Debatte über Missbrauch  

erstellt am
16  03. 10

 Bandion-Ortner und Marek laden zu "Rundem Tisch"
Prävention, Reaktion und Sensibilisierung als Themen
Wien (övp-pd) - Wie am 16.03. vor dem Ministerrat angekündigt, werden Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner und Staatssekretärin Christine Marek zu einem Runden Tisch zum Thema Kindesmissbrauch einladen. "Ich freue mich, dass dieser Termin bereits am 13. April stattfinden wird", sagte Justizministerin Bandion-Ortner.

Familienstaatssekretärin Christine Marek umriss den Teilnehmerkreis mit "30 bis 40 Experten aus unterschiedlichen Berufsfeldern". Eingeladen werden neben Ärzten sowie medizinisch geschultem Personal etwa Familienorganisationen, Vertreter aus Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen, Vertreter der Kirche, der Justiz, der Polizei, der Volksanwaltschaft und der Länder. Aufbauend auf den bereits entwickelten Standards sowie den bestehenden Handlungskonzepten in den unterschiedlichen Bereichen sollen folgende Themen diskutiert werden:

Prävention: Was ist zu tun, um Missbrauch zukünftig möglichst zu verhindern bzw. zumindest sehr frühzeitig zu erkennen?

Reaktion: Was ist zu tun, wenn Missbrauch passiert?

Sensibilisierung: Vor allem Kinder und Jugendliche sollen sensibilisiert werden, um Missbrauch zu erkennen und auch klar benennen zu können.

"Es geht jetzt darum, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um Verbesserungen des Schutzes von Kindern zu erreichen", so Marek und Bandion-Ortner abschließend.

 

Lueger: Kein Sparen am falschen Platz!
Mittel für Kinderschutzzentren und Prozessbegleitung müssen garantiert werden
Wien (sk) - "Opfer von sexuellem Missbrauch dürfen durch Sparen am falschen Platz nicht nochmals zu Opfern werden", stellte am SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin Angela Lueger am 16.03. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst fest. "In einem drastischen Schritt hat das Kinderschutz-Zentrum Salzburg, das als einzige Institution in Salzburg juristische und psychosoziale Prozessbegleitung für Opfer anbietet, diese bereits eingestellt. In anderen Institutionen reichen die Mittel nur mehr bis zum Sommer. Die mediale Berichterstattung über sexuellen Missbrauch führt im Augenblick dazu, dass sich immer mehr Betroffene melden. Justizministerin Bandion-Ortner muss in Abstimmung mit Finanzminister Pröll garantieren, dass diese die bestmögliche Beratung und Hilfestellung erhalten", so Lueger.

Die enorm wichtigen Leistungen von Österreichs Kinderschutzzentren müssen weiter gewährleistet sein, führte die SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin weiter aus. "Rückschritte und Einsparungen beim Opferschutz sind inakzeptabel. Kinderschutzzentren ermöglichen es Kindern, die Opfer von Gewalt geworden sind, einen Weg zurück ins Leben zu finden. In einer entwickelten Demokratie wie Österreich müssen dafür auch die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen", so Lueger abschließend.

 

Hofer: Psychotherapie bei Opfer soll Täter zahlen
Es sei daher Zeit, dass Kassen und Gesundheitsminister den im November 2009 für heuer versprochenen Psychotherapieschwerpunkt endlich umsetzen
Wien (fpd) -
Es sei ein Skandal, dass ausgerechnet in Österreich - der Wiege der Psychoanalyse - die Behandlungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche derartig eingeschränkt seien, sagte der freiheitliche Bundesparteiobmann-Stellvertreter NAbg. Norbert Hofer. Es sei daher, auch oder besonders wegen der jüngst bekannt gewordenen Missbrauchsfälle, dringend erforderlich Psychotherapieplätze zu schaffen, forderte Hofer.

Die Finanzierung der Therapien von Missbrauchsopfern sollten der Staat, bzw. die Krankenkassen vorschießen, die sich dann beim Täter regressieren könnten, so Hofer. Damit sei auch das Argument vom Tisch, dass eine Psychotherapie auf Krankenschein zu teuer sei, so Hofer, der nicht verstehen will, dass ausgerechnet hier die Kassen, nebst Gesundheitsministerium, den Sparstift ansetzen würden. "Wenn ein Täter im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit von einer Organisation beschäftigt wurde, die Kenntnis von seinen Neigungen hatte, dann ist auch diese Organisation zur Kasse zu bitten", forderte Hofer.

