Debatte um die Allgemeine Wehrpflicht  

erstellt am
12. 07. 10

Scheibner: BZÖ hat Aussetzen der Wehrpflicht beantragt
BZÖ für Freiwilligenheer, bestehend aus zeitverpflichteten Berufssoldaten und Miliz =
Wien (bzö) - Das BZÖ hat in der Sitzung des Nationalrates vom 09.07. ein Aussetzen der Wehrpflicht in Österreich beantragt. Das gibt der stellvertretende Klubobmann des BZÖ und ehemalige Verteidigungsminister Herbert Scheibner bekannt. Angesichts der geänderten Umfeldbedingungen für die Sicherheitsherausforderungen - Österreich liegt inmitten von Mitgliedsstaaten der Europäischen Union - sei die konventionelle Landesverteidigung als Hauptaufgabe einer nationalen Armee auf absehbare Zeit in den Hintergrund getreten. Die Krisenreaktion tritt in den Vordergrund. Internationale Einsätze zur Konfliktprävention oder -Bewältigung, der Heimatschutz vor terroristischen Bedrohungen sowie Unterstützungsleistungen bei Katastrophen außergewöhnlichen Ausmaßes im In- und Ausland seien daher die Aufgaben des Österreichischen Bundesheeres der Zukunft. Derzeit sei das Bundesheer aber nicht in der Lage, größere Katastrophen- oder Zivilschutzeinsätze personell zu bewältigen. Diese neuen Anforderungen können für das BZÖ nur noch von hochprofessionell ausgebildeten und motivierten Freiwilligen erfüllt werden, die dafür die nötige Bezahlung und Ausrüstung sowie entsprechende Modelle zur Überleitung in andere Berufe nach einer zeitlich befristeten Soldatenkarriere brauchen. "Das BZÖ steht für die freie Entscheidung der Bürger und gegen Zwänge, deshalb wollen wir ein Mischsystem aus einem Berufsheer und einer Freiwilligenmiliz", betont Scheibner. Gleichzeitig soll nach den Vorstellungen des BZÖ das Freiwillige Soziale Jahr massiv ausgebaut werden, um das Sozialsystem langfristig zu sichern. "Derzeit werden Zivildiener teilweise völlig zweckentfremdet auf Steuerzahlerkosten eingesetzt, so beispielsweise für Absurditäten wie Märchenerzählen".

"Die derzeitige Wehrpflicht mit sechs Monaten ist teuer, aber ineffizient. Schlecht ausgebildete und zwangsverpflichtete Grundwehrdiener kosten viel Geld, sind aber im Ernstfall nicht einsatzfähig. Dadurch werde nicht nur der Schutz von lebensnotwendigen Infrastruktureinrichtungen sträflich vernachlässigt, sondern auch die Aufgaben innerhalb der Europäischen Union, die ebenfalls bestens ausgebildete und entsprechend ausgerüstete Soldaten erfordern", so Scheibner weiter. Studien würden belegen, dass ein Berufsheer langfristig günstiger sei als eine Wehrpflicht. Ein Freiwilligenheer gewähre Sicherheit zu geringeren volkswirtschaftlichen Kosten. Lediglich zu Beginn sei mit Umstellungskosten auf ein Freiwilligenheer zu rechnen, welche sich jedoch langfristig amortisieren. "Natürlich müssen hier vor einer Umstellung die Rahmenbedingungen geändert werden. Das Entlohnungssystem muss entsprechend geändert werden und es soll für die Soldaten geförderte Umstiegsmöglichkeiten in andere Berufsbereiche geben", bekräftigt Scheibner, der die SPÖ, die ein solches System nur aus ideologisch überholten Gründen ablehne und die ÖVP auffordert, den BZÖ-Antrag ernsthaft zu behandeln und nicht zu Tode zu vertagen.

