Krebs: "Ur-Gen" entdeckt   

erstellt am
11  02. 10

Forscher weisen Krebsgen in urzeitlichen Vielzellern nach
Innsbruck (universität) - Auf der Suche nach den Ursachen von Krebserkrankungen haben Biochemiker und Entwicklungsbiologen der Universität Innsbruck gemeinsam den Ursprung eines wichtigen menschlichen Krebsgens 600 Millionen Jahre zurückverfolgt. In Süßwasserpolypen konnten sie erstmals das Onkogen myc nachweisen und zeigen, dass es in den urzeitlichen Tieren ähnliche biochemische Eigenschaften wie beim Menschen hat. Die Forscher berichten darüber in der renommierten Fachzeitschrift PNAS.

Das myc-Gen ist entscheidend am Wachstum von Organismen beteiligt. Es erzeugt ein Protein, das als Genregulator die Expression von 15 Prozent aller menschlichen Gene steuert. Das heißt es kontrolliert, ob diese Gene aktiviert oder deaktiviert sind. Ist das myc-Gen verändert, kann das Wachstum der Zellen außer Kontrolle geraten und zu einer Krebserkrankung führen. In 30 Prozent der menschlichen Tumore ist ein mutiertes myc-Gen nachweisbar. „Um die Fehlsteuerung durch das Krebsgen besser zu verstehen, müssten wir wissen, welche Gene genau durch myc reguliert werden und welche davon für Krebserkrankungen bedeutend sind“, sagt Prof. Klaus Bister vom Institut für Biochemie der Universität Innsbruck. Weil der menschliche Organismus aber sehr komplex ist, arbeitet die Forschung gerne mit einfacheren Modellorganismen. Die Ergebnisse werden dann auf den Menschen übertragen. Genau einen solchen Organismus haben die Innsbrucker Forscher um Klaus Bister, Markus Hartl und Bert Hobmayer nun für das myc-Gen gefunden. Sie konnten das Krebsgen erstmals in Süßwasserpolypen (Hydren) nachweisen und haben gezeigt, dass es dort über ganz ähnliche Eigenschaften verfügt wie beim Menschen.

Krebsgen in Stammzellen gefunden
Die zwei Millimeter großen Hydren haben zu den ersten Vielzellern gehört, die sich auf der Erde vor rund 600 Millionen Jahren entwickelt haben und sie besiedeln noch heute viele Gewässer. „Es ist erstaunlich, dass wir dieses Krebsgen in einem so einfachen Organismus finden konnten“, sagt der Hydren-Spezialist Hobmayer vom Institut für Zoologie. „Dass sich das Gen in der Evolution von den Hydren bis zum Menschen erhalten hat, ermöglicht es uns nun, an diesen Tieren die biologischen und biochemischen Funktionen des myc-Gens genauer zu untersuchen und dann Schlüsse auf den Menschen zu ziehen“, ergänzt Klaus Bister. Besonders interessant ist die Entdeckung der Innsbrucker Forscher auch deshalb, weil sie das Krebsgen vor allem in den Stammzellen der Hydren nachweisen konnten. „Mit unseren Untersuchungen werden wir wahrscheinlich auch interessante Aussagen über Stammzellen machen können“, sagt Prof. Bister. Diese Stammzellen verhelfen den Süßwasserpolypen zu einer bemerkenswerten Regenerationsfähigkeit. Mit ihrer Hilfe erneuern sich die Tiere in fünf Tagen vollständig und können damit theoretisch unendlich alt werden.

Erfolg für Forschungsschwerpunkt
Entstanden ist die Forschungsarbeit in einer Kooperation von Wissenschaftlern der Institute für Biochemie, Zoologie und Organische Chemie an der Universität Innsbruck, die im Forschungsschwerpunkt für Molekulare Biowissenschaften (CMBI) zusammenarbeiten. „Die Idee, das Krebsgen in diesen urzeitlichen Süßwasserpolypen zu suchen, entstand auf einer gemeinsamen Tagung“, erklärt Prof. Klaus Bister, einer der Gründungsväter des CMBI und dessen erster Leiter. „Das gemeinsame Projekt ist eine direkte Folge der Zusammenarbeit im Forschungsschwerpunkt der Universität Innsbruck.“ Die Ergebnisse wurden nun in der Online-Ausgabe der angesehenen amerikanischen Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht. Der Österreichische Wissenschaftsfonds FWF hat die Forscher bei Ihrer Arbeit unterstützt.

Publikation: Stem cell-specific activation of an ancestral myc protooncogene with conserved basic functions in the early metazoan Hydra. Hartl M, Mitterstiller AM, Valovka T, Breuker K, Hobmayer B and Bister K. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) Early Edition. DOI: 10.1073/pnas.0911060107
     
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