Industrie-Konjunktur: Erholungspfad noch intakt   

erstellt am
08. 07. 10

IV-GS Beyrer: IV-Konjunkturbarometer stößt weiter in positives Terrain vor – Deutlich verbesserte Auftragslage – Allmähliche Erholung der Beschäftigungs- und Ertragslage
Wien (pdi) - Die konjunkturelle Erholung in der österreichischen Industrie gewinnt während des Frühsommers an Dynamik. Das IV-Konjunkturbarometer, das als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, steigt im 2.Quartal 2010 auf +23 Punkte nach +9 Punkten im Vorquartal.

„Die Sonne scheint – sie wärmt durchaus auch die Industrie: Seit dem zweiten Quartal partizipiert die Industrie verstärkt am internationalen Aufschwung – neben der deutlich erholten Mengenkonjunktur spielt dabei auch die bessere preisliche Wettbewerbsfähigkeit infolge der Euro-Abwertung eine Rolle“, so der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Markus Beyrer, zum Hauptergebnis der IV-Konjunkturerhebung für das 2. Quartal 2010. „Zwar wird die derzeitige Erholung zumindest bis in das dritte Quartal anhalten, dabei gegen Ende des Jahres allerdings etwas an Kraft verlieren.“

Das zurückliegende Quartal war nicht zuletzt von einer zunächst witterungs-, später dann auch vulkanaschebedingten Aufholbewegung zuvor eingetretener Produktionsausfälle gekennzeichnet. Im Ergebnis ist die Kapazitätsauslastung in der österreichischen Industrie auf 79% gestiegen, bleibt aber gegenüber dem langjährigen Mittelwert von 82% weiterhin unterdurchschnittlich.

Vor dem Hintergrund von Überkapazitäten wird die Sachkapitalbildung dementsprechend weiterhin stark eingeschränkt. Die Ausrüstungsinvestitionen insbesondere bei Fahrzeugen, aber auch bei Maschinen gehen zurück, zugleich verzeichnet der Wirtschaftsbau anhaltende Einbußen. Im Vordergrund der Investitionstätigkeit stehen Ersatz- und Diversifikationsinvestitionen, während Kapazitätserweiterungen von nachrangiger Bedeutung sind. „Ein Anspringen der Investitionsnachfrage ist erst im kommenden Jahr zu erwarten – mit der korrespondierenden Ausweitung der Kreditnachfrage wird sich erweisen, inwieweit die rezessive Entwicklung des Kreditvolumens angebots- oder nachfragebedingt ist“, betonte Beyrer.

Die Einschätzung der derzeitigen Geschäftslage in der Industrie hat sich von +2 Punkten auf +31 Punkte deutlich verbessert. Erstmals im laufenden Konjunkturzyklus überwiegt damit die Zahl der Unternehmen mit positiver Einschätzung jene mit negativer Einschätzung des aktuellen Geschäftsverlaufs klar. Allerdings liegt der Anteil der Unternehmen mit gutem Geschäftsverlauf (36%) nach wie vor nicht nur unter dem langjährigen Durchschnitt von 41%, sondern sogar markant unter dem Wert der letzten Halbdekade vor Beginn der Rezession mit 55%.

Bei der Erwartungskomponente mit Sechs-Monats-Horizont ist hingegen eine leichte Abschwächung zu verzeichnen – der Saldo sinkt von +16 auf +14 Punkte. „Dementsprechend ist zu erwarten, dass die Erholungsdynamik im weiteren Verlauf des Sommers ihren oberen Scheitelpunkt erreicht. Sowohl der Anteil der Unternehmen, die eine anhaltende Verbesserung erwarten (22%) als auch der Anteil jener Unternehmen, die eine erneute Abschwächung erwarten (8%), nimmt dabei ab – dies deutet auf eine bessere Planbarkeit des weiteren Geschäftsverlaufes bei insgesamt geringer Dynamik hin“, sagte der IV-Generalsekretär.

