Kräftige Konjunkturerholung im ersten Halbjahr 2010   

erstellt am
31  03. 10

Leitzinsen in USA und Eurozone weiterhin niedrig – Staatsanleiherenditen steigen, Unternehmensanleihen auch 2010 gefragt – Positive Aktienperformance im zweiten Quartal
Wien (rzb) - Die Analysten der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG (RZB) erwarten für das erste Halbjahr 2010 eine weiterhin positive Entwicklung auf den weltweiten Märkten. "In den nächsten Monaten setzt sich die recht kräftige Konjunkturerholung fort. Im zweiten Halbjahr flaut sie allerdings auf ein geringeres Wachstum ab", analysiert RZB-Experte Valentin Hofstätter, "die Vorlaufindikatoren zeigen durchwegs wohlwollende Daten."

Aufgrund der positiven Entwicklung der Märkte empfiehlt RZB-Expertin Veronika Lammer eine stärkere Gewichtung von Aktien: "Durch die Besserung der Konjunkturdaten scheint ein weiterer Aufwärtstrend realistisch. Wir empfehlen daher eine leichte Übergewichtung von Aktien im Portfolio. Unternehmensanleihen werden auch im heurigen Jahr sehr beliebt sein."

Konjunkturerholung setzt sich im 1. Halbjahr fort, danach schwächeres Wachstum
"Für die vergangenen Monate war in Kontinentaleuropa eine deutliche Verbesserung der Wirtschaftsdaten zu vermelden. Die Konjunkturerholung im Euroraum fällt aber im Vergleich zu anderen großen Wirtschaftsräumen wie Asien, Südamerika bzw. den USA bislang verhalten aus", sagt Hofstätter. Im ersten Halbjahr 2010 sollte die Wirtschaftsdynamik in Europa nochmals etwas zulegen. Alle wichtigen Konjunkturvorlaufindikatoren weisen einen Aufwärtstrend aus. Im Verhältnis zur tiefen Rezession des Vorjahres bleibt das Wirtschaftswachstum in Summe aber verhalten.

Leitzinsen in USA und Eurozone weiterhin niedrig, Euro unter Druck
Die Leitzinsen in den USA und der Eurozone bleiben 2010 auf rekordtiefen Niveaus. Laut Hofstätter beginnen die Notenbanken allerdings bereits, die überschüssige Liquidität im Bankensystem zu reduzieren. "Mittelfristig kommt es deshalb in der Eurozone im zweiten Halbjahr zu höheren Geldmarktsätzen."

Den Euro sieht er gegenüber dem US-Dollar mit einem Ziel von 1,30 vorerst weiter unter Druck. Eine Erholung sollte sich im Sommer 2010 zeigen. Auch der Schweizer Franken dürfte im zweiten Quartal gegenüber dem Euro weiterhin sehr fest bleiben. Eine signifikante Abschwächung ist erst mit EZB-Zinsanhebungen zu erwarten.

Staatsanleiherenditen steigen an, Unternehmensanleihen weiterhin im Trend
Die Staatsanleiherenditen dürften im zweiten Quartal etwas ansteigen, bleiben aber vorerst noch in der Bandbreite der letzten Quartale. "Weiterhin eine deutliche Outperformance gegenüber Staatsanleihen erwarten wir von Unternehmens- und Bankanleihen. Das gilt nicht nur für das zweite Quartal, sondern auch für das Gesamtjahr", so Hofstätter.

Staatsverschuldung bleibt Thema
Das Thema Staatsverschuldung, und damit auch die Budgetkonsolidierung, bleibt in allen Industriestaaten ein brennendes Thema. "Griechenland wird – schlimmstenfalls durch Kredite von EU-Staaten und dem Internationalem Währungsfonds – heuer alle Verbindlichkeiten refinanzieren können. Die Verschuldungsdynamik ist aber leider in den meisten Industriestaaten ebenfalls bedenklich und wird weitere Einschnitte bei den öffentlichen Haushalten nach sich ziehen", analysierte Hofstätter.

