Theater an der Wien startet mit "Die Besessenen" Uraufführungszyklus   

erstellt am
11  02. 10

Wien (theater-wien) - Eine mit Schauermomenten durchsetzte Odysee aus der gefühlslosen konsumorientierten Gegenwart in den Moment der Erkenntnis feiert mit "Die Besessenen" ab 19. 02. im Theater an der Wien seine Uraufführung. Bei einem gar nicht schauerlichen, gut gelauntem Mediengespräch stellte Opern-Intendant Roland Geyer, zusammen mit dem Komponisten und Dirigenten Johannes Kalitzke und Regisseur Kasper Holten, am 10.02. die Uraufführung der "kompakten kleinen Oper, die wie ein Espresso wirkt" (Holten) vor. Mit "Die Besessenen" startet das Theater an der Wien einen Uraufführungszyklus für die nächsten fünf Jahre. Geyer erinnerte daran, dass er dieses Vorhaben bereits bei seinem Amtsantritt angekündigt hat: "Nun ist es soweit."

Grundlage für "Die Besessenen" ist ein Kolportageroman des polnischen Schriftstellers Witold Gombrowicz (1904-1969), der 1939 als Fortsetzungsgeschichte erstmals in zwei polnischen Tageszeitungen erschien, dann als verschollen galt und 1967 wiederentdeckt wurde. In den tragenden Rollen des 80minütigen Stückes singen unter anderem die Sopranistin Hendrickje Van Kerckhove ("Maja"), der Bariton Leigh Melrose ("Cholawicki") und der Altist Jochen Kowalski ("Fürst Holszanski"). Musikalisch steht für die Uraufführung das Klangforum Wien zur Verfügung, ein Umstand, den Geyer besonders goutiert. "Es zählt zu den wichtigsten Orchestern der Stadt".

Für Kalitzke, der 2006 Bernhard Langs "I hate Mozart" im neuen Opernhaus an der Wien dirigierte, war in Gombrowiczs Geschichte "sofort eine besondere Musikalität enthalten". Nachdem auch Geyer nach Lektüre der "Besessenen" beeindruckt war - "Einzig der lange verloren geglaubte Schluss der Geschichte driftet etwas ab" (Geyer) - , gab es umgehend die Bestätigung von Kalitzkes Vorschlag für die Oper. Mit der Erstellung des Librettos konnte Christoph Klimke gewonnen werden. "Insgesamt gab es vier Versionen, bis wir den vertrackten Schluss der Geschichte geknackt hatten", erinnerte sich Kalitzke.

Gemeinsam mit Kasper Holten, der die künstlerische Leitung der Königlichen Oper Kopenhagen inne hat und vor drei Jahren im Theater an der Wien die Regie für Mozarts "Le nozze di figaro" mit viel Witz und Verve meisterte, einigte sich Kalitzke auf eine "Interpretationslinie", was etwa bedeutet, dass aus dem ursprünglichen Handlungsort des Schlosses ein Supermarkt mit Schloss-Charakter wurde. "Sehr oft kommt es ja nicht vor, dass ein lebender Komponist einen Regisseur im Opernfach trifft", merkte Kalitzke, der seine Oper auch dirigieren wird, launig an. Schaurige Momente enthält die "Espresso"-Oper ebenso: Laut Auskunft der Künstler spielt ein herrenloses Handtuch, an dem sich laut Inhalt der Fürstensohn erdrosselt haben soll, eine relevante Rolle in dem Stück, bei dem es um eine wertvolle Kunstsammlung, eine vom Scheitern bedrohte Liebe und einen an Schuldgefühlen leidenden Fürsten geht.

Darüber hinaus legt Holten einen Schwerpunkt auf die allseits vorherrschende Konsumwelt, der er eine Entwürdigung des Einzelnen diagnostizierte. Zentrale Figur der "Besessenen" ist die Figur der Maja, die auf schmerzvolle Weise einen Weg aus der Konsum-Hohlheit finden möchte. Wo sie hin gelangt, ist aber nicht das geglückte Paradies, versichert Holten, "eher ist es wie im Film 'Matrix', wo die Wirklichkeit auch nicht besonders schön anzusehen ist.

"Theater an der Wien (6., Linke Wienzeile 6): "Die Besessenen" von Johannes Kalitzke (Uraufführung), Premiere am 19. Februar, weitere Spieltermine: 21., 23., 25. Februar, Beginn: jeweils 20.00 Uhr.
     
Informationen: http://www.theater-wien.at    
     
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