Verhaltener Wirtschaftsaufschwung bei notwendiger Budgetkonsolidierung   

erstellt am
14. 06. 10

Gesamtwirtschaftliche Prognose der OeNB für Österreich 2010 bis 2012 vom Juni 2010
Wien (oenb) - Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) geht in ihrer vorliegenden Prognose von einem Wachstum der realen Wirtschaft Österreichs von 1,6 % im Jahr 2010 aus, nachdem diese 2009 um 3,4 % geschrumpft war. In den Jahren 2011 und vor allem 2012 wird sich das Wachstum sukzessive auf 1,8 % bzw. 2,1 % beschleunigen. Im Vergleich zur Dezemberprognose 2009 stellen sich die Konjunkturaussichten nunmehr insbesondere infolge der rascheren Erholung des Welthandels sowohl für 2010 (+0,4 Prozentpunkte) als auch für 2011 (+0,2 Prozentpunkte) günstiger dar. „Die mittelfristigen Wachstumsaussichten werden aber als gedämpft eingeschätzt“, kommentiert OeNB-Gouverneur Nowotny die aktuelle Prognose.

Prognose Juni 2010

Exportkonjunktur trägt den Aufschwung, Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen hält aber 2010 noch an
Die seit Sommer 2009 beobachtete rasche Erholung des Welthandels begünstigt den Auf­schwung der österreichischen Wirtschaft. „Nach -15% im Jahr 2009 wird für 2010 wieder ein positives Wachstum der heimischen Exporte von 4,6 % erwartet, das sich 2011 und 2012 weiter auf 5,4 % bzw. 6,1 % beschleunigen wird“, so Gouverneur Nowotny. Die Bruttoanlageinvestitionen werden nach dem starken Einbruch im Jahr 2009 zwar ab Mitte 2010 wieder wachsen, für das Gesamtjahr 2010 wird sich aber trotzdem ein Rückgang von 4,5 % ergeben. Erst 2011 (+1,5 %) und 2012 (+2,9 %) wird wieder mit positivem, historisch gesehen aber unterdurchschnittlichem Wachstum der Investitionstätigkeit gerechnet.

Konsum stabilisiert Konjunktur
Die Arbeitnehmerentgelte pro Beschäftigten werden 2010 aufgrund der niedrigeren Tariflohn­abschlüsse weitaus langsamer steigen (1,3 %) als 2009 (2,4 %). Die Betriebsüberschüsse und Selbstständigeneinkommen werden jedoch wieder zunehmen (1,6 %) und in Verbindung mit den öffentlichen Nettotransferleistungen das verfügbare Haushaltseinkommen stabilisieren. Aufgrund der etwas höheren Inflation wird das real verfügbare Haushaltseinkommen 2010 aber stagnieren. Da die Vorlaufindikatoren eine anhaltend robuste Konsumnachfrage signalisieren, wird für 2010 ein Konsumwachstum von 1,1 % erwartet. Im Verlauf der Jahre 2011 und 2012 wird das Wachstum des privaten Konsums durch den erwarteten restriktiven Ausgabenpfad der öffentlichen Hand gedämpft. Die Sparquote wird im Jahr 2010 (10,1 %) sinken und 2011 bzw. 2012 auf annähernd gleichem Niveau verharren.

Arbeitsmarktperspektiven bleiben getrübt
Die krisenbedingt erhöhte Arbeitslosigkeit ist im Vorjahresvergleich im März 2010 erstmals zurückgegangen; die Anzahl an offenen Stellen hat leicht zugenommen. Die Beschäftigung in Stunden ist im ersten Quartal 2010 wieder gewachsen. Angesichts der Schwere des Wirtschaftseinbruchs überrascht sowohl der im internationalen als auch im historischen Vergleich geringe Anstieg der Arbeitslosenquote sowie die rasche Rückkehr zu positivem Beschäftigungswachstum. Unterstützt durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen waren die heimischen Unternehmen bestrebt, ihren Beschäftigtenstand nach Möglichkeit durch Ver­kürzung der Arbeitszeit zu halten. Das Arbeitsangebot wird im Prognosezeitraum leicht wachsen, allerdings wird das Wirtschaftswachstum zu gering sein, um nachfrageseitig die Arbeitslosenquote zu verringern. Für 2010 und 2011 wird daher ein weiterer Anstieg der Arbeitslosenquote auf 5,0 % bzw. 5,1 % prognostiziert. 2012 wird sie auf diesem Niveau verharren.

Energiepreise erhöhen Inflation auf weiterhin moderates Niveau
Die HVPI-Inflationsrate stieg vor allem infolge der Preissteigerungen bei Energie im März und April 2010 auf 1,8 %. Im weiteren Verlauf des Jahres 2010 werden keine wesentlichen Veränderungen des HVPI erwartet. Für das Gesamtjahr 2010 ergibt sich somit eine Preissteigerungsrate von 1,7 %. Nach unveränderter Inflation im Jahr 2011 wird für 2012 aufgrund leicht erhöhter Preise für langlebige Konsumgüter ein geringfügiger Anstieg auf 1,8 % prognostiziert.

Erforderliche Budgetkonsolidierung und wirtschaftliche Entwicklung
2010 werden die öffentlichen Abgaben stagnieren, das Defizit wird daher auf 4,5 % des BIP steigen (2009: 3,4 %). Erst 2011 bzw. 2012 wird es infolge der erwarteten Budget­konsolidierung des Bundes auf 4,2 % bzw. 3,9 % des BIP sinken. Die schwache Konjunktur­erholung wird das Defizit hingegen kaum automatisch verringern. Die Staatsschuldenquote wird von 66,5 % des BIP (Ende 2009) auf rund 73 % des BIP im Jahr 2012 zunehmen.

In Übereinstimmung mit den Konventionen des Eurosystems sind in der vorliegenden Prognose nur Budgetmaßnahmen berücksichtigt, die bereits beschlossen wurden oder hinreichend detailliert sind und knapp vor ihrer gesicherten Beschlussfassung durch das Parlament stehen. In einem Szenario wird deshalb die Konjunkturentwicklung unter der Annahme, dass der im öster­reichischen Stabilitätsprogramm festgelegte Budgetkonsolidierungspfad eingehalten wird, geschätzt. Das Maastricht-Budgetdefizit wäre demnach 2011 und 2012 mit 4,0 % bzw. 3,3 % des BIP um 0,2 bzw. 0,6 Prozentpunkte niedriger. Für das Wirtschaftswachstum ergibt sich daraus für beide Jahre eine Dämpfung auf jeweils 1,7 %.
     
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