Transferkonto / Solidarabgabe für Banken  

erstellt am
20 01. 10

Cap: Banken müssen einen Beitrag zur Krisenfinanzierung leisten
Schieflage im österreichischen Verteilungssystem - Gerechtigkeit ist Produktivfaktor

Wien (sk) - "Im Sinne der Gerechtigkeit gegenüber den österreichischen Steuerzahlern sind die Banken nun gefordert, auch einen Beitrag zur Krisenfinanzierung zu leisten - und zwar ohne Kosten auf Bankkunden abzuwälzen oder den Standort zu wechseln", betonte SPÖ-Klubobmann Josef Cap in seinem Eröffnungsstatement bei der parlamentarischen Enquete zum Thema Verteilungsgerechtigkeit am 20.01. Schließlich sei die Wirtschaft durch die Aktivität des Staates in Krisenzeiten unter Einsatz von Steuergeldern angekurbelt worden. Bankenabgabe, strengere Bestimmungen für Stiftungen, Finanztransaktionssteuer und Aufhebung der Spekulationsfrist sind daher einige Maßnahmen, die zu diskutieren sind. "Gerechtigkeit ist kein esoterisches Gefühl, sondern ein Produktivfaktor", erklärte Cap.
"Im österreichischen Verteilungssystem besteht eine Schieflage", so Cap weiter. Die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung besitzen 54 Prozent des Geldvermögens in der Höhe von 440 Milliarden Euro und 60 Prozent des Immobilienvermögens in der Höhe von 690 bis 880 Milliarden Euro - zusammengerechnet sind dies also bis zu 1300 Milliarden Euro, die in der bisherigen Verteilungsdebatte nicht berücksichtigt wurden, kritisiert Cap.
Zum Transferkonto verwies Cap auf eine ähnliche Diskussion unter der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2000 unter dem Deckmantel der "sozialen Treffsicherheit", die schlussendlich zu massiven Kürzungen bei Sozialausgaben geführt habe sowie zur Einführung der Studiengebühren. "Einem solchen Ansatz stehe ich kritisch gegenüber", erklärte Cap.
"Es geht um die Zukunft Österreich: Gerechtigkeit ist ein produktiver Faktor, der dazu beiträgt, das zarte Pflänzchen Wirtschaftswachstum nicht gleich wieder abzuwürgen", so der SPÖ-Klubobmann abschließend.

 

 Kopf: Transferkonto für mehr soziale Treffsicherheit
ÖVP-Klubobmann bei der parlamentarischen Enquete zur Verteilungs- und Leistungsgerechtigkeit: "Fehlende Transparenz ist Nährboden für Neid!"
Wien (övp-pk) - Österreich gehört zu den Ländern mit der gleichmäßigsten Einkommensverteilung. Ursache dafür ist die hohe Umverteilung vom oberen Einkommensdrittel zum unteren. Trotzdem haben wir auch vielfach Probleme mit der Armutsbekämpfung, also mit der Treffsicherheit der sozialen Leistungen, die wir in hohem Maße gewähren. Das bestätigt auch eine aktuelle Umfrage, wonach 48 Prozent der Bevölkerung der Meinung sind, dass in Österreich die Sozialleistungen nicht bei jenen ankommen, die diese brauchen. Das erklärte ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf am 20.01. am Beginn der parlamentarischen Enquete zur Verteilungs- und Leistungsgerechtigkeit in Österreich, wo auch das von der ÖVP vorgeschlagene Transferkonto zur Diskussion steht.

Gründe für die fehlende Treffsicherheit liegen für Kopf beim fehlenden Überblick für den einzelnen Bürger, bei den vielen bürokratischen Hemmnissen, bei falschen Anreizen, starren, leistungshemmenden Einkommensgrenzen und beim System-Missbrauch. "Wenn wir also über die Treffsicherheit unseres Transfersystems eine politische Debatte führen wollen, brauchen wir konkrete Informationen, Daten und Fakten. Dazu soll das Transferkonto dienen, das die ÖVP vorgeschlagen hat", führte der ÖVP-Klubobmann aus. Dieses Transferkonto könne viele der vorgenannten Ursachen beseitigen: es brächte

  • für den Bürger/die Bürgerin mehr Information und weniger Bürokratie,
  • für die Behörden bessere Übersicht und bessere Kontrollmöglichkeiten
  • und der Politik bessere Entscheidungsgrundlagen.


