Ärzte-Ausbildung vor Änderung?  

erstellt am
25  05. 10

 Karl: Turnus abschaffen
Wissenschaftsministerin will den Turnus abschaffen und damit die Ärzte-Ausbildung attraktiver machen. Die Abwerbung durch Deutschland soll verhindert werden.
Wien (övp-pd) - Wissenschaftsministerin Beatrix Karl will die Ärzteausbildung attraktiver, die Studiendauer wesentlich kürzer machen. Der dreijährige Turnusdienst mit allen Verzögerungen und Wartezeiten soll abgeschafft werden.

Gegen deutsche Abwerbung
Das Problem ist, dass derzeit viele Mediziner durch deutsche Kliniken gezielt abgeworben werden, da in Deutschland die Absolvierung des Turnus nicht nötig ist. So werden zwar viele Mediziner in Österreich ausgebildet – letztendlich profitieren aber nur unsere deutschen Nachbarn davon.

Für schnellere Ausbildung
Karl: „Der Turnus ist ja auf drei Jahre angelegt und meistens kommt dann noch eine Wartezeit hinzu. Erst dann schließt die sechsjährige Facharztausbildung daran an. Das ist dann natürlich eine sehr lange Ausbildungszeit und die ist viel länger als im europäischen Vergleich." Das neue Konzept greift hier wesentlich schneller: „Ein Jahr, wo die Studierenden wirklich klinisch-praktisch tätig sind in der Uni-Klinik oder einem Lehrkrankenhaus. Danach soll es eine Teilapprobation geben, damit die Absolventen bereits eigenverantwortlich bestimmte Tätigkeiten durchführen können.“

 

Karlsböck: Positiver Ansatz Karls
Facharzt für Allgemeinmedizin fehlt - Reform der Mediziner-Ausbildung notwendig
Wien (fpd) - "In Österreich gibt, es im Unterschied zu dreizehn anderen EU-Staaten, keine Facharztausbildung für Allgemeinmedizin", kritisierte der freiheitliche NAbg. Dr. Andreas Karlsböck. Hier wäre eine Reform der Medizinerausbildung dringend notwendig, so Karlsböck, da unsere Studenten gegenüber den in andern europäischen Ländern Studierenden benachteiligt seien.

Es wäre ein Fortschritt, das deutsche Modell zu übernehmen, bei dem bereits Teile der Medizinerausbildung in das Studium eingearbeitet seien. So könne ein deutscher Medizinstudent bereits nach dem Studium und einem Jahr praktischer Arbeit, tatsächlich selbstständig als approbierter Arzt arbeiten, so Karlsböck. Diese Teilberechtigung Patienten zu behandeln, sei auch deswegen notwendig, um zu verhindern, dass Jungmediziner als Lückenbüßer mit Dumpinglöhnen eingesetzt würden, so Karlsböck.

Der bisher übliche Turnus sei durch ein Praxisjahr während des Studiums und durch eine vertiefte und verbreiterte, mindestens fünfjährige Weiterbildung zu einem neuen Spezialfach Allgemeinmedizin zu ersetzen, so Karlsböck. Weiters müsse das Medizinstudium in Wien, Graz und Innsbruck endlich vereinheitlicht werden, was auch für eine internationale Harmonisierung notwendig sei, so Karlsböck.

Angesichts des drohenden Ärztemangels, vor dem die FPÖ bereits seit Jahren warne, sei eine vernünftige Ausbildungs- und Strukturreform dringend notwendig, betonte der freiheitliche Ärztesprecher. Eine neue, erweiterte und vertiefte praktische Weiterbildung zur Allgemeinmedizin sei Voraussetzung, den Ansprüchen einer medizinischen Basisversorgung mit Gatekeeper- und Managementfunktion gerecht zu werden, so Karlsböck.

 

Spadiut: Turnus-Abschaffung Gebot der Stunde
BZÖ fordert Uni-Bonus-Modell
Wien (bzö) - Als "Gebot der Stunde" bezeichnet BZÖ-Gesundheitssprecher NAbg. Dr. Wolfgang Spadiut die Forderung von ÖVP-Wissenschaftsministern Beatrix Karl nach einer Abschaffung des Turnus-Dienstes für Ärzte. "Ich hoffe, dass dieser vernünftigen Ankündigung auch Taten folgen." Spadiut macht darauf aufmerksam, dass viele ausländische - insbesondere deutsche - Medizinstudenten einen Vorteil gegenüber den österreichischen haben. "Diese Studenten studieren auf österreichische Staatskosten und verlassen nach Abschluss des Studiums sofort unser Land und ersparen sich somit den dreijährigen Turnusdienst."