Die Kassen seien seit 1992 per Gesetz verpflichtet, die psychotherapeutische Behandlung zu finanzieren. Die Praxis sehe freilich andersaus, so Hofer, der darauf verwies, dass die Patienten oft tief in die eigenen Taschen greifen müssten, bzw. sehr lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssten, um psychotherapeutisch behandelt zu werden.

Gründe dafür sieht Hofer in der mangelnden Versorgungsdichte im niedergelassenen Bereich, wo nicht einmal ein Fünftel des Bedarfes gedeckt sei. Dies führe zu Wartezeiten von bis zu einem Jahr, die den Opfern nicht einmal annähernd zuzumuten sei. Es sei daher höchste Zeit, dass Kassen und Gesundheitsminister den im November 2009 für heuer versprochenen Psychotherapieschwerpunkt endlich umsetzen, schloss Hofer.

 

Bucher: BZÖ setzt sich mit Rundem Tisch bei Regierung durch
Großer Erfolg im Namen der Opfer - auch Parlamentsklubs einbinden
Wien (bzö) - Als "großen Erfolg im Namen der Opfer", bezeichnet BZÖ-Bündnisobmann Josef Bucher den heute von der Justiz- und der Familienministerin angekündigten Runden Tisch zum Thema Missbrauch. "Es freut mich wirklich, dass sich das BZÖ bei einem so wichtigen Thema mit seiner Forderung durchgesetzt hat", so Bucher. Jetzt gehe es darum, "Verbesserungen für die Opfer und Verschärfungen für die Täter umzusetzen". Der BZÖ-Bündnisobmann fordert, dass neben Vertretern der Polizei, der Kirchen und Schulen auch die Opferschutzverbände und Vertreter der Parlamentsklubs eingeladen werden, "denn es gilt auf möglichst breiter Basis zu diskutieren und dann auch umzusetzen". Unverständlich ist für Bucher aber die Tatsache, dass die Regierung seit der Forderung des BZÖ beinahe eine Woche für die Ankündigung verstreichen habe lassen und nun über einen Monat für die Umsetzung des Runden Tisches benötige. "Ein Monat Zeitverzögerung bedeutet, dass in dieser Zeit bei einer jährlichen Dunkelziffer von rund 20.000 Opfern wieder rund 1.500 Fälle von Missbrauch passieren. Es muss deswegen sofort gehandelt werden", so Bucher.

Das BZÖ hat bereits ein "Bündnis für Kinderschutz" erarbeitet und vorgestellt. Zentraler Punkt ist die Abschaffung der Verjährungsfrist bei sexuellen und gewaltsamen Übergriffen. "Die aktuell bekannt gewordenen Fälle zeigen, dass die Verjährungsfristen viel zu gering und gesetzliche Verschärfungen daher dringend notwendig sind. Viele Täter können heute nicht mehr belangt werden. Doch Missbrauch ist Mord an den Seelen - und Mord darf nie verjähren", mahnt Bucher.

Weitere Punkte des präsentierten Bündnisses für Kinderschutz sind die Verdoppelung der Strafrahmen bei sexuellem Missbrauch, die Anhebung der Mindeststrafen von drei Monaten auf 10 Jahre unbedingt, eine verpflichtende lebenslange Haftstrafe bei Missbrauch mit Todesfolge, keine bedingten Entlassungen von Sexualstraftätern, eine Anzeigepflicht bei Missbrauchsfällen, die Einrichtung von Kinderschutzzonen wie etwa im Umkreis von Kindergärten oder Schulen wo sich frühere Täter nicht aufhalten dürfen sowie die Einrichtung einer Sexualstraftäterdatei. "Es besteht sofortiger Handlungsbedarf. Wir müssen die Opfer besser schützen. Der Runde Tisch, als erste Kernforderung des BZÖ, ist positiv, er darf aber nicht zu einer leeren Regierungsshow verkommen, sondern es muss mit der Einbindung aller Parlamentsfraktionen garantiert werden, dass gesetzliche Verbesserungen auch umgesetzt werden können", erklärt Bucher.

 

 Steinhauser: Grüne für Entschädigung und mehr Prävention
Man müsse die Opfer in den Mittelpunkt der Diskussion stellen
Wien (grüne) -
Die Grünen sprechen sich im Zusammenhang mit den jüngst bekanntgewordenen Missbrauchsfällen in der Kirche für eine Entschädigung der Opfer und mehr Prävention an Schulen aus. Justizsprecher Albert Steinhauser forderte am 15.03. bei einer Pressekonferenz auch eine unabhängige Untersuchungskommission sowie eine Selbstverpflichtung der kirchlichen Verantwortungsträger, bei Missbrauchsfällen Anzeige zu erstatten.