"Die Verteilungsdebatte wird von einigen fälschlich als Neiddebatte diffamiert. Aber gerade die fehlende Transparenz ist doch in Wahrheit der Nährboden für Neid. In diesem Sinne befürworten laut der aktuellen Umfrage auch 68 Prozent der Österreicher die Einführung eines Transferkontos", betonte Kopf.

"Österreich ist wirtschaftlich stark, und hat eine sehr solidarische Gesellschaftsordnung. Die Österreichische Volkspartei bekennt sich zu diesem Sozialstaat. Aber bei 42 Prozent Steuer- und Abgabenquote muss eine Diskussion über die soziale Treffsicherheit möglich sein. Wir brauchen die Akzeptanz der Bevölkerung für unser Sozialsystem durch mehr Treffsicherheit, Gerechtigkeit und Missbrauchsresistenz. Punktuelles Bashing der Banken-Branche, wie es mein SPÖ-Vorredner Josef Cap versucht hat, löst die Probleme nicht. Lassen Sie uns also diskutieren, wie wir das mit dem Transferkonto verbessern können", schloss Kopf sein Eingangsstatement.


 

Kickl: Mindestsicherung in derzeitiger Form Affront für jede Familie mit Erwerbseinkommen
Armut bei Familien wird höchstens einzementiert, weil mit einem solchen Modell kaum mehr Leistungsanreize gegeben sind
Wien (fpd) - "Wenn man über Verteilungs- und Leistungsgerechtigkeit in Österreich diskutiert, dann geht die Mindestsicherung in ihrer derzeitigen Form völlig daran vorbei", erklärte FPÖ-Sozialsprecher NAbg. Herbert Kickl. "Besonders krass werden die Unterschiede bei der Mindestsicherung, die ab September 2010 bundesweit eingeführt werden soll, im Bereich der Familien sein. Man könnte eigentlich von einem Rohrkrepierer sprechen. Denn gerade Familien mit niederen Einkünften werden nicht einsehen, warum sie überhaupt noch einer Erwerbstätigkeit nachgehen sollen", betonte der freiheitliche Sozialsprecher.

Zur Erläuterung führte Kickl ein kurzes Rechenbeispiel an: Als Beispiel A nehme man eine Familie mit drei Kindern - wobei nur ein Alleinverdiener anzunehmen sei - mit einem Brutto-Monats-Einkommen von 1.647,76 Euro. Laut dem Brutto-Netto-Rechner des Finanzministeriums komme dieser Alleinverdiener auf ein Netto-Jahreseinkommen von 18.212,32 Euro, wobei der Alleinverdienerabsetzbetrag für 3 Kinder bereits eingerechnet worden sei. Eine Mindestsicherungs-Familie ohne Einkommen dagegen (man nehme an, dass kein Fall von Schwarzarbeit vorliegt) mit ebenfalls 3 Kindern bekomme aus der Mindestsicherung 12-mal im Jahr 1.116,00 Euro für die beiden Elternteile und jeweils 133,90 Euro für die drei Kinder (insgesamt also 401,70 Euro). Die Mindestsicherung pro Monat betrage also 1.517,70 Euro, was auf das Jahr umgerechnet den Betrag von 18.212,40 Euro ausmache.

