Volksanwaltschaft wünscht sich mehr Gehör bei Abgeordneten   

erstellt am
30  04. 10

2009: 10.320 Beschwerden über die Verwaltung, 6.235 Prüfverfahren
Wien (pk) - Die Volksanwaltschaft wünscht sich mehr Gehör bei den Abgeordneten. In ihrem nunmehr dem Nationalrat vorgelegten Tätigkeitsbericht 2009 äußern die drei VolksanwältInnen Peter Kostelka, Gertrude Brinek und Terezija Stoisits Bedauern darüber, dass ihre legistischen Anregungen nicht größere Beachtung finden. Beschwerden, die Bürgerinnen und Bürger an die Volksanwaltschaft herantragen, sind nämlich nicht immer auf Missstände in der Verwaltung zurückzuführen, oft lassen die gesetzlichen Bestimmungen der Behörde keinen Handlungsspielraum. Die Volksanwaltschaft stößt, wie aus dem Bericht hervorgeht, anhand von Einzelfällen immer wieder auf unklar formulierte Gesetze, in der Praxis diskriminierende Regelungen und andere unbeabsichtigte Auswirkungen von gesetzlichen Bestimmungen.

Die im mehr als 400 Seiten starken Bericht und einem eigenen Kurzbericht aufgelisteten Problemfelder, die nach Meinung der VolksanwältInnen gesetzlicher Änderungen bedürfen, sind breit gestreut. So fordern Kostelka, Brinek und Stoisits unter anderem eine umfassende Neuregelung des Sachwalterrechts, eine Adaptierung der gesetzlichen Bestimmungen über den Unterhaltsvorschuss, eine österreichweite Lösung für die Flugrettung, eine gesetzliche Absicherung der geförderten Besuchsbegleitung in Scheidungsfällen, die Schaffung eines speziellen Rehabilitationsangebots für schwer kranke Kinder und Jugendliche, neue Richtlinien für die Befragung von Betroffenen im Falle von Kindesmissbrauch und bundeseinheitliche Regelungen für Lenkererhebungen. Ebenso drängen sie auf eine Ausweitung der Parteistellung von AnrainerInnen in Teilbereichen der Gewerbeordnung und mehr Ermessensspielraum für die Behörden bei der Erteilung von Staatsbürgerschaften.

Für sich selbst wünscht sich die Volksanwaltschaft eine Ausweitung der Prüfzuständigkeit. Diese wurde ihr zufolge seit dem Jahr 1990 durch mehr als 50 Ausgliederungen sukzessive reduziert. Damit sind die VolksanwältInnen bei vielen Beschwerden, etwa über die ÖBB, die Asfinag und die Bundesimmobiliengesellschaft, auf die Kooperationsbereitschaft der jeweiligen, nach wie vor in staatlichem Einflussbereich stehenden, Unternehmen angewiesen. Die Kontrolllücke könnte nach Meinung der VolksanwältInnen leicht geschlossen werden, würde ihr Kompetenzbereich an jenen des Rechnungshofs angeglichen.

In einigen Punkten konnte die Volksanwaltschaft im vergangenen Jahr Erfolge bzw. zumindest Teilerfolge erzielen. So sind PatientInnen, die durch schadhafte Medizinprodukte geschädigt werden, nun besser geschützt und müssen, wenn sie in eine andere Krankenanstalt verlegt werden, für diesen Tag keinen doppelten Spitalskostenbeitrag mehr leisten. Für Mütter bzw. Väter ist ein längerer Bezug von Kinderbetreuungsgeld möglich, wenn der andere Elternteil verstorben ist. Ebenso muss der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld künftig nicht mehr zurückgezahlt werden. Staatenlosen Personen, die legal in Österreich leben, steht ab sofort ein Identitätsausweis zu. Auch das Problem, dass Personen ihre österreichische Staatsbürgerschaft verlieren, wenn die Vaterschaft nachträglich erfolgreich bestritten wird, wurde gelöst. Für die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung bzw. einzelner Ministerien gibt es nunmehr Richtlinien. Im Strafvollzug sind für Mehrpersonenzellen durch eine Gesetzesnovelle baulich abgetrennte WC-Anlagen vorgeschrieben, die Suchtmittelkontrolle im Strafvollzug wurde auf eine gesetzliche Basis gestellt.

