Innsbruck: Wider das Vergessen   

erstellt am
23. 07. 10

Gedenktafel im neuen Kaufhaus Tyrol enthüllt
Innsbruck (rms) - Am 22.07. war das Kaufhaus Tyrol Schauplatz einer feierlichen Zeremonie. Vertreter der Stadt Innsbruck, des Landes Tirol, des Kaufhauses Tyrol und der Israelitischen Kultusgemeinde enthüllten im Erdgeschoss eine von der Glockengießerei Grassmayr gestaltete Gedenktafel. Diese erinnert an die jüdischen Familien Bauer und Schwarz, die 1908 an derselben Stelle das erste Kaufhaus Westösterreichs - nach Vorbild der großen Metropolen - errichtet hatten. Das "Warenhaus Bauer und Schwarz" fiel 1938 der NS-Zeit zum Opfer.

"Ich bin beeindruckt, wie sehr die Erinnerung daran wachgehalten wird", betonte Bürgermeisterin Mag.a Christine Oppitz-Plörer. "Für unser aller Zusammenleben ist es wichtig, dass wir im Umgang mit dieser Zeit aufeinander zu gehen und die furchtbaren Ereignisse niemals vergessen. Daher bedanke ich mich bei den Initiatoren dieser Tafel, denn damit wird nicht nur verdienten Innsbruckern ein Denkmal gesetzt, sondern auch verhindert, dass dieses dunkle Kapitel jemals in Vergessenheit gerät."

Auch Dr. Esther Fritsch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, bedankte sich für die große Unterstützung, die ihr seitens Bgm. Oppitz-Plörer, Altbürgermeisterin Hilde Zach, Tiroler Landtagspräsident DDr. Herwig van Staa und Kaufhaus-Tyrol-Gründer René Benko zuteil wurde. "Damals war das Kaufhaus Bauer und Schwarz genauso innovativ, modern und großstädtisch wie es heute das Kaufhaus Tyrol ist. Ich habe selbst festgestellt, dass auch heute noch viele alte Menschen in Innsbruck an das erste Kaufhaus und die beiden jüdischen Familien Bauer und Schwarz zurückdenken", so Dr. Fritsch.

Festredner Dozent Dr. Horst Schreiber, Historiker an der Universität Innsbruck, betonte in seiner Rede über die geschichtlichen Hintergründe wie schon Dr. Fritsch die große Heimatverbundenheit der beiden Familien, die ab 1938 der Verfolgung durch die Nationalsozialisten offen ausgesetzt waren. "Es war nie eine jüdische Gemeinde wie in anderen Städten entstanden, sondern die Juden in Innsbruck fühlten sich immer sehr stark mit den christlichen Tirolern verbunden. Sie waren überzeugte Patrioten, deren Söhne auch im ersten Weltkrieg kämpften und starben."

Landtagspräsident DDr. Herwig van Staa bedankte sich bei Dr. Fritsch nicht nur für ihren Einsatz für diese Gedenktafel, sondern auch für ihr großes Engagement, jüdische und christliche Tiroler einander näher zu bringen.

Die jüdischen Familien Bauer und Schwarz, seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Innsbruck ansässig, arbeiteten sich mit viel Fleiß von kleinen Händlern zu erfolgreichen Großunternehmern empor. 1908 eröffneten sie das gleichnamige Kaufhaus, das dem Ersten Weltkrieg, der Weltwirtschaftskrise und den Jahren der Inflation trotzte und bei den Innsbrucker BürgerInnen ausgesprochen beliebt war. Mit dem "Anschluss" an das Dritte Reich im Jahr 1938 wurde das erste und ehemals größte Kaufhaus Westösterreichs arisiert, die jüdischen Besitzer verfolgt, vertrieben und einige von ihnen ermordet. Ab 1966 trat das Kaufhaus Tyrol die Nachfolge bis 2007 an - das im März 2010 eröffnete, neue Kaufhaus Tyrol ist bislang das jüngste Kapitel einer über hundert Jahre langen Kaufhaustradition am selben Platz im Herzen von Innsbruck.
     
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