Obwohl der arbeitende Familienerhalter aus dem oben angeführten Beispiel um 8 Cent pro Jahr weniger netto herausbekomme als die Mindestsicherungs-Familie, zahle er oder sie nicht weniger als 4.135,54 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen und 720,78 Euro an Lohnsteuer. Die Familienbeihilfe würden beide in gleicher Höhe bekommen, der Mindestsicherungsempfänger / die Mindestsicherungsempfängerin habe jedoch vollen Anspruch auf alle sonstigen Sozialleistungen, Vergünstigungen und Ermäßigungen. "Die Differenz des zur Verfügung stehenden Geldes pro Monat dürfte also in diesem Beispiel einige hundert Euro ausmachen", fuhr Kickl fort. Ziehe man beim arbeitenden Familienerhalter noch Ausgaben im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit ab (Fahrtkosten, Bekleidung, teurere Verpflegung als zuhause, etc.), die steuerlich nicht oder nur unzureichend absetzbar seien, dann erhöhe sich der Unterschied weiter zu Gunsten eines Mindestsicherungsbeziehers. Diese Spirale setze sich außerdem immer weiter fort: Bei 4 Kindern müsse der/die Werktätige schon 1.825,50 Euro Brutto verdienen, um Netto auch nur annähernd an den Mindestsicherungsbezieher heranzukommen. "Die Frage, die sich nun stellt: Wer soll ein solches Modell noch als leistungsgerecht empfinden? Statt den Menschen Leistungsanreize zu geben, wird hier - und das sage ich nochmals - nur Armut auf hohem Niveau einzementiert", so Kickl abschließend.

 

Bucher: Soziale- und Steuergerechtigkeit nötig
Derzeit keine Daten und Fakten, wie hoch die Transferleistungen sind
Wien (bzö) - "Wir haben keine Daten und Fakten, um sich ein Bild zu machen, wie hoch die Transferleistungen sind - das ist eine ungenügende Situation für uns als Gesetzgeber", erklärte BZÖ-Chef Josef Bucher in seiner Rede zur parlamentarischen Transferkonto-Enquete. Diese Erhebung sei eine Grundvoraussetzung, "damit jeder, der es benötigt, zu den ihm zustehenden sozialen Transfers kommt - und nicht jene, die sie gerne hätten", so Bucher. Denn Soziale- und Steuergerechtigkeit seien nötig - ausgeführt von einer einzigen Stelle, dem Finanzamt.

Derzeit gibt es über 200 verschiedene Sozialleistungen von den Gemeinden bis zum Bund - "wir brauchen einen Überblick, um von einer gemeinsamen Basis auszugehen", verlangte Bucher. Die Studie zum Thema Steuergerechtigkeit habe gezeigt, dass die Sozial- und Steuersysteme reformbedürftig sind.

Bucher verlangte, dass alle Transfers nur über eine einzige Stelle gehen. Das Finanzamt müsse gleichzeitig eintreibende und auszahlende Behörde sein, damit bleibe der Überblick gewahrt, "damit Anspruchsberechtigte nicht um zustehende Beträge umfallen", so Bucher.

Die Enquete habe gezeigt, dass alle Parteien im Grunde genommen die gleichen Argumente zu dem vom BZÖ geforderten Transferkonto haben, wenn auch mit unterschiedlichen Zugängen. Für Bucher steht fest, "dass zumindest die Diskussion konkreter verlaufen wird." Neben mehr Sozialer- und Steuergerechtigkeit muss laut Bucher auch Verwaltungseffizienz beachtet werden. Der Frage "Sollen wir uns hohe Verwaltungskosten leisten?" sei jedenfalls eine klare Absage zu erteilen, so Bucher.

 

 Öllinger: ÖVP-Transferkonto ist ein Spitzelkonto
Kogler: Transparenz bei Stiftungen, Parteikonten und Politikereinkommen statt "gläsernem Bürger"
Wien (grüne) - "Die ÖVP plant ein Neid- und Spitzelkonto für alle Bürgerinnen und Bürger", kritisiert Karl Öllinger, Sozialsprecher der Grünen: "Mit dem so genannten Transferkonto will die ÖVP herausfinden, wer einen Säuglingsgutschein der Gemeinde bekommt, an einer frauenspezifischen Ausbildung teilnimmt, Kirchenbeitrag bezahlt, wer wieviele Medikamente verschrieben bekommt und wieviele Bücher liest." Das angebliche Transferkonto ist das ÖVP-Einfallstor zum gläsernen Menschen.

