Klangspuren – Festival zeitgenössischer Musik    

erstellt am
20  05. 10

Schwerpunkt Russland - 09.09.-26.09.2010
Schwaz (klangspuren)- Muss Neue Musik immer Neues erzwingen? wird Klangspurenessayist Wolfgang Loeckle am letzten Tag des diesjährigen Festivals den Dirigenten Alexander Liebreich fragen. Jedenfalls muss Neue Musik immer wieder neu vermittelt werden - davon zeugt die Arbeit der "Klangspuren" Schwaz Tirol: möglichst kompromisslos für die Qualität der Aufführungsbedingungen von Neuer Musik einstehen und möglichst undogmatisch den Rahmen des Festivals alljährlich weiterentwickeln. Von der bewährten Pilgerwanderung im Zeichen zeitgenössischer Musik über einen Exkurs mit Komponist Friedrich Cerha in die faszinierende Welt der Pilze (12.09.) bis hin zur erstmaligen Eröffnung des Festivals in der Schwazer Franziskanerkirche mit der konzertanten Uraufführung von FRANZISKUS (09.09.) des russischen Komponisten Sergej Newski führt die Reise.

Russlands Neuer Musik gilt auch der thematische Schwerpunkt der 17. Ausgabe des "Klangspuren" Festivals - mit einem Seitenblick auf die akuellste Schweizer Szene zeitgenössischer Musik, einigen Aspekten Tiroler und österreichischer Gegenwartsmusik und Münchener Gästen.

Russlands Szene Neuer Musik zeigt sich bei den "Klangspuren" als vielstimmige und gleichzeitig von drei Generationsstandpunkten bestimmte Wirklichkeit: Edison Denissow und Valentin Silvestrov stehen als Väter jener halboffiziellen sowjetischen Avantgarde am Programm, welche trotz damaliger Abschottung vom europäischen Musikbetrieb in dessen Schatten eine von der Propaganda nicht vereinnehmbare Positionen formuliert hat. Vladimir Tarnopolski zählt zur mittleren Generation, die nach dem Fall der Mauer einen wesentlichen Beitrag zur Öffnung wie Professionalisierung des russischen Neue Musik Betriebs geleistet hat. Sergej Newski, Olga Rayeva und die Komponisten des Konzertes mit dem Moscow Contemporary Music Ensemble gelten als die jüngste und engagierteste Gruppierung russischer Komponisten, die sich zum Teil auch in einem Netzwerk zur Förderung zeitgenössischer russischer Musik (Structural Resistance Group - StRes) organisiert haben. Diese verschiedenen Standpunkte zeitgenössischer Musik Russlands spiegeln sich im Konzert mit dem Ensemble Modern am 10.09. wieder.

Der Begriff NEU steht bei den "Klangspuren" aber auch immer für neue wie aufstrebende Interpreten; da gibt es nicht nur die Debutkonzerte mit dem jungen Salzburger Streichquartett Kilviria (23.09.) oder dem international etablierten Collegium Novum Zürich (16.09.) sondern vor allem auch die Internationale Ensemble Modern Akademie, die mittlerweile zu einem Kernstück des Klangspurenfestivals geworden ist. Die Teilnehmer aus aller Welt stellen sich in diesem Jahr einer besonderen Herausforderung: Heinz Holliger wird als composer in residence, Oboist, Lehrer und Dirigent den jungen Talenten höchste Konzentration wie maximale Leistung abfordern und zeigen, wie besonders jener überspringende Funke ist, der über Generationen hinweg der Musik unserer Zeit gilt. Zu hören wird dies in drei Konzerten der Akademie-Teilnehmer - einmal davon mit dem renommierten Lettischen Radio Chor - sein (11.09., 12.09.).

Das Besondere der "Klangspuren" liegt auch in den vielen Details der Programmierung wie beispielsweise die Arbeit der Tiroler Schlagwerkgruppe The Next Step mit dem Vertrauten von Sofia Gubaidulina, Mark Pekarskij, wie die Begegnung des Schriftstellers Vladimir Sorokin mit der Komponistin Olga Rayeva und die literarisch-musikalische Tunnelerkundung - im Rahmen einer Matinee in einem Sicherheitsstollen der neuen Unterinntaltrasse - von der Autorin Barbara Hundegger und dem Saxophonisten Christoph Reiserer. Oder auch die cineastisch-musikalische Verquickung mit der Uraufführung von Dmitri Kourliandskis Vertonung Aelita nach dem Stummfilm Aelita - Eine Reise zum Mars (1924) von Yakov Protazanov (24.09.).

Die zeitgenössische Musik Tirols ist in diesem Jahr unter anderem mit dem Zithervirtuosen Martin Mallaun vertreten, der neben einem Solokonzert (12.09.) ebenso ein Konzert mit dem Orchester der Akademie St. Blasius bestreitet, auf dessen Programm auch eine Uraufführung von Franz Baur (Auftragswerk der Stadt Innsbruck) steht (25.09.). Auch Fagottist und Komponist Christof Dienz präsentiert mit seinem Ensemble Quadrat:sch Extended feat. Zeena Parkins ebenfalls eine Uraufführung (21.09.).

Die bereits zur Tradition gewordene Pilgerwanderung führt in diesem Jahr unter der kundigen Leitung von Peter Lindenthal von Scharnitz nach Telfs, mit einem Abschlusskonzert im Dom zu St. Jakob in Innsbruck. Unter anderem mit Konzerten der Sopranistin Natalia Pschenitschnikova, die auch ein neues Werk von Vadim Karassikov interpretiert, wird hier der Festival-Themenschwerpunkt Russland aufgegriffen. Die Cellistin Anja Lechner, die Pschenitschnikova begleitet aber auch solo spielen wird, ist einer der Gäste im Rahmen unseres Münchener Fensters.

Eines sei hier vorweggenommen: die "Klangspuren" erzwingen nichts; sie ermöglichen aber die unterschiedlichsten wie spannendsten - so glauben wir zumindest - Begegnungen mit der Musik unserer Zeit!

Beim "Klangspuren" Festival zeitgenössischer Musik 2010 werden 18 Uraufführungen und 6 Österreichische Erstaufführungen zu hören sein.
     
Informationen: http://www.klangspuren.at    
 
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