Heinz Fischer startet am 23. März in den Wahlkampf  

erstellt am
15  02. 10

Spendensammlung läuft bereits – Zur Offenlegung bereit, wenn dies auch andere Kandidaten tun – Aufhebung des Habsburg-Verbots sachlich diskutieren
Wien (apa) - Bundespräsident Heinz Fischer will ab 23. März intensiv für seine Wiederwahl werben. An diesem Tag soll "mit einer Rede zur Wiederkandidatur" der Wahlkampf-Auftakt stattfinden. "Dann sind knapp fünf Wochen Zeit für die Phase einer intensiven Wahlwerbung", sagt er im APA-Interview. Zur Offenlegung von Wahlkampfspenden ist er auf der Basis einer Vereinbarung mit den Mitbewerbern – also ähnlich wie 2004 - grundsätzlich bereit. Und zwar nach den derzeit geltenden Richtlinien für die Parteien, wonach Spenden ab 7.260 Euro an den Rechnungshof-Präsidenten gemeldet werden.

Über die Zahl der Gegenkandidaten will sich der Präsident keine Gedanken machen. "Es gibt ein Kriterium, und zwar 6.000 Unterschriften." Da die FPÖ bereits eine Kandidatur angekündigt hat, "ist die Gefahr, dass es keinen Gegenkandidaten gibt, vorbei". Nun ist gerade die FPÖ nicht für eine feine Klinge bekannt. Fürchtet Fischer einen "grauslichen" Wahlkampf, wie es Wiens Bürgermeister Michael Häupl ausdrückte? Die Bevölkerung wolle einen Bundespräsidenten, der auch "im Stil die Anforderungen des Amtes erfüllt", meint er dazu. "Ein ,grauslicher' Wahlkampf würde einem Kandidaten wahrscheinlich mehr schaden als nutzen."

Budget für seinen Wahlkampf, den Heinz Fischer nur "Wahlwerbung" nennt, hat er noch keines und er nennt auch keine Wunsch-Summen. Das Spendensammeln hat aber bereits begonnen. "Firmen, Institutionen, und Einzelpersonen" sollen ihn unterstützen. Auch Fundraising-Veranstaltungen sind geplant. Die Wahlkampffinanzen will er offenlegen, wenn sich alle Kandidaten darauf einigen: "Ich glaube, dass das sinnvoll wäre."

Sein Personenkomitee erfreut sich Heinz Fischers Aussagen zufolge regen Andrangs, "binnen weniger Tage, wenn nicht sogar Stunden" sei eine Liste "von bekannten und eindrucksvollen Persönlichkeiten aus verschiedenen Lagern" entstanden. Weitere Überraschungen nicht ausgeschlossen.

"Sicherheit, Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und Fairness" nennt Heinz Fischer schon heute als wichtige Botschaften.

Dass das Kandidatur-Verbot für Habsburger und für Angehörige anderer ehemals regierender Häuser aufgehoben wird, kann sich Heinz Fischer durchaus vorstellen. Eine solche Änderung eines seit 90 Jahren bestehenden Verfassungsgrundsatzes bedarf aber einer sorgfältigen Vorbereitung. „Warum sollten zum Beispiel die Bundesländer oder andere wichtige Institutionen nicht die Gelegenheit erhalten im Rahmen eines Begutachtungsverfahren dazu Stellung zu nehmen?“, sagte Heinz Fischer.

Ein Vorgehen nach der Methode „Speed Kills“ sei bei einer solchen Frage wohl nicht angebracht. Aber letzten Endes werde der Nationalrat über Inhalt und Form einer Verfassungsänderung entscheiden. Eine erfolgreiche Anfechtung der Wahl fürchtet er nicht: „In der Causa Habsburg-Lothringen ist die Verfassungslage eindeutig.“

"Nicht jeder Asylwerber ein Krimineller
Klare Worte hat Bundespräsident Heinz Fischer im APA-Interview zur Asyldebatte gefunden: "Nicht jeder Asylwerber ist ein Krimineller. Diesen Satz möchte ich nicht nur aussprechen, sondern auch verteidigen", stellte das Staatsoberhaupt fest. Heinz Fischer betonte, dass das Asylrecht zu den Menschenrechten gehöre. Möglicher Missbrauch müsse bekämpft werden, "aber das darf nicht dazu führen, dass alle Asylwerber unter einen Generalverdacht gestellt werden."

Die Diskussion solle "mit Sachlichkeit und mit Argumenten auf der Basis unseres Menschenbildes geführt werden", wünscht sich Heinz Fischer.

Im Vordergrund müsse das Bemühen um eine Lösung im Rahmen der Verfassung stehen. Er warnte davor, sich "von jener Aufgeregtheit anstecken zu lassen, mit der manche Themen bei uns hochgespielt werden". Eine ruhige sachliche Debatte könne auch helfen, der Politik- und Demokratieverdrossenheit entgegenzuwirken.