2009: 6.235 eingeleitete Prüfverfahren, 641 festgestellte Missstände
Insgesamt wandten sich im Jahr 2009 14.853 Bürgerinnen und Bürger an die Volksanwaltschaft, das sind annähernd gleich viel wie im Jahr davor. Davon betrafen 10.320 Beschwerden die Verwaltung. 6.235 Prüfverfahren wurden eingeleitet. In der Bundesverwaltung führte die Volksanwaltschaft 3.775 Prüfverfahren durch.

Die meisten Beschwerden betrafen den Sozialbereich. Dabei ging es etwa um Mängel bei der Pflegegeldeinstufung, Probleme bei den Pensionszeiten oder Beschwerden rund um das Arbeitslosengeld. Aber auch in den Bereichen Justiz und Inneres gab es, trotz jeweils rückläufiger Fallzahl, eine Reihe von Klagen, die etwa die lange Dauer von Verfahren sowie das Fremden- und das Asylrecht betrafen. Positiv ausgewirkt hat sich Volksanwältin Brinek zufolge der neu eingeführte Fortführungsantrag für die Opfer von Straftaten und die im Jahr 2007 geschaffenen Justiz-Ombudsstellen.

Von der Volksanwaltschaft erledigt wurden im Jahr 2009 insgesamt 6.761 Prüfverfahren. In 641 Fällen wurde dabei dezidiert ein Missstand in der Verwaltung festgestellt. In den anderen Fällen konnte die Volksanwaltschaft hingegen keinen Fehler der Behörden erkennen, erwies sich die Volksanwaltschaft als nicht zuständig bzw. das Prüfverfahren als unzulässig oder wurde die Beschwerde zurückgezogen. Der Anteil an Missstandsfeststellungen bei den Prüfverfahren lag 2009 demnach bei 14,9 % und damit annähernd gleich hoch wie 2008 (15,3 %). Von sich aus leitete die Volksanwaltschaft 72 Prüfverfahren ein.

In ihrer Leistungsbilanz führt die Volksanwaltschaft außerdem 189 Sprechtage und zahlreiche internationale Aktivitäten, insbesondere im Rahmen des International Ombudsman Institute (I.O.I.), an. Das Generalsekretariat des I.O.I. ist seit September vergangenen Jahres am Amtssitz der Volksanwaltschaft in Wien angesiedelt. Eine wichtige Plattform für die Anliegen der Volksanwaltschaft blieb laut Bericht auch im Jahr 2009 die ORF-Sendung "Bürgeranwalt", die ihren Marktanteil sogar ausbauen konnte.

Generell macht die Volksanwaltschaft geltend, dass die Bürgerinnen und Bürger Anrecht auf transparente Verwaltungsstrukturen und nachvollziehbare Behördenentscheidungen haben. Die Bevölkerung erwarte sich von der Verwaltung außerdem nicht "Vollzugsautomatismus", sondern mehr "einzelfallbezogene Gerechtigkeit", heißt es im Bericht.

Ausgewählte Problemfelder und Prüfverfahren
Die von der Volksanwaltschaft anhand von Einzelfällen aufgezeigten Problemfelder sind vielfältig. Sie reichen von der Jugendwohlfahrt und dem Sachwalterrecht über Probleme beim Erhalt der Staatsbürgerschaft und der Studienbeihilfe bis hin zu Nachbarschaftsbelästigungen durch Betriebsanlagen, wo die VolksanwältInnen nicht nur Rechtsschutzdefizite im Gewerberecht orten.

Die Volksanwaltschaft begrüßt in diesem Zusammenhang zwar, dass die Gewerbebehörde immer öfter auf Mediationsmaßnahmen setzt, um einvernehmliche Lösungen zwischen einem Unternehmen und der Nachbarschaft zu erreichen, mahnt aber, dass diese Mediationsbemühungen die Behörde nicht von ihren Kontroll- und anderen Pflichten entbinden. Was die nach Ansicht der Volksanwaltschaft reformbedürftigen Gastgartenbestimmungen betrifft, hat das Wirtschaftsministerium Volksanwältin Stoisits zufolge gesetzliche Adaptierungen in Aussicht gestellt, um den zuständigen Behörden das Einschreiten in Problemfällen zu erleichtern.

