Änderung der Bundesverfassung  

erstellt am
17  02. 10

 Keuschnigg: Bundesrat gewinnt durch Lissabon-Vertrag an Bedeutung
ÖVP-Bundesrat: "Wichtige Schnittstelle zwischen Bund und den Ländern"
Wien (övp-pk) - Der Lissabon-Vertrag bringt einen Ausbau der Rechte und Aufgaben der nationalen Parlamente und stärkere Mitwirkungsmöglichkeiten an den Gesetzgebungsprozessen des Europäischen Parlaments. Darüber hinaus werden die Subsidiaritätsrechte und die Informationspflichten verstärkt. Dies alles bedeutet für den Bundesrat als wesentliche Schnittstelle zwischen Bund und Ländern eine große Verantwortung, wodurch die Länderkammer zusätzlich an Bedeutung gewinnt. Das erklärte der Vorsitzende des EU-Ausschusses des Bundesrates, Georg Keuschnigg, am 17.02..

"Der Vertrag von Lissabon muss nun mit Leben erfüllt werden. Dafür haben die Klubobleute der Koalitionsparteien, Karlheinz Kopf und Josef Cap, einen konkreten Vorschlag erarbeitet, der auch für den Bundesrat von Bedeutung ist", fuhr Keuschnigg fort und hofft darauf, dass die Verhandlungen über die neuen Verfassungsbestimmungen nun zügig geführt werden sollen. "Auf den Bundesrat kommen in Zukunft mehr Mitwirkungsmöglichkeiten, Informationspflichten und Einspruchsrechte zu. Der Parlamentarismus wird mit mehr Leben erfüllt und für die Menschen greifbarer. Dafür muss aber gerade der Bundesrat als Schnittstelle zwischen EU, Bund und Ländern viel Verantwortung übernehmen".

Ausdrücklich werden nun auch die Landtage in diesen neuen Beratungs- und Gestaltungsprozess eingebunden. "Auch dadurch wird der Bundesrat künftig noch mehr zu einem wichtigen Bindeglied", so Keuschnigg. Darüber hinaus bezog sich Keuschnigg auch auf die sogenannte "Brückenklausel" im neuen EU-Vertrag. Hierbei kann es aufgrund genau festgelegter Bedingungen zu einem Übergang vom Einstimmigkeitsprinzip zur qualifizierten Mehrheit kommen. Um die Einbindung der nationalen Parlamente bei diesem Schritt sicher zu stellen, ist vorgesehen, dass der Nationalrat mit Zustimmung des Bundesrates einem entsprechenden Antrag der Bundesregierung mit Zwei-Drittel-Mehrheit ausdrücklich und bereits im Vorhinein zustimmen muss. Es muss dafür eine klare Genehmigung von Nationalrat UND Bundesrat vorliegen. Es liegt also auch an der Länderkammer, dass klare Mehrheiten zustande kommen", betonte Keuschnigg abschließend.

 

FPÖ lehnt "Lissabon-Novelle" der Bundesverfassung ab
SPÖ/ÖVP-Entwurf enthält keineswegs ein "Mehr an Demokratie", sondern beschneidet die Länder in ihren Kompetenzen
Wien (fpd) - "Wir bringen dieser Tage eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gegen den Vertrag von Lissabon ein, und gehen davon aus, dass eine Änderung der Bundesverfassung wegen des Lissabon-Vertrages gar nicht notwendig sein wird," so der FPÖ-Bundesparteiobmann und Klubobmann Heinz-Christian Strache. Es sei zwar keine Frage, dass man geltendes Recht in irgendeiner Form auch umsetzen werde müssen, doch gegen Lissabon seien eben noch nicht alle Mittel ausgeschöpft. "Den Österreichern aber in Bezug auf den Vertrag von Lissabon Sand in die Augen zu streuen, und so wie SPÖ-Cap und ÖVP-Kopf zu behaupten, der Vertrag bringe ,mehr Demokratie‘, ist schwer abzulehnen", so Strache.