Man müsse die Opfer in den Mittelpunkt der Diskussion stellen, meinte Steinhauser. Deren Entschädigung sei eine "Frage des politischen Anstands". Deshalb wollen die Grünen die Schaffung eines Opferfonds durch die Kirche - dabei gehe es keineswegs um "Freikaufen", betonte Steinhauser, sondern um Schadenersatz. Die Abwicklung der Zahlungen solle durch eine kirchenunabhängige Kommission erfolgen, die Entschädigung solle weiters unabhängig von Verjährungsfristen geschehen.


Anzeigepflicht durchsetzen
Außerdem will Steinhauser eine unabhängige Untersuchungskommission, der sämtliche bei der katholischen Kirche befindlichen Hinweise auf bisher vertuschte Missbrauchsfälle übergeben werden. Ein "wichtiges Signal" wäre für die Grünen auch eine Selbstverpflichtung von Verantwortungsträgern der Kirche, bei Missbrauchsfällen Anzeige zu erstatten - eine generelle Anzeigenpflicht hält Steinhauser nach wie vor nicht für sinnvoll. In einem Brief an Kardinal Christoph Schönborn werde er seine Vorschläge jedenfalls unterbreiten und um Stellungnahme ersuchen.

Sollte die Kirche keine entsprechende Initiative setzen, müsse man prüfen, wie man sie gesetzlich zu derartigen Maßnahmen verpflichten könne. Die politische Debatte auf dem Niveau von chemischer Kastration und öffentlichen Sexualstraftäterregistern hält Steinhauser für verfehlt. Über Verjährungsfristen müsse man diskutieren, allerdings mit Experten wie Psychotherapeuten - was am Ende der Diskussion stehe, wolle er nicht vorwegnehmen.

Einen Schwerpunkt setzen möchte Steinhauser bei der Prävention: Ein verpflichtender Präventionsunterricht durch externe Profis an Volksschulen und in der Unterstufe beziehungsweise in der Hauptschule soll Kindern zeigen, wo Missbrauch beginnt und wie sie damit umgehen können. Eltern und Lehrer müssten geschult werden, wie sie entsprechende Symptome erkennen und wie sie darauf reagieren können. Die Kosten dafür würden etwa 350 Euro pro Klasse betragen.

 

Schönborn: Volle Unterstützung für "Runden Tisch" über Missbrauch
Wien (kap) - Kardinal Christoph Schönborn hat seine volle Unterstützung für den "Runden Tisch" zum Problem des Kindesmissbrauchs zugesagt. In einer ersten Stellungnahme gegenüber "Kathpress" betonte Schönborn: "Ich bin sehr dankbar für die Initiative von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner und Familienstaatssekretärin Christine Marek, diesen Runden Tisch einzurichten und für die Einladung an die Kirche, daran aktiv mitzuwirken."

Durch diese Initiative werde auch klar, dass Gewalt und sexueller Missbrauch leider ein sehr großes Problem in der ganzen Gesellschaft sei, hielt der Vorsitzende der Bischofskonferenz fest. "Die Kirche wird sich intensiv einbringen und mit allen gesellschaftlichen Kräften zusammenarbeiten, um eine Allianz gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch zu bilden", betonte Schönborn.

 

Linzer Generalvikar für "neue Kultur des Hinsehens"
Linz (kap) - Der Linzer Generalvikar Severin Lederhilger hat eine neue "Kultur aufmerksamen Hinsehens" gefordert, um Gewalt- und Missbrauchshandlungen im kirchlichen Kontext künftig möglichst zu verhindern. In seiner Stellungnahme bekannte er sich am 15.03. einmal mehr zur vollen und raschen Aufklärung aller Missbrauchsfälle. Es werde noch in dieser Woche Gespräche mit Ordensverantwortlichen geben, um das gemeinsame Interesse von Diözese und Orden an der Wahrheitsfindung und an einem konsequenten Handeln deutlich zu machen, so Lederhilger.

Weiters würden die bestehenden Verhaltensrichtlinien für den Umgang mit Kindern und Jugendlichen in kirchlichen Einrichtungen und Organisationen überprüft, verbessert und besser bekanntgemacht, kündigte Lederhilger an.
 
zurück