Das Diktat der Zahlen   

erstellt am
23  03. 10

Studentin der Uni Graz rechnet vor, wie Begriffe aus der Mathematik in unserer Alltagssprache ihre Kreise ziehen
Graz (universität) - Warum jemand in hohem Bogen hinausfliegt, wenn er nur einen Bruchteil seiner Leistung erbringt, die einen eine ruhige Kugel schieben, während sich die anderen vierteilen, oder es einem hoch angerechnet wird, wenn man auf Nummer sicher geht, erklärt die Germanistin Michaela Pölzl in ihrer Masterarbeit. Sie hat im Rahmen des umfassenden Projekts Deutsche WortSchätze von Ao.Univ.-Prof. Dr. Wernfried Hofmeister den Bereich der Mathematik durchforstet und mehr als 200 gebräuchliche Begriffe und Redewendungen analysiert. „Besonders faszinierend war für mich, dass so viele Leute der naturwissenschaftlichen Disziplin mit großem Respekt gegenüberstehen, während eine Fülle von bildhaften Begriffen aus diesem Gebiet ganz locker verwendet wird“, erklärt Pölzl. Das zeuge auch davon, dass wir in Sachen mathematisches Grundwissen keine Nullen sind: „Wenn wir etwas nur Pi mal Daumen abschätzen, ist das dennoch allgemein verständlich. Was die Quadratur eines Kreises ist, bedarf auch keiner Erklärung“, ergänzt die Germanistin.

Den Großteil unseres mathematischen Alltagswortschatzes machen Zahlwörter aus. Sie sind oft mit besonderer Symbolik behaftet, wie Pölzl eingehend analysiert hat. Wir sterben tausend Tode, wenn wir uns sehr fürchten, schweben im siebenten Himmel, wenn wir glücklich sind, oder lassen uns von keinen zehn Pferden an einen bestimmten Ort bringen. „Die Zahlwörter verstärken viele Ausdrücke und befriedigen unser offensichtliches Bedürfnis, exakt und verbindlich zu sein, selbst wenn wir übertreiben“, so die junge Wissenschafterin.

Mit den mathematischen WortSchätzen ist nun – nach den wehrhaften, religiösen, sportiven, musikalischen und nahrhaften – ein neuer Bereich unserer bildhaften Sprache erschlossen und enträtselt. Wernfried Hofmeister und sein Team sind mit ihren Forschungen auf großes Echo im gesamten deutschsprachigen Raum gestoßen. Daher wollen sie die Ergebnisse in Zukunft nicht nur in steirischen Schulen, sondern auch in anderen Bundesländern präsentieren, um die Kinder für den Gebrauch unserer Sprachbilder zu sensibilisieren. „Junge Leute sollen mehr Gefühl für die Sprache entwickeln und gleichzeitig auch wissen, woher die übertragen verwendeten Ausdrücke kommen. Das kann Missverständnisse und sogar verbale Verletzungen vermeiden, besonders unter Menschen mit unterschiedlicher Muttersprache“, betont Hofmeister.
     
Informationen: http://wortschaetze.uni-graz.at    
     
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