„Das Ausstoßniveau des letzten Vorkrisenjahres 2008 wird somit frühestens im Jahr 2012 wieder erreicht werden“, stellt IV-Chefökonom Dr. Christian Helmenstein fest. „Der Erholungsprozess kommt voran, ein selbsttragender Aufschwung ist noch nicht in Sicht.“

Die Ergebnisse im Detail
Die Auftragsbestände weisen derzeit einen Saldo von +40 Punkten nach +11 Punkten auf – knapp die Hälfte (44%) der Unternehmen bezeichnet ihren Auftragsbestand wieder als gut. Der nunmehr deutlich günstigere Verlauf der Mengenkomponente der Konjunkturerholung wird in den kommenden Monaten produktions- und beschäftigungsstabilisierend wirken – und zwar in einem Ausmaß, dass das Szenario eines erneuten Abgleitens in die Rezession im weiteren Verlauf des heurigen Jahres für die österreichische Wirtschaft als minimal anzusehen ist. Der Erholungspfad erscheint trotz der nach wie vor hohen Volatilität auf den Finanzmärkten somit einstweilen intakt.

Hierzu beigetragen haben wesentlich die Bestellungen aus dem Ausland, doch liegt der Saldo dieses Aggregates mit +32 Punkten nach +7 Punkten hinter der Dynamik der Inlandsaufträge zurück. Die den Export begünstigende Abwertung des Euro gegenüber anderen wichtigen Fakturawährungen wirkt hier erst mit Verzögerung, sodass diese Komponente auf Sicht der kommenden Quartale noch weiteres Verbesserungspotenzial bergen sollte, es sei denn der Welthandel insgesamt würde erneut einen negativen Schock erfahren.

Die verbesserte Auftragslage übersetzt sich auf Sicht der kommenden drei Monate in eine neuerliche Ausweitung der Produktionstätigkeit in der Industrie. Dabei wirkt der zyklische Lageraufbau noch unterstützend, sodass der Saldo von +15 auf +23 Punkte zunimmt.

Im Vorquartal setzte sich der über einen Zeitraum von insgesamt sechs Quartalen zu beobachtende Beschäftigungsabbau nicht mehr fort, obwohl die Arbeitsproduktivität im Vorjahr erheblich zurückgegangen ist. Auf Sicht der kommenden drei Monate hellen sich die Arbeitsmarktperspektiven allmählich weiter auf (Saldo von +12 nach +6) – nur noch jedes zwanzigste Unternehmen erwartet einen fallenden Beschäftigtenstand. Allerdings geht auch die Einstellungsneigung der Unternehmen zurück – beabsichtigten im Vorquartal noch 21% der Unternehmen, zusätzliche Beschäftigte aufzunehmen, sinkt dieser Anteil auf 17% im laufenden Quartal.

Auf der Erlösseite rechnen die Unternehmen weiterhin mit einer hohen Wettbewerbsintensität bei den Verkaufspreisen (Saldo +8 nach -1). Anteilsmäßig sehen 72% der Respondenten keine Veränderung der Absatzbedingungen, während knapp ein Fünftel (18%) der Respondenten erwartet, bessere Verkaufspreise erzielen zu können.

Aufgrund der weiter zunehmenden, aber noch unterdurchschnittlichen Kapazitätsauslastung ist erstmals seit eineinhalb Jahren trotz anhaltend hohen Kostendrucks eine Stabilisierung der Ertragslage auf niedrigem Niveau zu verzeichnen (Saldo von +10 nach -5). Eine tiefgreifende Verbesserung der finanziellen Stabilität der Unternehmen ist angesichts der geringen Erholungsdynamik auf Sicht von sechs Monaten allerdings nicht zu erwarten (Saldo +8 nach +12).

Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 463 Unternehmen mit mehr als 280.300 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.
     
zurück