Oberrabbiner sieht Fortschritte im christlich-jüdischen Dialog   

erstellt am
21 01. 10

Paul Eisenberg verweist in „Sonntag“-Interview aber auch auf Irritationen in den letzten Jahren – „Religiöse Überzeugung darf nicht zu Extremismus ausarten, das gilt für alle Religionen“
Wien (pew) - Fortschritte im christlich-jüdischen Dialog sieht der Wiener Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg. Wie Eisenberg im Gespräch mit der Wiener Katholikenzeitung „Der Sonntag“ sagte, sei das Verhältnis im Großen und Ganzen „entkrampfter“: „Über die Furcht, wie wir einander überhaupt anreden sollen, sind wir hinweg“. Auf christlicher Seite sei das Bemühen erkennbar, schon in Unterricht und Erziehung mehr über das Judentum zu informieren. Es gebe auf beiden Seiten engagierte Menschen, die den Dialog voranbringen wollen, betonte der Oberrabbiner und nannte als Beispiel den Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit: „Es sind nicht immer nur der Kardinal und der Oberrabbiner, die einander treffen – wobei ich betonen will, dass ich ein sehr gutes Verhältnis zu Kardinal Schönborn habe“.

Freilich habe es in den vergangenen Jahren auch Irritationen gegeben, merkte Eisenberg an: „In der Aufhebung der Exkommunikation der lefebvrianischen Bischöfe – unter ihnen der Holocaust-Leugner Richard Williamson – ist doch eine Tendenz zu erkennen, zur vorkonziliaren Tradition zurückzukehren. Ein Nebeneffekt ist, dass auch die Fortschritte im Verhältnis zum Judentum etwas gebremst werden“. In diesem Zusammenhang nahm der Oberrabbiner auch zur Auseinandersetzung um die Neuformulierung der Fürbitte für die Juden in Karfreitagsliturgien nach dem Messbuch von 1962 Stellung. Jede Religion habe das Recht, den eigenen Heilsweg als den richtigen zu sehen, „aber in Toleranz gegenüber Andersgläubigen“: „Wenn wir Juden in diesem Text genannt werden, geht uns das etwas an, und da dürfen wir schon sagen, ob wir damit happy sind oder nicht“.

Es gebe viele gemeinsame Herausforderungen für Christen und Juden, betonte Eisenberg. Wichtig sei die Wachsamkeit, dass berechtigte religiöse Überzeugung nicht zu Extremismus ausartet: „Wir wollen ja, dass die Menschen ihre religiösen Überzeugungen festigen. Aber es darf der Punkt nicht überschritten werden, an dem aus der Überzeugung ein gefährlicher Fanatismus wird. Das gilt für alle Religionen“.
     
Informationen: http://www.stephanscom.at    
     
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