Justiz  

erstellt am
28 01. 10

Expertenrat hat Arbeit abgeschlossen
Wien (bmj) - Der von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner einberufene Expertenrat hat seine Arbeit abgeschlossen. Aufgaben waren die Evaluierung der Funktionsfähigkeit der Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaft sowie Vorschläge zur erhöhten Transparenz von staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte.

Die Vorschläge des Expertenrates zum Thema Transparenz lauten zusammengefasst:
Die Staatsanwaltschaften sollen die Einstellungsgründe bei Strafverfahren mit besonderem öffentlichem Interesse (unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes) veröffentlichen dürfen. Dieses Recht soll bei Gericht durchgesetzt werden können. Gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft auf Einstellung eines Verfahrens gibt es den Rechtsbehelf des Fortführungsantrages, über den ein unabhängiges Gericht entscheidet. In Zukunft soll die Möglichkeit dieses Fortführungsantrages erweitert werden: Der Rechtsschutzbeauftragte soll im Fall besonderer öffentlicher Interessen einen Fortführungsantrag stellen können.

Opfer könnten besseren Zugang zur staatsanwaltlichen Einstellungsbegründung erhalten, worüber im Streitfall ebenfalls ein Gericht zu entscheiden hätte.

Die Ergebnisse und Vorschläge des Expertenrates zum Thema Fachaufsicht lauten zusammengefasst:
Die derzeit vorhandenen Kontrollmechanismen (Berichtspflichten, Revision, Aufsichts- und Weisungsbefugnisse) werden als ausreichend angesehen. Zur Vervollständigung des Rechtsschutzsystems könnte allerdings das Instrument der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes auf Akte der Staatsanwälte im Ermittlungsverfahren erweitert werden.

Zwei weitere Punkte betreffen die Forcierung der fachübergreifenden Ausbildung (EDV, Bank- und Rechnungswesen, Betriebswirtschaft usw.) sowie die vermehrte Teamarbeit innerhalb der Staatsanwaltschaften. Bei den beiden letztgenannten Punkten hat die Bundesministerin bereits konkrete Maßnahmen gesetzt. So wurde durchgesetzt, dass die Justiz insbesondere Bankexperten anstellen kann. Der Staatsanwaltschaft wurde für das Hypo Alpe Adria-Verfahren bereits eine eigene Bankexpertin zur Verfügung gestellt. Wirtschaftskompetenzzentren am Sitz der Oberstaatsanwaltschaften sind in Planung. Dies geht Hand in Hand mit einer ebenfalls bereits konkret geplanten Reform der Ausbildung: In Zukunft sollen angehende Richter und Staatsanwälte Praktika etwa auch bei Wirtschaftstreuhändern oder in Rechtsabteilungen von Unternehmen absolvieren können.

Die anderen Vorschläge werden nun - auch in Gesprächen mit Vertretern aus der Praxis - auf ihre Umsetzbarkeit geprüft. Bundesministerin Bandion-Ortner sprach dem Expertenrat ihren Dank aus.

Geleitet wurde das Gremium von Generalprokurator i.R. Gottfried Strasser, ehemaliger Verfahrensanwalt des Eurofighter- sowie Innenministeriums-Untersuchungsausschusses.

Dem Expertenrat standen als Mitglieder bzw. Konsulenten darüber hinaus zur Verfügung
Dr. Brigitte Bierlein, Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes
Univ. Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter, Wirtschafstuniversität Wien
Univ. Prof. Dr. Manfred Burgstaller, Universität Wien
Dr. Eckart Rainer, ehemaliger leitender Oberstaatsanwalt in der Staatsanwaltschaft Innsbruck.

 

Jarolim: Was derzeit in Justizpolitik getan wird, ist zu wenig
In den letzten zehn Jahren Verwahrlosung der Wirtschaftskultur und der Effizienz des Wirtschaftsrechts
Wien (sk) - "Die in den letzten zehn Jahren aufgetretenen Delikte machen eine Verwahrlosung der Wirtschaftskultur und insbesondere auch der Effizienz des Wirtschaftsrechts deutlich", betonte SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim bezugnehmend insbesondere auf die Causae Hypo Alpe Adria und BUWOG am 28.01. in einer Pressekonferenz. Als Verantwortliche dafür sieht Jarolim Schwarz-Blau-Orange und das System Schüssel-Grasser. Es gelte, bei den Verfahren im Kapitalmarktbereich den Anschluss an die europäischen Rechtsstaaten zu finden.

