"Kardinal König war ein großer Prophet"   

erstellt am
02. 08. 10

Polnischer Erzbischof Jozef Zycinski feierte aus Anlass des bevorstehenden 105. Jahrestages der Geburt des Wiener Alterzbischofs Gedenkgottesdienst in der Basilika von Mariazell
Wien-Mariazell (pew) - Die Bedeutung von Kardinal Franz König für den Aufbau des neuen Europa unterstrich der Lubliner Erzbischof Jozef Zycinski am 01.08. in Mariazell bei einem Gedenkgottesdienst aus Anlass des bevorstehenden 105. Jahrestages der Geburt des Wiener Alterzbischofs. Der Kardinal sei eine der prägenden Persönlichkeiten des Zweiten Vatikanischen Konzils gewesen („er war unser Freund und ein großer Prophet“), betonte der polnische Erzbischof und erinnerte an einen charakteristischen Ausspruch Königs: „Wenn die Botschaft Christi wirklich das ist, was sie sein soll, dann muss sie auch eine Antwort auf die Fragen der suchenden Menschen von heute geben können“. Tradition sei die „Bewahrung des Feuers und nicht der Asche“, so der Erzbischof von Lublin, der seit vielen Jahren eng mit Österreich verbunden ist.

Erzbischof Zycinski zitierte aber auch das Wort Kardinal Königs in dessen legendärer Rede vor dem Bundesvorstand des ÖGB 1973: „Ich bin kein Bischof der ÖVP und kein Bischof der SPÖ, kein Bischof der Unternehmer und auch keiner der Gewerkschaftler, kein Bischof der Bauern und auch nicht einer der Städter, ich der Bischof aller Katholiken“. Mit dieser Formulierung habe König die Bedeutung des „christlichen Universalismus in einer geteilten Welt“ herausgearbeitet.

„Mutige Version für Europa“
Das Erbe Kardinal Königs sei auch eine Verpflichtung für heute, so Erzbischof Zycinski. Kardinal König habe – gemeinsam mit den polnischen Kardinälen Stefan Wyszynski und Karol Wojtyla, dem späteren Papst Johannes Paul II. – eine „mutige Vision“ für ein neues Europa nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs gehabt. Eine Furcht dieser Vision sei auch das Institut „Janineum“ gewesen, das mit tatkräftiger Unterstützung von König und Wyszynski 1957 von Lonny Glaser begründet wurde. Die Stipendiaten dieses Instituts spielten heute eine wichtige Rolle, sowohl im kulturellen Leben als auch in den demokratischen Institutionen, die nach dem Fall des Kommunismus entstanden sind.

Der Gottesdienst in Mariazell sei ein „Ausdruck der Dankbarkeit“ für das Wirken Kardinal Königs, sagte der Lubliner Erzbischof. Es gehe darum, das neue Europa mit seinen christlichen Wurzeln zu unterstützen. Das bedeute auch, den „Stil Mariens“ zum Vorbild zu nehmen und konsequent im „Geist der Seligpreisungen“ zu leben.

„Mit den Suchenden"
Der Mariazeller Superior, P. Karl Schauer OSB, hatte zu Beginn der Messfeier in der Basilika daran erinnert, dass der steirische Marienort für König „Heimat“ war. Hier habe er als Kind entdeckt, dass es Menschen mit anderer Sprache und anderer Tradition gibt; damals sei im kleinen Franz König jene „Neugierde“ geweckt worden, die ihm Lebensbegleiter wurde. Auf diese Weise sei Franz König immer mit Christen aller Konfessionen, Andersgläubigen, Suchenden, Zweiflern und Nichtglaubenden in Kontakt geblieben, um mit ihnen über die drei Grundfragen „woher komme ich, wohin gehe ich, wozu ist mein Leben“ nachzudenken.

In der Zeit des „Eisernen Vorhangs“ habe Kardinal König mit dem „Janineum“ eine Initiative gesetzt, um christlichen Wissenschaftlern und Künstlern aus den damals kommunistisch beherrschten Ländern durch Vergabe von Auslandsstipendien die Möglichkeit zum geistigen Austausch zu geben, betonte P. Schauer. Die Stipendiaten des „Janineums“ seien so „Pioniere für ein neues versöhntes Europa“ geworden. Insgesamt 6.000 Wissenschaftler und Künstler aus Polen, aber auch aus anderen ostmitteleuropäischen und osteuropäischen Ländern seien durch diese Schule gegangen. Heute hätten sie wichtige Aufgaben in Politik, Wissenschaft und Kultur und seien damit „Brückenbauer“ für ein neues Europa geworden.

In besonderer Weise dankte P. Schauer der Gründerin des „Janineums“, Lonny Glaser, und ihrer Nachfolgerin Anna Glaser, die beide beim Gottesdienst anwesend waren, der musikalisch von einstigen Stipendiatinnen des Instituts gestaltet wurde.
     
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