Im Zusammenhang mit der von Innenministerin Maria Fekter (V) geforderten Anwesenheitspflicht von Asylwerbern verweist Heinz Fischer auf relativ viele Gesetzesänderungen in "relativ kurzer Zeit" beim Asylwesen. Wichtig bei solchen Novellen seien Sorgfalt und Bedachtnahme auf die Verfassung bzw. die Judikatur des VfGH. Zudem verwies der Bundespräsident auf die zuletzt rückläufigen Asylzahlen: Es gelte zu prüfen, ob dieser Trend längerfristig anhält oder nur vorübergehend sei. Zum Widerstand aus den Bundesländern gegen die Errichtung eines dritten Erstaufnahmezentrums blickt Fischer nach Vordernberg: Die Vereinbarung zur Errichtung eines Schubhaftzentrums in der steirischen Gemeinde zeige, dass man nicht überall auf Widerstand stoße, wenn man gute Argumente habe und die Bevölkerung einbinde.

Nicht eindeutig festlegen wollte sich der Bundespräsident bezüglich der Volksbefragung im Südburgenland zu Eberau. "Probleme lösen wir nicht, indem wir Volksbefragungen als Allheilmittel betrachten, aber auch nicht, indem wir sie in Acht und Bann setzen und als Übel betrachten." Aber wenn man eine Volksbefragung durchführe, dann würde es wenig Sinn machen, sich nicht an das Ergebnis zu halten. "Das ist eine Frage der politischen Vernunft und Glaubwürdigkeit."

Budgetsanierung zum "richtigen Zeitpunkt" - Zivildienst: Reformen möglich, aber Warnung vor Auflösung der Wehrpflicht
Als zwei ganz große Brocken für die Politik nannte der Bundespräsident die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Sanierung des Staatshaushaltes. Die Maßnahmen zur Budgetsanierung müssten "plausibel sein und dem Prinzip der Gerechtigkeit und der Begründbarkeit entsprechen". Er glaube nicht, dass man das heute schon "in die Sprache konkreter Maßnahmen und Zahlen übersetzen kann", meinte Heinz Fischer. Den Vorwurf, wonach sich die Regierung mit einer möglicherweise verspäteten Vorlage des Budget über die Landtagswahlen im Herbst retten wolle, teilt der Bundespräsident nicht. Das Kriterium sei, "zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung zu treffen". Das könne vor oder nach einer Landtagswahl sein.

"Die wichtigste Aufgabe ist nicht, vor einer Wahl zu entscheiden, sondern in der Sache richtig und zum optimalen Zeitpunkt zu entscheiden." Abhängig sei dieser Zeitpunkt von der konjunkturellen Entwicklung, von europäischen Entscheidungen und von der sorgfältigen Vorbereitung.

Zu den zum Teil in desolaten Zustand befindlichen Kasernen stellte der Oberbefehlshaber des Bundesheeres fest, es sei zu begrüßen, dass sich der Verteidigungsminister dieser Aufgabe stelle. Dies sei "schwierig, weil der budgetäre Rahmen sehr knapp" ist. Dass einzelne alte Kasernen den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprechen, wisse man schon länger, Abhilfe könne man aber nur schrittweise schaffen.

Grundsätzlich stellte Heinz Fischer für alle Ministerien fest, dass "die notwendige Sparsamkeit nahe an die Schmerzgrenze herangerückt ist oder diese schon erreicht hat."

Auf die Bremse steigt Heinz Fischer bezüglich der vor allem von Jugendorganisationen gewünschten Aufhebung der Gewissenserklärung für den Zivildienst. "Reformen sind möglich, aber die Grenze wird dort erreicht, wo die allgemeine Wehrpflicht sich auflösen würde." Über gewisse Modifikationen könne man diskutieren, etwa ob Zivildiener keinen Jagdschein machen dürfen oder wie viele Jahre sie keinen Beruf ausüben dürfen, der mit Waffengebrauch verbunden ist. Grundsätzlich glaube er jedoch, dass - wenn das Bundesheer in der Lage sein soll seine Aufgabe weiter zu erfüllen – die Wehrpflicht aufrecht bleiben und der Zivildienst eine zusätzliche Möglichkeit "für einen begrenzten Personenkreis" bleiben sollte. "Der Zivildienst ist eine Ergänzung, aber keine völlig frei zu wählende Alternative zum Wehrdienst", stellte Heinz Fischer fest, der 1973 als Abgeordneter selbst Vorsitzender des Unterausschusses zur Erarbeitung des Zivildienstgesetzes war, das damals einen riesigen Fortschritt bedeutete.   mk/ks
 
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