Wienbibliothek: "Schwerer als Luft"-Ausstellung setzt zum Landeanflug an   

erstellt am
16  02. 10

Wien (rk) - Zum Landeanflug setzt die im Ausstellungskabinett der Wienbibliothek noch bis 26. Februar zu sehende Schau über die Wiener Luftfahrt an. "Schwerer als Luft. 100 Jahre Motorflug in Wien", kuratiert von Hubert Prigl, Markus Reuter, Marcel Atze, Thomas Aigner und Julia König-Rainer, ist eine sehenswerte, detailreiche Ausstellung zur Fluggeschichte der Stadt. Lässt man einmal die Porträts der vielen Flieger und Piloten von 1900 bis zur Gegenwart zur Seite, dann nehmen einen vor allem die vielen, heute längst vergessenen Landeplätze in der Stadt ein. Bei der Reichsbrücke landeten ungarische Wasserflugzeuge auf der Donau - hier mussten nämlich keine Gebühren bezahlt werden -, am Küniglberg errichteten die Briten nach 1945 eine kleine Rollbahn, auf der Wasserwiese im ehemaligen Überschwemmungsgebiet trafen einander die Segelflieger, in Heiligenstadt flogen die Amerikaner bis 1955 unter anderem übergelaufene sowjetische Militärs aus der Besatzungszone in Richtung Westen. Gewohnt vom Bild des großen Jumbos und seiner Artverwandten gewinnen die filigranen Flugzeuge der frühen Zeit einen eigentümlichen Reiz. Über eine bedeutende Flugzeugbau- Geschichte verfügt Wien zwar nicht - bis zum Ersten Weltkrieg wurden Maschinen hier gebaut, danach stieg Wiener Neustadt zur Fliegerbau-Stadt auf- , sehr wohl jedoch eine bemerkenswerte Flugplatz-Geschichte, weit vor Schwechat. Apropos Schwechat: Eigentlich stand es um Schwechat bei der Suche nach dem zentralen Zivilflughafen gar nicht gut, da Experten Deutsch-Wagram und Langenlebarn bevorzugten, da Schwechat zu viele Nebeltage aufwies.****

Bis in die 60er Jahre waren auch "Spaßflüge" über Wien erlaubt. Ein schwerer Unfall am 16. Mai 1964 über der Stadt, das abgestürzte Flugzeug landete in der Josefstadt, machte damit jedoch schlagartig Schluss. Seitdem sind Rundflüge über Wien, früher ein durchwegs einträgliches Geschäft privater Unternehmen, untersagt und nur mehr dem Rettungseinsatz gestattet. Eine Statistik am Ende des Rundganges durch die Ausstellung weist nach, dass vergangenes Jahr mehr als drei Einsätze pro Tag geflogen wurden. Auch an weitere spektakuläre Unfälle jener "Männer in den fliegenden Kisten" wird erinnert: So etwa an die Notlandung Gustav Haucks im Jahr 1933 direkt im Donaukanal, die gimpflich für die drei Insassen abging, jedoch über großen Schauwert verfügte. Seltene bzw. erstmals gezeigte Aufnahmen, teilweise stammen sie aus dem Photoarchiv der Polizei, erinnern nachdrücklich an die vielen unterschiedlichen Bemühungen in Wien, den Himmel, der einem Klischee nach voller Geigen hängen soll, auch dem Motorflug zu öffnen. So etwa erinnert eine Aufnahme aus dem Jahr 1952 an die erste Hubschrauberlandung der US-Armee auf dem Rathausplatz.

Nicht zu unrecht thematisiert die trotz vieler Objekte luftig wirkende Schau auch den militärisch durchtränkten Piloten-Nimbus, der etwa im Hollywood-Film - so nachzulesen bei der Filmhistorikerin Sabine Fuchs im entsprechenden Katalogbeitrag - ein vom US-Militär gern gefördertes Kontinuum darstellt. Die musikalische Seite des Fliegens deckt "Schwerer als Luft" ebenso ab, wie die Entwicklung der städtischen "Tagträume" via "luftigem" Straßenplakat. Die Selbstverständlichkeit mit der heute ein Flug gebucht wird, war noch in den 60er Jahren etwas Außergewöhnliches. Aufnahmen diverser repräsentabler Niederlassungen internationaler Fluggesellschaften in Wien, darunter PanAm, dokumentieren dies.

Besondere Aufmerksamkeit gilt auch dem als "Bordbuch" getarnten Katalog: Neben den Erzählsträngen der Schau, die sich in kurzen, aber bündig formulierten Aufsätzen wiederfinden, besticht die im Metro Verlag ( www.metroverlag.at ) erschienene Publikation vor allem auch durch die reiche Bebilderung der Geschichte der Luftfahrt, die weit mehr zeigt als Wolken, Sonne und blauen "Ikarus"-Himmel.

Wienbibliothek im Rathaus (Rathaus, Stiege 6, 1. Stock, Ausstellungskabinett): "Schwerer als Luft. 100 Jahre Motorflug in Wien", bis 26. Februar 2010, Öffnungszeiten: Mo-Do 9.00-18.30 Uhr, Fr 9.00-16.30 Uhr, Führungen auf Nachfrage: Telefon: 4000-84926, gleichnamiger Katalog (160 Seiten): 15 Euro
     
Informationen: http://www.wienbibliothek.at    
     
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