Jarolim regt an, die Kontrollen weiter auszubauen und eine Art "Finanzmarktpolizei" einzurichten. Eine enge Einbindung und Zusammenarbeit von Finanzmarktaufsicht, Übernahmekommission und Wettbewerbskommission sei anzustreben. Denn die Delikte in diesem Bereich seien großteils auf die Fälschung der Bilanzen und die verfälschte Darstellung von Rechtsgeschäften zurückzuführen. Auch die Einbindungen der Universitäten und die Expertise von Professoren seien sinnvoll und zu forcieren - bereits in der Ausbildung sollte vermehrt angesetzt werden. "Was derzeit getan wird, ist zu wenig", so Jarolim. Auch gelte es, die Systeme der Rechtsanwendung zu optimieren, etwa die Kronzeugenregelung.

Martinz wegen Causa Hypo Alpe Adria für Jarolim rücktrittsreif
Der SPÖ-Justizsprecher verwies auf die Rolle des Kärntner ÖVP-Landesrates Josef Martinz in der Causa Hypo. Martinz, der auch Landesholding-Aufsichtsratschef ist, erteilte seinem Bekannten Dietrich Birnbacher den Auftrag, die Sinnhaftigkeit des Verkaufs von Hypo-Anteilen aus Kärntner Sicht zu prüfen. Allerdings wurde der Vorstand erst ein Jahr später darüber informiert - nämlich als das Honorar Birnbachers fällig wurde. Der Kostenpunkt für das Gutachten, das nirgends dokumentiert ist und daher mündlich erfolgt sein muss, wurde mit 12 Millionen Euro angesetzt. Eine, so Jarolim, "unverschämte Forderung". Der SPÖ-Justizsprecher verdeutlichte, dass man für diesen Betrag laut üblichem Stundensatz einer internationalen Wirtschaftsprüfungskanzlei 34.000 Stunden tätig sein müsste. Jarolim kündigte ein schriftliches Ersuchen um Stellungnahme an die Wirtschaftskammer an, wie aus Sicht der Kammer diese Vorgänge zu bewerten sind. Auch sollte der Betrag, der zuviel bezahlt wurde, schlussendlich wurden 6 Millionen gezahlt, rückgefordert werden. "Es geht ja schlussendlich um Steuermittel", betonte Jarolim. Martinz ist für Jarolim rücktrittsreif, auch ÖVP-Obmann Josef Pröll sei hier gefordert, "Klarheit zu schaffen".

Möglichkeit von Gruppenklagen vorantreiben
Jarolim betonte auch neuerlich seine Forderungen nach einer raschen Umsetzung der Möglichkeit von Gruppenklagen. Dieses Instrument ermöglicht wesentlich zügigere Verfahren für die Anspruchsteller und entlastet die Justiz. "Da es nichts kostet und nur Vorteile bringt, ist die Justizministerin gefordert, diese Möglichkeit voranzutreiben", so der SPö-Justizsprecher.

Terrorismusbekämpfung mit Augenmaß und unter Wahrung der Grundrechte
Jarolim verwies darauf, dass bereits im Regierungsabkommen zur Terrorismusbekämpfung ein Unterpunkt zu Hasspredigern festgehalten ist. Der vom Justizministerium ausgearbeitete Ministerialentwurf sei allerdings zurecht von zahlreichen Stellen sowie Expertinnen und Experten kritisiert worden. Der SPÖ-Justizsprecher betonte, dass der Entwurf eine ganz massive Einschränkung der Grundrechte darstelle und außerdem die Falschen treffen könnte. "Wir werden diese Vorlage ablehnen und Diskussionen fordern, damit unter Einbeziehung von Justiz und Lehre vernünftige Bestimmungen zustande gebracht werden, die unter Wahrung der Grundrechte dem im Regierungsabkommen festgehaltenen Ziel gerecht werde."

