Kampf dem Fehlerteufel   

erstellt am
28 01. 10

Ein an der Uni Graz entwickeltes Programm behebt Lese-Rechtschreib-Störungen
Graz (universität) - „Tsettel“, schpielen“ oder „Schitzrichter“ – diese und andere Fehler passieren rund 15 Prozent aller SchülerInnen im deutschsprachigen Raum. Am Institut für Psychologie der Karl-Franzens-Universität Graz wurde deshalb in Kooperation mit dem Lese-Rechtschreib-Institut ein Trainingsprogramm entwickelt, das Kindern und Jugendlichen spielerisch besseres Lesen und Rechtschreiben beibringen soll. Bislang nahmen rund 100 SchülerInnen an dem kostenlosen Training teil; die ForscherInnen suchen aber noch laufend ProbandInnen. Die Wirksamkeit der Kurse wurde bereits in drei Studien überprüft und bestätigt. „Ein neuer Ansatz vertreibt den Fehlerteufel aus den Schulheften“, bestätigt Mag. Nadja Kozel, Doktorandin im Rahmen des Projekts, das von Priv.-Doz. Dr. Andreas Fink und Priv.-Doz. Dr. Christian Enzinger geleitet wird.

Kozel erklärt den Ablauf der Studie: „Zu Anfang wird eruiert, ob die Schwächen der ProbandInnen eher im Lesen, im Rechtschreiben oder in beiden Bereichen vorliegen. Danach stufen wir die Testpersonen in die jeweils passende Trainingsgruppe ein. Besonders wichtig ist uns hier der individuelle Zugang zu jeder/jedem ProbandIn.“ Zwei Kurse stehen für die Kinder und Jugendlichen – sie sind zwischen 9 und 16 Jahre alt – zur Auswahl. In der „Schule des Lesens“ trainieren die TeilnehmerInnen des Projekts sinnverstehendes Lesen. Die Rechtschreibung wird mit dem Computerprogramm „Morpheus“ spielerisch geübt. Völlig neu ist der Ansatz dieses Trainings: Die Wörter werden in ihre Morpheme aufgeschlüsselt. Morpheme sind die kleinsten, lexikalisch definierten Einheiten einer Sprache. Kozel erklärt: „ Das Wort ‚Umfahrung‘ zum Beispiel besteht aus der Vorsilbe ‚um‘, dem Wortstamm ‚fahr‘ und der Nachsilbe ‚-ung‘. Wenn die Kinder wissen, dass der Wortstamm ‚fahr‘ immer mit einem Dehnungs-‚h‘ geschrieben wird, können sie eine Vielzahl von Wörtern richtig schreiben, ohne dass jedes Wort einzeln gelernt werden muss.“

Nach einer ersten Evaluation werden die TeilnehmerInnen ein paar Wochen später nochmals mit einem Elektroenzephalogramm, kurz EEG, getestet. Damit werden die Auswirkungen des Trainings auf die Hirnaktivierung untersucht. „Charakteristisch für Personen mit Lese-Rechtschreib-Störung ist eine geringe Aktivität in sprachrelevanten Arealen des Gehirns“, erklärt die Wissenschafterin. Ein Training erhöht demnach die Aktivierung in diesen Gehirnregionen. Neben Kozel arbeiten Dr. Reinhard Kargl und Mag. Christian Purgstaller vom Lese-Rechtschreib-Institut, sowie Mag. Daniela Gebauer und Bernd Schneeberger vom Institut für Psychologie der Uni Graz an der Weiterentwicklung des Programms.

Mit dem Gebiet der Lese-Rechtschreib-Trainingsprogramme setzte Kozel sich bereits in ihrer Diplomarbeit auseinander, für die sie im Jahr 2009 den mit insgesamt 3.000 Euro dotierten Preis der „Initiative Gehirnforschung Steiermark“ erhielt. Das Programm „Morpheus“ soll es auch bald in englischer Sprache geben. Die Kurse werden schulbegleitend am Lese-Rechtschreib-Institut in Graz/Andritz durchgeführt.

Mehr über dieses Forschungsprojekt hören Sie im Webradio der Uni Graz in der Rubrik „Junge WissenschafterInnen stellen sich vor“ auf http://www.uni-graz.at/webradio
     
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