Der BZÖ-Gesundheitssprecher fordert in diesem Zusammenhang als Lösung die Umsetzung des BZÖ-Uni-Bonus-Modells. Dabei ist bei der Immatrikulation eine Einschreibgebühr von 5.000 Euro zu bezahlen. Österreichische Maturanten erhalten einen Bonus-Check in dieser Höhe, Studienanfänger aus anderen Ländern müssen die Gebühr zahlen. "Zigtausende Numerus-Clausus-Flüchtlinge nehmen den Österreichern die Studienplätze weg. Hier muss mit dem BZÖ-Uni-Bonus gegengesteuert werden", so Spadiut.

 

Dorner: Reform der Ärzteweiterbildung notwendig
Prinzipielle Zustimmung zu Wissenschaftsministerin Karl - Facharztausbildung unmittelbar nach Studium - Allgemeinmedizin auf Facharztniveau
Wien (öäk) - Die heute von Wissenschaftsministerin Beatrix Karl im Hörfunk geäußerten Absichten zur Sicherung der ärztlichen Ausbildungsqualität finden die prinzipielle Zustimmung der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). Nach Ansicht von ÖÄK-Präsident Walter Dorner müsse die fachärztliche Ausbildung unmittelbar nach dem Medizinstudium beginnen können. Der bisherige Turnus sei durch ein Praxisjahr während des Studiums und durch eine vertiefte und verbreiterte, mindestens fünfjährige Weiterbildung zu einem neuen Spezialfach Allgemeinmedizin zu ersetzen, sagte Dorner in einer ersten Stellungnahme.

Die fachärztliche Ausbildung müsste ohne Verzögerung nach dem Medizinstudium einsetzen, so Dorner. Diese Bedingung sei gegenwärtig "bei weitem nicht erfüllt", da viele junge Medizinerinnen und Mediziner nach dem Studium den Umweg über die allgemeinmedizinische Weiterbildung - den Turnus - gingen. Erst dann würden sie in die Facharztausbildung einsteigen können. "Das kostet Zeit und Geld, vergeudet Ressourcen und strapaziert durch überlange Wartezeiten die Nerven der angehenden Ärztinnen und Ärzte", erklärte Dorner. Angesichts des in den Spitälern und in den Ordinationen in einigen Jahren möglichen Fachärztemangels seien strukturelle Reformen "ein Gebot der Stunde". Der Ärztepräsident: "Wir müssen alles unternehmen, um diese Entwicklung unter Wahrung unserer hohen Qualitätsansprüche zu stoppen. Die effiziente Ausnutzung der Ressourcen ist vordringlich sicherzustellen."

Weitere Prioritäten bei der Reform der ärztlichen Ausbildung sieht der oberste Ärztevertreter in der Vereinheitlichung der Medizinstudien in Wien, Graz und Innsbruck sowie im Einbau eines Praxisjahres am Ende des Studiums. Diese Schritte seien zur internationalen Harmonisierung notwendig. Die damit erworbene Teilberechtigung, Patientinnen und Patienten zu behandeln, könne darüber hinaus verhindern, dass "Jungmediziner als Lückenbüßer mit Mindestlöhnen" eingesetzt würden. Dieses Praxisjahr allein könne jedoch nicht den Turnus als unverzichtbare Etappe der allgemeinmedizinischen Weiterbildung ersetzen. Auch sei mit dieser Teilapprobation keinesfalls die Berechtigung zur vollen eigenverantwortlichen und selbstständigen ärztlichen Tätigkeit verbunden.

In diesem Zusammenhang strich Dorner sogar verschärfte Voraussetzungen als langjähriges Konzept der Ärztekammer hervor: Nur eine erweiterte und vertiefte praktische Weiterbildung zur Allgemeinmedizin sei in der Lage, den modernen Ansprüchen einer umfassenden medizinischen Basisversorgung mit "ausgeprägter Lotsen- und Managementfunktion" gerecht zu werden.  

 

MedUni Wien-Rektor Schütz begrüßt Initiative von Ministerin Karl
Umstellung auf Praxisjahr an der MedUni Wien als Teil des Studiums bereits länger geplant
Wien (univie) - Der Rektor der Medizinischen Universität Wien Wolfgang Schütz begrüßt den Vorstoß von Wissenschaftsministerin Beatrix Karl zur Verkürzung der MedizinerIn - Ausbildung und für mehr Praxis während des Studiums.

"Wir planen an der MedUni Wien bereits seit einiger Zeit ein Praxisjahr als Teil des bestehenden Studiums, um den praktischen Aspekt der ärztlichen Ausbildung noch stärker zu betonen."

"Eine prinzipielle Änderung des Turnus ist notwendig, da unsere AbsolventInnen gegenüber ihren KollegInnen aus den meisten europäischen Ländern stark benachteiligt sind ", heißt es aus der Wiener Spitalgasse. "Mit der Initiative von Ministerin Karl steht einer deutlichen Kürzung der Ausbildungszeit und damit einem schnelleren Übergang in die Praxis nichts mehr im Wege. Und Österreich wird durch die Abschaffung des Turnus für JungmedizinerInnen als Arbeitsplatz erheblich attraktiver", so Schütz abschließend.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet sich in der Regel nach deren
Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion

 
zurück