 

SK-Dokumentation: Bundesheerkommission spricht sich klar für Wehrpflicht aus
Wien (sk) - In ihrem Bericht spricht sich die Bundesheerreformkommission klar für ein Aufrechterhalten der allgemeinen Wehrpflicht aus. Dieser Kommission gehörte neben Vertretern aller anderen Parteien auch der Grüne Abgeordnete Peter Pilz an. Der SPÖ-Pressedienst bringt im Folgenden einige Auszüge des Berichts.

  • "Die Kommission ist in der Frage der Wehrpflicht zur grundsätzlichen Erkenntnis gelangt, dass derzeit ein Verzicht darauf nicht möglich ist. Hinsichtlich der Dauer des Wehrdienstes wäre, unter der Voraussetzung entsprechender Rahmenbedingungen, eine Verkürzung auf sechs Monate frühestens im Jahr 2007 vorzusehen."
  • "In Abhängigkeit von der sicherheitspolitischen Lage und der damit zunehmenden Professionalisierung von Streitkräften wird die Diskussion einer Berufsarmee bzw. die Frage der Wehrpflicht auch in Österreich zunehmen. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Wahrung des Grundsatzes der Wehrgerechtigkeit zu achten sein. Zur Signalwirkung ist, in Zeiten des gesellschaftlichen Wertenwandels, eine verstärkte Anerkennung der nicht aus persönlichem Gewinnstreben erbrachten Dienste dringend erforderlich. Von der Einbindung breiter Schichten der Bevölkerung in den Dienst an der Gemeinschaft geht große Bedeutung aus. Die Bundesheerreformkommission wird konkrete Empfehlungen für die Weiterentwicklung des österreichischen Wehrsystems, speziell im Zusammenhang mit Inhalt, Dauer und materieller Absicherung der Wehrpflicht und des an diesen geknüpften Zivildienstes sowie dessen bedeutende Stellung für die sozialen Dienste in Österreich geben. Dabei wird auch die Beziehung zwischen Wehrpflicht und der Gewinnung von befristeten und unbefristeten Berufssoldaten und Berufssoldatinnen, sowie Milizsoldaten und Milizsoldatinnen zur Deckung des Personalbedarfs des Bundesheeres insgesamt zu beurteilen sein. Gesellschaftspolitisch ist überdies zu berücksichtigen, dass das Urteil der Öffentlichkeit über ein Bundesheer mit Wehrpflicht weiterhin zu einem großen Teil von den konkreten Erfahrungen Wehrpflichtiger bestimmt sein wird."
  • "Soldaten und Soldatinnen gut geführter Einheiten mit abwechslungsreicher, einsatzorientierter, leistungsfordernder und -fördernder Ausbildung beurteilen ihre Dienstleistung überwiegend sinnvoll und positiv und werden damit zu Werbeträgern. Derart erfüllt die Wehrpflicht auch die Aufgabe, eine Grundlage für die Rekrutierung von Berufs- und Milizsoldaten zu schaffen, am Besten. Damit wird auch das Urteil der Öffentlichkeit über das Österreichische Bundesheer im positiven Sinn beeinflusst und begünstigt die Personalgewinnung."
  • Es muss das Ziel sein, Grundwehrdiener in ihrer großen Mehrzahl in der Einsatzorganisation zu verwenden. Damit ist auch die Gewähr gegeben, dass die Wehrpflicht ihrer primären Aufgabe der Abdeckung des Bedarfes an entsprechend ausgebildeten Soldaten für Einsatzaufgaben gerecht wird. Darüber hinaus dient sie als Rekrutierungsbasis für Berufssoldaten und die Miliz."

 

Fichtenbauer: FPÖ lehnt ein Berufs- oder Freiwilligenheer ab…
… und steht auch weiterhin zur allgemeinen Wehrpflicht
Wien (fpd) - "Die FPÖ wird auch weiterhin konsequent an der allgemeinen Wehrpflicht festhalten und lehnt ein Berufs- oder Freiwilligenheer grundsätzlich ab", beantwortet der freiheitliche Wehrsprecher NAbg. Dr. Peter Fichtenbauer den bekanntgewordenen Antrag des BZÖ zur Aussetzung der Wehrpflicht in Österreich.