Dringend neue Konzepte für Sachwalterschaft notwendig
In Bezug auf die Sachwalterschaft erachtet die Volksanwaltschaft dringend neue Konzepte für erforderlich. Das geltende Sachwalterrecht werde der Realität nicht mehr gerecht, gibt Volksanwältin Brinek zu bedenken und weist in diesem Zusammenhang nicht nur auf den starken Anstieg von Sachwalterschaften in den vergangenen Jahren und die künftige demographische Entwicklung, sondern auch auf ihre Erfahrungen mit Beschwerden in diesem Bereich hin. Ältere Personen bräuchten häufig Unterstützung bei der Bewältigung ihres Alltags, ihr Bedürfnis nach Selbständigkeit bleibe aber aufrecht, betont die Volksanwältin. Immer wieder wehrten sich Betroffene und deren Angehörige gegen eine juristische und soziale Entmündigung. Brinek regt an, ein grundlegendes neues Konzept für eine zeitgemäße "Alterswohlfahrt" zu entwickeln.

Große Versäumnisse in den letzten Jahrzehnten ortet die Volksanwaltschaft auch bei der Jugendwohlfahrt. Der Jugendwohlfahrt fehle es an Qualitätsvorgaben, zudem gebe es zu wenig Geld und zu wenig Personal, um Gefährdungslagen verstärkt präventiv begegnen zu können, heißt es im Bericht. Leidtragende seien Kinder und Jugendliche. Ebenso fordert Volksanwalt Kostelka bessere Informationen für Verbrechensopfer und berichtet über einen Fall, wo eine brutal zusammengeschlagene Frau weder von der Polizei noch von der Staatsanwaltschaft und auch nicht von den behandelnden Ärzte darauf aufmerksam gemacht wurde, dass sie eventuell Ansprüche nach dem Verbrechensopfergesetz geltend machen könne.

Im Bereich des Unterhaltsvorschusses hat eine Gesetzesänderung nach Meinung der Volksanwaltschaft zwar eine gewisse Verfahrensbeschleunigung bewirkt, allerdings bleiben Unterhaltsvorschüsse nach wie vor an einen rechtskräftigen Unterhaltstitel gekoppelt. Die Volksanwaltschaft mahnt dem gegenüber, fixe und altersmäßig gestaffelte Unterhaltsvorschussleistungen ein.

Härtefälle bei Verleihung der Staatsbürgerschaft
Immer wieder Härtefälle gibt es laut Volksanwaltschaft bei Ansuchen um Verleihung der Staatsbürgerschaft. Durch die restriktiven gesetzlichen Bestimmungen für den Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts fehle den Behörden jeglicher Handlungsspielraum, moniert Volksanwältin Stoisits. Sie schildert unter anderem einen Fall, in dem ein in Österreich geborenes Volksschulkind in absehbarer Zeit keine Chance hat, die österreichische Staatsbürgerschaft zu bekommen, weil die im Jahr 2005 eingebürgerte Mutter damals verabsäumt hat, den Antrag auch auf das Kind zu erstrecken, und ihre Einkommensverhältnisse sich mittlerweile erheblich verschlechtert haben.

Auch bei der Erteilung von Besuchsvisa ortet die Volksanwaltschaft große Hürden. Wie diverse Prüfverfahren nahelegen, wird das Erfordernis ausreichender finanzieller Mittel oftmals streng ausgelegt bzw. der Versagungsgrund der nicht gesicherten Wiederausreise pauschal und ohne konkrete Begründung angewandt. Besonders junge Menschen, die in keiner Partnerschaft leben und insbesondere noch keine Kinder haben, haben so laut Volksanwaltschaft geringe Chancen, ein Visum zu erhalten. Kritisch beurteilt Volksanwältin Stoisits zudem monatelange Ermittlungen der Fremdenpolizei beim Verdacht auf Vorliegen einer Scheinehe zu Lasten von Aufenthaltswerbern.

Erfreut äußert sich Stoisits hingegen darüber, dass durch das neue humanitäre "Bleiberecht" insgesamt drei von der Volksanwaltschaft seit längerem verfolgte Fälle endlich gelöst werden konnten.