Späte Reaktion und mangelndes Führungsverhalten der Justizministerin bei Skandal-Urteil
Der SPÖ-Justizsprecher kritisierte auch das Verhalten der Justizministerin in dem als "Skandal-Urteil" in die Medien eingegangenen Fall von häuslicher Gewalt. Die Urteilsbegründung, in der von einer "allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung" ausgelöst durch eine Ehe-Scheidung die Rede war, wurde zurecht kritisiert. Erst nach etlichen Tagen und heftigen Protesten wurde in einem Erlass des Justizministeriums klargestellt, dass eine "allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung" jedenfalls bloß aufgrund einer Trennung oder Scheidung nicht geltend gemacht werden kann.

Jarolim kritisierte, dass die Justizministerium ihre Rolle als oberste Weisungsgeberin der Staatsanwaltschaft nicht erfüllt habe. Die Justizministerin verwies lediglich darauf, dass sie auf die Judikatur keinen Einfluss nehmen wolle. Selbst den Erlass habe Bandion-Ortner nicht selbst der Öffentlichkeit dargelegt und Stellung bezogen, was die Staatsanwaltschaft zu tun habe und was nicht, sondern sie habe lediglich einen Ministerialbeamten vorgeschoben. Auch sei eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes durch die Generalprokuratur anzudenken - auch hier ist die Justizministerin die Weisungsspitze -,um den Fall vor den OGH zu bringen.

"Es stellt sich die Frage, ob die Weisungsspitze tatsächlich bei der Justizministerin am besten aufgehoben ist. Ich hoffe, dass ehebaldigst Führungsqualitäten gezeigt werden." Die Umstände rund um diese Causa und den Erlass des Ministeriums würden allerdings deutlich zeigen, dass die Einsetzung eines Bundesstaatsanwalts, wie das die SPÖ seit langem fordere, überfällig ist.

 

Amon kritisiert Jarolims fehlendes Sicherheitsbewusstsein
Donnerbauer: Jarolim pfeift auf Faymanns Ziel der Gemeinsamkeit
Wien (övp-pk) - Als "sachlich unbegründet" bezeichnet ÖVP-Abgeordneter Werner Amon die Weigerung von SPÖ- Justizsprecher Hannes Jarolim, dem Anti-Terrorgesetz zustimmen zu wollen. Mit der Verschärfung des Gesetzes werde der Schutz der Bevölkerung ausgebaut und der Terror an den Wurzeln bekämpft. Amon ist der Obmann des ständigen Unterausschusses zur Überprüfung von Maßnahmen zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit, dem sogenannten "STAPO-Ausschuss".

"Justizministerin Bandion-Ortner ist mit dem neuen Terrorismuspräventionsgesetz auf dem richtigen Weg. Wir können nicht tatenlos zusehen, wenn sich Terrorgruppen immer besser vernetzen, die Terrorgefahr steigt und der Gesetzgeber erst nach mörderischen Anschlägen aktiv wird."

"Jarolim verkennt offenbar die Realität. Da wir auch in Österreich feststellen, dass immer mehr junge Muslime an sogenannten 'Terror-Camps' teilnehmen, und gerade aufgrund der Ereignisse der vergangenen Wochen muss der Terrorismus an den Wurzeln bekämpft und der Gesetzgeber aktiv werden. Sonst können Anschläge nicht mehr vereitelt werden und es kommt tatsächlich zu deren Umsetzung mit fatalen Folgen", zeigt sich Amon über das mangelnde Sicherheitsbewusstsein Jarolims befremdet.

"Sicherheit ist eines der obersten Grundrechte der Bürger überhaupt. Es ist daher absolut unterstützenswert, wenn schon die Ausbildung für terroristische Zwecke oder das Anleiten von Sprengstoffattentaten im Internet unter Strafe gestellt wird", betont Amon, und abschließend: "Der SPÖ-Justizsprecher muss sich seiner Verantwortung für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher bewusst sein. Statt dringend nötige Maßnahmen zu torpedieren, ist gemeinsame Konstruktivität gefragt."