Positive Aktienperformance im zweiten Quartal
Die Berichtssaison für das vierte Quartal 2009 brachte positive Überraschungen. Für das Gesamtjahr 2010 rechnet RZB-Analystin Veronika Lammer für die USA und die Eurozone mit einem Anstieg der Gewinne um etwa 20 Prozent. "Da außerdem die Bewertungen noch auf moderatem Niveau liegen, sollte sich der Aufwärtstrend an den Aktienmärkten fortsetzen können", sagt Lammer.

Das Kurspotenzial sieht sie allerdings begrenzt, da sich die konjunkturelle Erholung der entwickelten Volkswirtschaften verlangsamt. Die Vorlaufindikatoren für Europa haben teilweise bereits ihre Höhepunkte überschritten und werden bestenfalls seitwärts tendieren. Vor diesem Hintergrund gewichtet Lammer Aktien mit 53 Prozent nur leicht höher als die Benchmark. Wegen der geringeren Verschuldung und der besseren langfristigen Wachstumsaussicht geht sie von einer über dem Durchschnitt liegenden Wertentwicklung für Aktien der Emerging Markets aus. "Innerhalb des Aktienmarktportfolios gewichten wir daher Aktien aus den Emerging Markets mit einem Prozentpunkt über", so Lammer.

Mit dem Liquiditätsentzug und neuerlich aufflammender Verschuldensthematik bei der Budgetplanung für 2011 im Spätsommer rät Lammer wieder zu etwas mehr Vorsicht bei risikobehafteten Vermögenswerten.

Unternehmensgewinne nachhaltig gedreht, langfristig starkes Gewinnwachstum zu erwarten
Die Gewinnentwicklung der Unternehmen verläuft ähnlich der Konjunkturentwicklung in Zyklen, wobei die Ausschläge in den einzelnen Auf- und Abschwungsphasen deutlich stärker ausgeprägt sind als die BIP-Wachstumsraten. Über einen längeren Zeitraum lässt sich eine Trendlinie herausfiltern, die in etwa dem nominellen BIP-Wachstum entspricht.

Für die USA nennt Veronika Lammer ein langjähriges Trendwachstum von ca. 6,5 Prozent pro Jahr. Davon ausgehend wäre ein Anstieg der Unternehmensgewinne auf dem amerikanischen Aktienindex MSCI USA in den nächsten fünf Jahren von aktuell 60 US-Dollar auf 138 US-Dollar realistisch.

Legt man ein geringeres nominelles Wirtschaftswachstum von nur mehr 5 Prozent zu Grunde, würde der durchschnittliche Unternehmensgewinn im Jahr 2014 noch immer bei 128 US-Dollar zu liegen kommen. Dies würde einem Aufwärtspotenzial des Aktienmarktes von etwa 60 Prozent entsprechen.

Emerging Markets trotzen der Verschuldungswelle
Die Diskussion um die hohen Verschuldungsraten in den etablierten Märkten rückt die Verschuldungssituation in den Emerging Markets in ein neues Licht. Mit Ausnahme einiger weniger Emerging Markets wie Indien, Malaysia und Südafrika dürfte sich die Neuverschuldung für das laufende Jahr bei 4 Prozent halten. "Das entspricht gerade einmal der Hälfte der Neuverschuldung der etablierten Volkswirtschaften der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20)", sagt Emerging Markets-Expertin Veronika Lammer.

Die Gesamtverschuldung wird bei den G-20 etablierten Märkten jenseits der 100-Prozent-Grenze liegen. Vergleichbare Kennziffern in den G-20 Emerging Markets werden sich auf unter 40 Prozent einpendeln.

Die geringe Verschuldung ist es auch, die dafür spricht, dass die Emerging Markets auf längere Zeit deutlich stärker wachsen können als die entwickelten Märkte. Das Wachstum wird zusätzlich zu den öffentlichen Investitionen auch von privaten Investitionen und einem starken inländischen Konsum getragen. Außerdem profitieren natürlich auch die Emerging Markets von der Normalisierung des Welthandels.
     
zurück