Der Realität, die sich in der Aussetzung der österreichischen Wehrpflicht und der Einführung eines Berufs- bzw. Freiwilligenheeres ergäbe, wird seitens der Freiheitlichen Partei vehement entgegengetreten. "Die FPÖ steht unverrückbar auf dem Standpunkt der Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht", insistiert Fichtenbauer. Dies sei ein Erfordernis zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Dienstpflicht für Männer und der bestehenden und unersetzbaren Bereitstellung einer hinlänglichen Zahl von Wehrdienstpflichtigen, aber auch für das notwendige Personal für die Blaulichtorganisationen.

Fichtenbauer führt weiter aus, dass "die Behauptung, dieses System der allgemeinen Wehrpflicht sei nicht mehr zeitgemäß, bisweilen auch in der absurden Behauptung mündet, ein Berufs- bzw. Freiwilligenheer käme billiger". Wer diese Behauptung aufstelle, tue dies offenkundig wider besseren Wissens. Seriöse Schätzungen der Kosten eines derartigen neuen Systems gingen dahin, dass gut und gerne das Dreifache des derzeitigen Budgets zu veranschlagen wäre, damit die Aufrechterhaltung eines einsatzfähigen Heeres gewährleistet werden könnte. Dieses höhere Finanzerfordernis hänge natürlich nur teilweise mit größeren Investitionen im Rüstungsbereich zusammen. Auch der sprunghaft ansteigende Personalkostenbedarf würde die prekäre budgetäre Lage weiter belasten. "Eine derartige Erhöhung des österreichischen Budgetrahmens für das Bundesheer können nicht einmal Extremoptimisten erkennen", so Fichtenbauer. Die Denkmöglichkeit, dass nämlich unter dem Etikett "Berufs- bzw. Freiwilligenheer", unter der Variante der Aufrechterhaltung der derzeitigen Budgetziffer eine Art Abschaffungsvorgang des Heeres beabsichtigt sein könnte, sei selbstverständlich auch nicht auszuschließen.

 

 Pilz: Wir sind weiter für Abschaffung
Wien: Sicherheitssprecher Peter Pilz hat in einer Pressekonferenz am 12.07. seine Aussagen zur Abschaffung der Wehrpflicht vom Wochenende wiederholt.
Wien (grüne) - Sollten die Regierungsparteien weiter am Präsenzdienst festhalten, wollen wi eine Volksabstimmung - entweder über einen Antrag des Nationalrats oder über ein Volksbegehren. Ganz neu ist diese "Drohung" nicht: Pilz hatte schon beim Fall der Schengen-Grenze 2007 ein Volksbegehren zur Abschaffung der Wehrpflicht angekündigt. Pilz argumentierte seine Forderung damit, dass sich die militärischen Aufgaben geändert haben und Österreich mittlerweile eines der wenigen Länder mit Wehrpflicht in Europa ist.
Was wir wollen:

Unsere konkreten Vorstellungen für ein Berufsheer: statt Kader-Milizheer mit 50.000 Personen eine leichte UN-Brigade mit rund 6.000 Beschäftigten, statt Grundwehrdienst und Miliz rund 4.000 Berufssoldaten auf Basis einer gemeinsamen Ausbildung mit der Polizei.

Der Katastrophenschutz soll durch zivile Strukturen und die Zivildiener durch ein Freiwilligenmodell ersetzt werden. Verhandeln will Pilz die Abschaffung der Wehrpflicht im Rahmen der neuen Sicherheitsdoktrin. Dem burgenländischen Verteidigungsminister attestierte Pilz Ahnungslosigkeit, Norbert Darabos könne zwischen "einem Mähdrescher und einem Kampfpanzer" nicht unterscheiden.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
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Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion

 
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