Donnerbauer: Jarolim pfeift auf Faymanns Ziel der Gemeinsamkeit
"Jarolim pfeift auf Faymanns Ziel der Gemeinsamkeit in der Bundesregierung", stellt ÖVP- Justizsprecher Mag. Heribert Donnerbauer angesichts der jüngsten Aussagen des SPÖ-Justizsprechers fest, und weiter: "Was gilt das Wort des Kanzlers in der SPÖ noch, wenn SPÖ-Heckenschützen ständig die gemeinsamen Anstrengungen zur Krisenbewältigung torpedieren?" Oberstes Anliegen der Bundesregierung muss es sein, Österreich gestärkt aus der Krise zu führen. "Dazu braucht es gemeinsame Bemühungen, Konstruktivität und vor allem Konsens in wichtigen Fragen", so Donnerbauer weiter.

Mit der personellen Aufstockung um 35 Richter und Staatsanwälte hat Finanzminister Josef Pröll gemeinsam mit Justizministerin Claudia Bandion-Ortner die richtigen Maßnahmen gesetzt, um die Justiz für wichtige Verfahren, wie etwa die Causa Hypo, entsprechend zu stärken. "Diese Bemühungen werden auch von SPÖ- Beamtenministerin Heinisch-Hosek begrüßt. Seltsam, dass Jarolim hier gegen die eigene Ministerin Konflikte schürt", hebt Donnerbauer hervor, und ergänzt: "Die Personalfrage gibt es nicht erst seit gestern. Sie war auch schon zu Zeiten von SPÖ- Justizministerin Berger ein Thema. Die Frage ist, warum die SPÖ nicht schon damals reagiert hat", so der ÖVP-Justizsprecher. Zudem war es Ministerin Bandion-Ortner, die eine Gesetzesänderung initiert hat, um seit Beginn dieses Jahres externe Experten für Fachgebiete aufnehmen und die Justiz damit weiter stärken zu können. "Sehr eigenartig, dass gerade die SPÖ das lange verhindern wollte", so Donnerbauer, und abschließend: "Auch SPÖ-Justizsprecher Jarolim ist eingeladen, konstruktiv zusammenzuarbeiten und damit Faymanns Ziel der Gemeinsamkeit umzusetzen."

 

 Steinhauser: Verständnis für Forderungen der Justiz-StandesvertreterInnen
Grüne warnen, dass Rechtsstaat für manche BürgerInnen nicht mehr leistbar sein wird
Wien (grüne) - "Es ist völlig absurd, wenn jetzt die Ergebnisse der Personalbedarfsstudie bei den RichterInnen und StaatsanwältInnen in Frage gestellte werden. Immerhin hat das Justizministerium diesen Prozess mitgetragen", kritisiert der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser das Vorgehen von Beamtenministerin Heinisch-Hosek und Justizministerin Bandion-Ortner. "Völlig vergessen wird, dass mit der Strafprozessreform der Aufgabenbereich der StaatsanwältInnen massiv ausgeweitet wurde. Gemessen an Deutschland, das einen vergleichbaren Aufgabenumfang für StaatsanwältInnen vorsieht, müsste es in Österreich aber rund 150 StaatsanwältInnen mehr geben, was zeigt, dass die Forderungen der StandesvertreterInnen ohnedies äußerst realistisch gehalten sind. Auch bei den RichterInnen wurden seit Jahren keine zusätzlichen Planstellen geschaffen. Die Tatsache, dass weniger Verfahren anhängig sind, sagt nichts über die Komplexität der Verfahren aus", so Steinhauser.

"Aufrufe zur Effizienz sind zwar nett, treffen am Ende aber immer die Rechtsschutzsuchenden", kritisiert Steinhauser. Gespart wird dann beispielsweise bei den Amtstagen. Auch neue und höhere Gebühren für Klagen oder Kopien, die den Arbeitsanfall offensichtlich verringern sollen, treffen die BürgerInnen. "Esist zu befürchten, dass der Rechtsstaat dann für manche nicht mehr leistbar ist. Wer Geld hat, kann seine Rechte mit einer Heerschar an AnwältInnen immer durchsetzen. Wer sich das aber nicht leisten kann, bleibt auf der Strecke, wenn die Justiz personell und strukturell unter Magersucht leidet", warnt Steinhauser.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet sich in der Regel nach deren
Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion.

 
zurück