Entdeckung des relativen Aldosteronüberschusses   

erstellt am
18  03. 10

Grazer Forscher zeigen erstmals, dass bisher als normal angesehene Aldosteron-Hormonwerte mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfall und plötzlichem Herztod verbunden sind
Graz (med-uni) - Bisher als "normal" interpretierte Werte von Aldosteron, einem Hormon für die Regelung des Salz- und Wasserhaushaltes, sind mit einem deutlich erhöhten Risiko für Herz- und Gefäßschäden, plötzlichem Herztod und tödlichem Schlaganfall verbunden. Dies konnte ein Forscherteam der Med Uni Graz das erste Mal nachweisen.

Das Hormon Aldosteron wird in den Nebennieren produziert und ist über seine Wirkung in der Niere bei der Regulation des Salz- und Wasserhaushaltes entscheidend beteiligt. Ein absoluter Überschuss dieses Hormons, welcher als primärer Hyperaldosteronismus bezeichnet wird, findet sich bei etwa 5 bis 10 % aller Bluthochdruckpatienten. Daher dürften in etwa 80.000 bis 160.000 Österreicher von einem absoluten Aldosteronüberschuss als häufigste "behandelbare Form des Bluthochdrucks" betroffen sein. Typisch für diesen Aldosteronüberschuss ist ein medikamentös schwer einstellbarer Bluthochdruck. Mittel- bis langfristig führt der absolute Aldosteronüberschuss zu einem massiv erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf- (Herzinfarkt oder Herzfunktionseinschränkungen, Herzrhythmusstörungen) und Nierenerkrankungen. Als Behandlungsoptionen kommen Medikamente, die die Aldosteronwirkung blockieren, und evtl. eine operative Entfernung der Nebenniere in Frage.

Zusammenhang zwischen erhöhten und bisher als normal betrachteten Aldosteronwerten mit einer erhöhten Sterblichkeit
Einem Grazer Forscherteam, Dr. Andreas Tomaschitz und Dr. Stefan Pilz von der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Nuklearmedizin der Med Uni Graz gelang es, gemeinsam mit Prof. Winfried März (Synlab Medizinisches Versorgungszentrum Heidelberg), Prof. Eberhard Ritz (Rupertus Carolus Universität Heidelberg) und Prof. Bernhard O. Boehm (Universität Ulm), aus den Daten der LURIC-Studie, die an über 3.300 Patienten durchgeführt wurde, einen Zusammenhang zwischen sowohl erhöhten als auch bisher als normal betrachteten Aldosteronwerten mit einer erhöhten Sterblichkeit nachzuweisen.

"In einer speziellen Analyse zeigte sich, dass Aldosteron mit einem erhöhten Risiko für tödlichen Schlaganfall und plötzlichen Herztod verbunden ist. Zudem zeigte sich, dass vor allem Menschen mit einer Vorschädigung der Gefäße, z.B. jene mit Bluthochdruck oder eingeschränkter Herzfunktion besonders von der schädigenden Wirkung des Aldosteron betroffen sind. Schließlich konnte auch erstmals ein starker Zusammenhang zwischen dem Salzhaushalt und den schädigenden Effekten des Aldosteron auf Gefäße nachgewiesen werden", fasst Dr. Andreas Tomaschitz die Ergebnisse, die kürzlich im European Heart Journal veröffentlich wurden, zusammen.

Mit der Entdeckung dieses so genannten relativen Aldosteronüberschusses und seinen Auswirkungen auf die Sterblichkeit liefert das Grazer Forscherteam einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Erforschung schädigender Aldosteroneffekte. Zudem wird durch diese Arbeit auch die Durchführung zukünftiger Studien angeregt, die die positiven Effekte einer medikamentösen Aldosteronblockierung erforschen sollen.

Werden die schädigenden Effekte des Hormons Aldosteron durch unseren Lebenswandel verstärkt?
Als sich das Leben aus dem Meer am Land zu entwickeln begann, mussten Lebewesen Systeme haben, um in einer trockenen, salzarmen Umwelt zu überleben. Dies wurde u.a. auch durch das Aldosteron-System mit seinen salzeinsparenden Effekten möglich. Im Gegensatz dazu führt der moderne Lebenswandel, verbunden mit hohem Salzkonsum und Übergewicht, zu einer Regulationsstörung des Aldosteron-Systems und in weiterer Folge zu Bluthochdruck und Herz- Kreislauferkrankungen. Hinweise dafür konnte auch die Grazer Forschungsgruppe um Andreas Tomaschitz zeigen, da schädigende Effekte des Aldosteron vor allem bei Patienten mit Störungen des Salzhaushaltes auftraten.

Abklärung eines Aldosteronüberschusses bei Bluthochdruckpatienten in der Ambulanz der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Nuklearmedizin der Med Uni Graz
Hinsichtlich der zahlreichen schädigenden Effekte einer erhöhten Aldosteronkonzentration ist eine frühzeitige Diagnose und Einleitung einer entsprechenden Therapie von entscheidender Bedeutung. Patienten mit einem schwer medikamentös einstellbaren Bluthochdruck haben in der Ambulanz für Endokrinologie und Nuklearmedizin die Möglichkeit einer hochstandardisierten diagnostischen Abklärung eines absoluten Aldosteronüberschusses. Neben der Aussicht auf innovative Behandlungsansätze bedeuten die neuen Erkenntnisse für die betroffenen Patienten, dass sie nun nach oft jahrelanger Ungewissheit eine verbindliche Diagnose erhalten und weiterhin individuell betreut werden, um mögliche Komplikationen durch einen Aldosteronüberschuss frühzeitig zu erkennen sowie zu vermeiden.
     
zurück