Einsatz für Zusammenleben von Christen, Juden, Muslimen ist "ständige Aufgabe"   

erstellt am
07. 07. 10

Hohe staatliche Auszeichnung für Paul Schulmeister – Auch im Schatten von Manifestationen gegen die Politik der israelischen Regierung darf sich kein Antisemitismus entwickeln
Wien (pew) - Den Einsatz für das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religion bezeichnete Kultusministerin Claudia Schmied bei der Überreichung des Großen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich an Paul Schulmeister als „ständige Aufgabe“. Claudia Schmied würdigte das Engagement des Publizisten – und früheren Präsidenten der Katholischen Aktion Österreichs (KAÖ) wie des Katholischen Akademikerverbands Österreichs – für diese Aufgabe. Schulmeister betonte in seinen Dankesworten, dass es im Dialog der Religionen um mehr gehe als um „sozialpolitische Fragen“. In Österreich gebe es an sich ein gutes Gesprächsklima zwischen den Religionen, aber auch hier sei dieses Klima „Belastungen ausgesetzt“. Diese Belastungen seien letztlich auf den Nahostkonflikt zurückzuführen. In diesem Zusammenhang appellierte Schulmeister, „keine unkontrollierbaren Emotionen freizusetzen“, im Schatten von Manifestationen gegen die Politik der israelischen Regierung dürfe sich kein Antisemitismus entwickeln.

Österreich soll sich nicht „abkapseln“, sondern für Offenheit optieren, unterstrich der Publizist und frühere KAÖ-Präsident. Das sei für die „humanitas austriaca“ kennzeichnend. Schulmeister nannte drei Autoren, die für die Analyse der Gegenwart wichtig sind: Wystan Hugh Auden, der in seinem am Ende des Zweiten Weltkriegs entstandenen Poem „The Age of Anxiety“ (Das Zeitalter der Angst) die vielfachen Versuchungen des „Kriegs, der wir sind“ nachzeichnete; der deutsche Verfassungsjurist Ernst Wolfgang Böckenförde („der freiheitliche Staat lebt von Voraussetzungen, die er sich nicht selbst geben kann“) und Gilbert K. Chesterton, der mit seiner Definition der Tradition als „Demokratie für die Toten“ einen Hinweis darauf gab, dass Europa ohne Einsicht in sein Erbe nicht zukunftsfähig ist.

In seiner Laudatio hatte der Grazer Bischofsvikar Heinrich Schnuderl – früher geistlicher Assistent der Katholischen Aktion – die Verdienste Paul Schulmeisters für den christlich-jüdischen Dialog und die christlich-islamische Begegnung betont. Schnuderl erinnerte daran, dass Schulmeister am 12. Oktober 1986 bei der ersten christlich-jüdischen „Stunde der Begegnung“ in der Nationalbibliothek das Wort des polnischen Historikers und späteren Außenministers Wladyslaw Bartoszewski von der „Gefahr der Gleichgültigkeit und des Opportunismus“ in den Mittelpunkt gestellt hatte. Mit den Veranstaltungen „Shalom für Österreich“ habe Schulmeister nicht nur mitgeholfen, das Schweigen zwischen nichtjüdischen Österreichern und den jüdischen Mitbürgern aufzubrechen, sondern vielen auch einen Erstzugang zur bahnbrechenden Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils über das christlich-jüdische Verhältnis „Nostra Aetate“ erschlossen. Angesichts der antisemitischen Untertöne im Zusammenhang des Präsidentschaftswahlkampfs 1986 seien diese Initiativen besonders bedeutsam gewesen.

Auch die Initiativen Schulmeisters für die christlich-islamische Begegnung – etwa im Rahmen der zivilgesellschaftlichen Plattform „Christen und Muslime“ – seien ein bewusster Gegenakzent angesichts der weltweiten Auseinandersetzung über die dänischen Mohammed-Karikaturen gewesen, betonte Schnuderl. Die Initiativen Schulmeisters seien von der Überzeugung getragen, dass das „verletzende Wort“ eine „Vorform physischer Gewalt“ sein kann. Zugleich sehe er im Auftrag zur Begegnung jenes „Lebensprinzip“ Österreichs, das der große Schriftsteller Reinhold Schneider in seinem Werk „Winter in Wien“ eindrucksvoll beschrieben habe.

Das Amt des Präsidenten der Katholischen Aktion Österreichs habe Schulmeister 1986 in einer für die katholische Kirche schwierigen Zeit übernommen, unterstrich Schnuderl. Damals sei es um das „Erbe von Kardinal König“ gegangen, aber auch darum, die Markierungen des „Mariazeller Manifests“ von 1952 weiterzuschreiben und die Impulse des Zweiten Vatikanischen Konzils fruchtbar zu machen. Schulmeister habe 1988 ganz bewusst das Gespräch mit Rom gesucht und sei mit einer Delegation des Präsidiums der Katholischen Aktion in den Vatikan gefahren. Damals habe es Gespräche mit führenden Kardinälen mit Joseph Ratzinger an der Spitze gegeben.

An der Überreichungszeremonie im Unterrichtsministerium nahmen u.a. auch der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl und der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Anas Schakfeh, teil.
     
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