Das Spitzelkonto der ÖVP bringt keinem einzigen Menschen dieses Landes irgendeinen Vorteil. Keine Behörde hat weniger Arbeit, kein Mensch ein besseres Leben und kein zusätzlicher Euro findet seinen Weg ins Budget. "Das ist nicht transparent und bürgernah", so Öllinger, "sondern teuer, bürokratisch und ein bedenklicher Schritt zum totalen Überwachungsstaat."

Wer Transparenz wolle, müsse bei sich anfangen, fordert Öllinger: "Die ÖVP soll ihre Blockade gegen eine Offenlegung von Parteikonten, Parteispenden und Politikereinkommen aufgeben und der Vernebelungspolitik bei ihren eigenen Parteikassen ein Ende setzen. Die Menschen sollen wissen, wer die Parteien mit Spenden versorgt, aber auch, dass PolitikerInnen Familienleistungen aus dem Budget bekommen, obwohl sie dafür keinen Beitrag leisten", meint Öllinger. Auch Werner Kogler, stv. Klubobmann und Finanzsprecher der Grünen, fordert echte Transparenz: "In Stiftungen werden Millionen vor dem Fiskus versteckt. Diese Stiftungen haben Privilegien, die kein Bürger und keine Bürgerin in diesem Land in Anspruch nehmen kann. Da muss schnellstens Transparenz geschaffen werden." Hier blockiere die ÖVP aber ebenso hartnäckig wie etwa beim Bankgeheimnis für Multimillionäre. Und da schließe sich auch der Kreis, so Kogler: "Mit Transparenz bei Stiftungen und Transparenz bei Parteispenden finden sich dann auch ein paar Namen auf beiden Listen. Und davor scheinen einige in der Regierung Angst zu haben."

 

Leitl: Spekulantensteuer statt Bankensteuer
WKÖ-Präsident verweist auf Zahlungen der Banken für Staatshilfe - gegen zusätzliche Belastungen der Betriebe - Investitionsprämie zur Konjunkturbelebung
Wien (pwk) -"Ich bin für eine Spekulantensteuer statt einer Bankensteuer", hält WKÖ-Präsident Christoph Leitl von einer Sonderabgabe für Geldinstitute recht wenig. Die Situation der österreichischen Banken sei mit jener in den USA kaum vergleichbar. Dort, wo Banken Staatsgeld und Staatshaftungen in Anspruch nehmen, sollen sie dafür auch zahlen. Leitl: "In Österreich ist das schon jetzt der Fall, wenn ich etwa an die Haftungsentgelte denke. Und für die Inanspruchnahme von Staatskapital müssen die heimischen Banken Zinsen von acht bis neun Prozent zahlen. Auch das ist ein Beitrag zur Krisenbewältigung." Eine zusätzliche Abgabe käme einer Strafsteuer für die heimischen Banken gleich, welche nichts dafür könnten, dass gierige Großspekulanten in New York und London eine globale Finanzkrise ausgelöst hätten. Und es bestehe auch die Gefahr, dass letztlich Privatkunden und Betriebe zur Kasse gebeten werden, sollte es eine Zinsverteuerung geben.

Leitl will stattdessen die Spekulanten zur Kasse bitten: "So wie Kanzler und Vizekanzler trete ich für eine europäische bzw. internationale Finanztransaktionssteuer ein. Wer am Finanzmarkt spekuliert, soll dafür auch Steuern zahlen. Darüber gibt es eine breite Einigkeit."

Leitl verwies auch auf die Befürchtungen der Notenbank, wonach 2010 eine Abschwächung des Wachstumstrends möglich ist. Nun gelte es, statt zusätzlicher Belastungen für die Betriebe Anreize für eine rasche Wachstumserholung zu setzen. Eine wichtiger Wachstumsdämpfer seien derzeit die lahmenden Investitionen der Betriebe. Leitl: "Statt der vorzeitigen Abschreibung, für die budgetär mit 250 Millionen Euro vorgesorgt ist, sollte es eine Investitionsprämie im selben Förderausmaß geben. Das ist budgetneutral. Eine Prämie wäre in Zeiten wie diesen besonders attraktiv und ein Anreiz insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe."
 
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