdrossenheit weniger auf die Politik als auf die Politiker zurückzuführen ist", betonte der Landeshauptmann.

Über die Entwicklung der Euregio kam Durnwalder schließlich auf das Thema Selbstbestimmung. Diese sei, so der Landeshauptmann, einzufordern, wenn Italien den Pariser Vertrag – "unsere Magna Charta" – breche. "Wer heute nach Selbstbestimmung ruft, hält ein Streichholz an das Gruber-Degasperi-Abkommen und lässt völlig im Unklaren, was aus dessen Asche erwachsen soll", betonte Durnwalder.

Man habe, so der Landeshauptmann, 2010 die Chance zu zeigen, dass man fähig sei, schwierige Situationen zu meistern, und willens sei, notwendige und sinnvolle Kürzungen durchzudrücken, "auch wenn das Politbarometer dann vielleicht ein Tief anzeigt". "Nutzen wir die Chance, den Menschen da draußen zu zeigen, dass Politiker keine verkrustete Kaste sind, sondern Menschen, die – wie alle anderen auch – lebenslang lernen, sich lebenslang auf neue Situationen einstellen müssen. Und dies auch können", so Durnwalder abschließend.
     
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