Kinder sollen Leistungsanspruch auf Rehabilitation haben
Kritik übt die Volksanwaltschaft weiters daran, dass es derzeit in Österreich keine Rehabilitationskliniken gibt, die speziell auf die Bedürfnisse von lebensbedrohlich oder chronisch erkrankten Kindern und Jugendlichen samt deren Familien ausgerichtet sind. Dabei zeigen ihr zufolge Beispiele aus den Nachbarstaaten, welche Therapieerfolge derartige Rehabilitationseinrichtungen unter Einbeziehung der Angehörigen erzielen und wie sie eine ganzheitliche Gesundung unterstützen können. Volksanwalt Peter Kostelka vermisst außerdem eine klare Regelung, wann ein Kind einen Leistungsanspruch auf Rehabilitation hat.

Was die Flugrettung betrifft, erachtet die Volksanwaltschaft das derzeitige Finanzierungssystem mittel- und langfristig als nicht tragfähig. Dazu ortet sie veraltete Rettungsleitstrukturen und unklare Kompetenzaufteilungen zwischen Bund und Ländern. Selbst wenn sich ein Rettungsflug nachträglich als medizinisch notwendig herausstelle, bleiben Betroffenen oft Restkosen von mehr als 3.000 €.

Endlich eine Entschädigung erhalten laut Bericht österreichische "Contergan"-Opfer. Das Gesundheitsministerium hat angekündigt, im Jahr 2010 2,8 Mio. € bereitzustellen. Bis zur Berichterstellung haben sich rund 40 Menschen gemeldet. Noch nicht anerkannte österreichische Opfer können außerdem bis Ende 2010 einen Antrag auf Ausbezahlung einer Rente und einer Entschädigung an die deutsche Contergan-Stiftung stellen.

Volksanwaltschaft fordert mehr Geld für Kasernensanierung
Bereits 2008 hat die Volksanwaltschaft den desolaten Zustand mancher Kasernen kritisiert. Sie erkennt zwar die Bemühungen der letzten drei Jahre um eine Verbesserung der Situation an, hält ihre Forderung, mehr Geld in die Modernisierung von Mannschaftsunterkünften zu stecken, aber aufrecht und empfiehlt eine Sonderfinanzierung im Umfang von 350 Mio. € in den Budgetjahren 2010 - 2014. Ansonsten werde es noch Jahre dauern, bis ein befriedigender Zustand hergestellt werden könne, rechnet die Volksanwaltschaft vor und warnt vor einer Untergrabung der Akzeptanz des Bundesheers.

Auch eine höhere Dotierung des Fördertopfs für Photovoltaik-Anlagen würde die Volksanwaltschaft, wie es im Bericht heißt, begrüßen. Gleichzeitig wertet sie neue Richtlinien für das Vergabeverfahren für unumgänglich. Die Volksanwaltschaft beruft sich dabei auf mehrere Beschwerden, die bei ihr eingegangen sind, nachdem der Server des Klima- und Energiefonds am ersten Tag der Förderungsaktion durch Tausende gleichzeitige Zugriffe vollkommen überlastet war.

Schülerfreifahrt entspricht nicht mehr Alltagserfordernissen
Nicht mehr den heutigen Alltagserfordernissen entspricht nach Meinung der Volksanwaltschaft die Schülerfreifahrt. So sind etwa Fahrten nach der Schule zum Hort, zu den Großeltern oder zu einem getrennt lebenden Elternteil nicht erfasst. Da das zuständige Ministerium eine Ausweitung der Schülerfreifahrt aus Kostengründen ablehnt, hält Volksanwalt Kostelka entsprechend günstige Aufzahlungsmodelle für umso wichtiger. Außerdem kritisiert die Volksanwaltschaft erneut die regelmäßige Überfüllung von Bussen zum Schülertransport.

Vom ORF verlangt die Volksanwaltschaft, das ihrer Auffassung nach unzureichende Angebot für hör- und sehbehinderte Menschen auszubauen sowie das Online-Angebot des ORF barrierefrei zu gestalten und damit auch Blinden und Sehbehinderten uneingeschränkt zugänglich zu machen. Ein entsprechender Relaunch von news.ORF.at und sport.ORF.at könnte laut ORF noch im ersten Halbjahr 2010 erfolgen, weitere Schritte sind geplant.

