Az W schreibt mit "arbeitsgruppe 4" Architekturgeschichte nach 1945 weiter   

erstellt am
04  03. 10

Wien (azw) - Wilhelm Holzbauer, Friedrich Kurrent, Johannes Spalt und bis 1953 dabei: Otto Leitner: Der "boys group der 50er Jahre", so Dietmar Steiner vom Architekturzentrum Wien (Az W), widmet das Az W bis 31. Mai die Schau "x projekte der arbeitsgruppe 4" und füllt damit die Gedächtnislücke zum Thema Wiener Architektur ab den 1950er Jahren weiter aus. Im Unterschied zur "moderaten Moderne" eines Erich Boltensterns (Erbauer des Ringturms) oder eines Oswald Haerdtl (Wien Museum am Karlsplatz), aber auch zu den weit ausgreifenden utopischen Entwürfen des "Austrian Phenomenons", erinnert die aktuelle Schau an die 1950 mehrheitlich wirklich jungen Architekten Holzbauer (20 Jahre), Kurrent (19 Jahre) und Spalt (30 Jahre), die teils noch Studenten, teils bereits fertige Architekten sehr pragmatisch in der Fuhrmannsgasse 4 im 8. Bezirk eine Architekten-Gemeinschaft mit dem anonymen Namen "arbeitsgruppe 4" bildeten. Orientiert am neuen Teamwork-Gedanken, geprägt von ihrem Professor Clemens Holzmeister, praktisch, weil mit der Arbeitsgruppe bei Wettbewerben problemlos eingereicht werden konnte, entwickelten die "3/4ler" - so der Name nach Ausscheiden Leitners rund um den Wettbewerb für den Bau des Museum der Stadt Wien am Karlsplatz (heute: Wien Museum) - im Laufe von zwei Jahrzehnten rund 120 Arbeiten, von denen etwa ein Dutzend auch gebaut wurde. Die von Sonja Pisarik und Ute Waditschatka in dreijähriger Vorarbeit kuratierte und von Siegfried Loos und Margot Fürtsch (Gruppe polar) als 27 Meter langer und 4 Meter breiter Sperrholztisch architektonisch umgesetzte Schau bietet einen genauen, wie auch unprätentiösen Überblick über das Schaffen dieser Arbeitsgemeinschaft, von der Hermann Czech gemeint hat: "Die arbeitsgruppe 4 hat nicht nur die moderne Architektur nach Österreich gebracht, sondern gleichzeitig den Modernismus überwunden."

Nicht nur legendäre Atelierfeste oder die Aufführung des "Schwurfingers" der Wiener Gruppe manifestierten den Ruf der "arbeitsgruppe 4", sondern vor allem deren beeindruckende Produktivität beim Entwerfen, Publizieren und realem Umsetzen. Berühmt wurde etwa der Kirchenbau "Zum kostbaren Blut" in Salzburg-Parsch (1955/56) mit künstlerischen Zuarbeiten von Fritz Wotruba, Oskar Kokoschka, Josef Mikl und Jakob Adlhart, wie auch die Errichtung des Seelsorgezentrums Steyr-Ennsleiten (1959-1961) und des Kolleg St. Josef in Salzburg-Aigen (1961-1964). Neben der erfolgreichen Teilnahme an diversen Wettbewerben - so errang die arbeitsgruppe 4 1953 einen Achtungserfolg durch Ankauf ihrer Wettbewerbseinreichung beim Bau des Museum der Stadt Wien (heutiges Wien Museum) -, machten sie sich neben diversen Einreichungen zu Schulneu- und -umbauten, auch mit dem Entwurf einer Wohnraumschule (1953) einen Namen im Schulbau. In Wien bauten sie unter anderem in der Seilergasse das Musikhaus 3/4 (1959; in den 70er Jahren zerstört), das Cafe 3/4 in der Neubaugasse (1954; in den 70er Jahren zerstört), bei einem Wohnbau-Projekt der Gemeinde Wien in Floridsdorf legten sie nach langjährigen Verhandlungen das Projekt zurück, am Spitz in Floridsdorf verwirklichten sie den Um- und Neubau einer Zentralsparkassen-Filiale (1970-1974), detto auch in der Reinprechtsdorfer Straße (1969-1971). Im Kunsthistorischen Museum stammt von ihnen die "Neue Galerie" (1966/1967) und die Errichtung der "Sekundärgalerie" (1968).

Die Schau selbst führt das Schaffen der Gruppe anhand eines stilisierten, mit 27 Metern beeindruckend langen Atelier-Zeichentisches vor. Während man an der kurzen Frontseite Video-Interviews mit Holzbauer, Kurrent und Spalt anhören kann, ist der Tisch mit seinen diversen "eingelassenen" Modellentwürfen, Plänen und Erläuterungen das passend gewählte Trägermedium dieser Schau, die mit ihren Blick zurück nicht zuletzt auch an die "Kultur der Architektur" (Steiner) nachdrücklich erinnert.

Zur Schau selbst ist ein umfangreicher 250seitiger Katalog erschienen. Darüber hinaus bietet ein Rahmenprogramm nicht nur Begegnungen mit den Protagonisten der arbeitsgruppe 4 (24.3.: Friedrich Kurrent, Johannes Spalt, Beginn: 18.00 Uhr; 14.4.: Wilhelm Holzbauer, Beginn: 18.00 Uhr; 5.5.: Hermann Czech, beginn: 18.00; 26.5.: Friedrich Achleitner, Beginn: 18.00 Uhr), sondern darüber hinaus auch noch Exkursionen zu den wichtigsten Bauten dieser heute in die Jahre gekommenen "boys group".
     
Informationen: http://www.azw.at    
     
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