"Denn die geplanten Änderungen in Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip, bzw. die Subsidiaritätsprüfung würden die einzelnen Landtage de facto ausschalten und keineswegs mehr, sondern weniger Mitbestimmung bedeuten", erklärt der freiheitliche Bundesparteiobmann, warum die FPÖ nicht nur prinzipiell, sondern auch sachlich nicht für die Änderung der Bundesverfassung sein werde. "Es muss gewährleistet sein, dass die Meinung eines Landtages ausreichend für eine österreichische Forderung nach einer Subsidiaritätsrüge ist".

Das unterstreicht auch der freiheitliche EU-Delegationsleiter Andreas Mölzer: "Ganz grundsätzlich muss man festhalten, dass die so genannte ?gelbe Karte? - eine Subsidiaritätsrüge gegenüber der EU-Kommission - ohnehin zu wenig weitreichend sei, zumal zumindest ein Drittel der EU-Mitgliedsstaaten eine solche fordern muss." Die FPÖ fordere daher - wie schon im Vorfeld der Verhandlungen zum Vertrag von Lissabon - in Hinblick auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips eine "rote Karte" - also den Einspruch eines nationalen Parlamentes als ausreichendes Mittel für eine Subsidiaritätsrüge. "Eine solche Änderung wird aber nur möglich sein, wenn man den Vertrag von Lissabon entsprechend novelliert, bzw. neuverhandelt, in welche Richtung diese Europäische Union gehen soll", so Mölzer abschließend.

 

 Grünes Expertenhearing zu Lissabon-Vertrag
Van der Bellen fordert Begutachtungsphase für von Regierungsparteien vorgelegten Entwurf
Wien (grüne) - "Eine Verfassungsänderung zur Umsetzung des Lissabon-Vertrages ist sinnvoll", darüber herrschte Einigkeit unter den Experten bei dem von den Grünen veranstalteten Expertenhearing zum Thema "Was bringt der Lissabon-Vertrag für Österreich". Einer ersten Bewertung durch die Professoren Funk, Hummer, Öhlinger und Zögernitz wurde auch der präsentierte Vorschlag der Regierungsfraktionen unterzogen. Eva Glawschnig, die Bundessprecherin der Grünen, wertete es bereits als ersten Erfolg der Grünen, dass das heutige Hearing gestern die Regierung veranlasst hat, rascher als ursprünglich geplant eine Verfassungsinitiative zu setzen.

Inhaltlich kritisierte Glawischnig, dass mit den gestrigen Verfassungsvorschlägen von SPÖ und ÖVP "notwendige rechtliche Änderungen" vorgelegt worden seien, die "europapolitische Kür" sei damit allerdings noch nicht gelungen. Alexander Van der Bellen, außenpolitischer Sprecher der Grünen erläuterte, dass es auch einer Reform der parlamentarischen Geschäftsordnung bedarf, die es ermöglicht, dass etwa auch Kommissionspräsident Barroso im Plenum des Nationalrates reden darf. Betreffend der Verfassungsänderungen forderte Van der Bellen "eine kurze zügige Begutachtung" ein, da sei ein notwendiger Standard bei einer Verfassungsänderung.

Prof. Öhlinger, der eine Verfassungsänderung für zwingend erachtete, kritisierte am Entwurf der Regierungsparteien, dass Einspruchsrechte zu verfassungsmäßig garantierten Zustimmungsmehrheiten ausgebaut würden. "Damit könnte eine europaskeptische Oppositionspartei mit einem Drittel der Stimmen jeglichen einstimmigen Regierungsbeschluss auf europäischer Ebene blockieren", gab Öhlinger zu bedenken. Prof. Funk sprach von eine sinnvollen, aber nicht zwingend notwendigen Verfassungsänderung aufgrund von Lissabon.

Der ehemalige Klubdirektor der ÖVP, Werner Zögernitz, hielt ebenfalls eine Verfassungsänderung für "sinnvoll", allerdings plädierte er in Sachen Anpassung der Geschäftsordnung für Qualität statt für ein zu rasches Vorgehen: "Es braucht einen Beobachtungszeitraum für die Anwendung der neuen Verfassungsbestimmungen in direkter Anwendung des Lissabon-Vertrages, damit eine weitere Geschäftsordnungsnovelle nicht ins Leere geht."
     

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