Kärntner Ortstafeln: Volksanwaltschaft bleibt aktiv
Weiter aktiv bleiben will die Volksanwaltschaft in der Kärntner Ortstafel-Frage. Sie hat sich im vergangenen Jahr neuerlich an den Verfassungsgerichtshof gewandt, weil die zweisprachigen Ortstafeln in Ebersdorf, Bleiburg und Schwabegg ihrer Ansicht nach nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Aus den volksgruppenrechtlichen Regelungen lasse sich ableiten, dass Bezeichnungen in der Volksgruppensprache gleichrangig verwendet werden müssen, argumentiert die Volksanwaltschaft und wendet sich in diesem Sinn gegen das "Hineinschrauben" von kleinen Tafeln in die Ortstafeln.

Diskriminierende Eintrittspreise und Seniorenvorteilskarten
Aus grundrechtlichen Überlegungen heraus kritisch äußert sich die Volksanwaltschaft zu vergünstigten Eintrittspreisen für Schwimmbäder und andere Freizeiteinrichtungen, die ausschließlich Einheimischen gewährt werden. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und auf den in der österreichischen Verfassung verankerten Gleichheitsgrundsatz. Nur bei sachlicher Rechtfertigung kommen ihrer Meinung nach vergünstigte Tarife für GemeindebürgerInnen eventuell in Frage, etwa wenn Einheimische durch einheitliche Tarife unterversorgt oder verdrängt würden.

Ein ähnliches Problemfeld macht die Volksanwaltschaft in Zusammenhang mit Seniorenermäßigungen aus. Für sie ist es etwa nicht einsichtig, dass die Seniorenvorteilskarte bei Bahn und Bus für Männer erst ab 65, für Frauen hingegen schon ab 60 Jahren erhältlich ist. Die VolksanwältInnen halten das für eine Diskriminierung und für keinen adäquaten Weg, um die bestehende Benachteiligung von Frauen in vielen anderen Bereichen auszugleichen und deren tatsächliche Gleichstellung zu fördern. Sie plädieren in diesem Sinn für eine geschlechts- und altersunabhängige Seniorenermäßigung für alle PensionistInnen. Die ÖBB sehen laut Bericht allerdings - trotz Vorliegen eines Gutachtens der Gleichbehandlungskommission - keinen Handlungsbedarf für eine Änderung. In ihren Augen handelt es sich um ein gerechtfertigte soziale Vergünstigung zum Ausgleich der generell niedrigen Einkommen von Frauen.

Turnusausbildung für angehende Ärzte gleichheitswidrig?
In Frage gestellt wird von der Volksanwaltschaft auch die Turnusausbildung für angehende österreichische ÄrztInnen. Ihrer Ansicht nach ist es im Sinne des Gleichheitssatzes bedenklich, dass AbsolventInnen eines heimischen Medizin-Studiums ohne entsprechende Zusatzausbildung keine ärztliche Tätigkeit in Österreich ausüben dürfen, während sie in anderen EU-Staaten als approbierte Ärztinnen und Ärzte anerkannt werden müssen. Diese Rechtslage begünstigt der Volksanwaltschaft zufolge nicht nur ausländische Studierende, sondern fördert auch die Abwanderung österreichischer ÄrztInnen ins Ausland.

Weitere grundrechtsrelevante Verstöße, die die Volksanwaltschaft im Zuge einzelner Prüfverfahren bemängelt, betreffen das Legalitätsprinzip, die mangelnde Wahrung des Parteiengehörs, die Verletzung des Rechts auf Sicherheit und Eigentum, die Verschleppung von Verfahren und das Recht auf Achtung der Privatsphäre.

So gewährte etwa in einem Fall ein auf dem Gehsteig montierter Verkehrsspiegel umfassende Einblicke in das Wohnzimmer einer Familie. Das Problem konnte durch eine Tiefersetzung des Spiegels gelöst werden. Das Diskriminierungsverbot verletzen der Volksanwaltschaft zufolge u.a. auch überzogene Anforderungen an Deutschkenntnisse bei Stellenbewerbungen, etwa als Reinigungs- oder Küchenhilfskraft, Staatsbürgerklauseln für den Erhalt länderspezifischer Familienleistungen und systematische TBC-Untersuchungen von Personen aus neuen EU-Staaten. Neuerlich macht die Volksanwaltschaft außerdem auf das Recht auf zeichengetreue Wiedergabe des Familiennamens aufmerksam.

Anliegen an die Volksanwaltschaft können nicht nur über Sprechtage, sondern auch via Online-Beschwerdeformular http://www.volksanwaltschaft.gv.at bzw. über die kostenlose Service-Nummer 0800/223 223 herangetragen werden.
     
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