Vorratsdatenspeicherung  

erstellt am
27. 07. 10

Justizministerium prüft Vorschlag
Nach monatelangem Warten endlich eine Inititative
Wien (bmj) - "Nach Monaten des Wartens registrieren wir, dass sich Verkehrsministerin Doris Bures nunmehr endlich dazu durchgerungen hat, in Sachen Vorratsdatenspeicherung aktiv zu werden", so Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner am 27.07. zur EU-Richtlinie zur Data-Retention (Vorratsdatenspeicherung).

Das Telekommunikationsgesetz falle eindeutig in den Zuständigkeitsbereich der Verkehrsministerin. "Insofern bewerte ich alle Versuche, sich nunmehr auf andere Ministerien auszureden als wenig seriös", so Bandion-Ortner. Unabhängig davon erachte sie Schuldzuweisungen aber generell für wenig sinnvoll: "Mir geht es um sachorientierte Lösungen und daher werden wir diesen Text, der uns nun endlich vorliegt, in Ruhe bewerten."

Für die Justiz sei wichtig, dass die Grundrechte gewahrt bleiben und gleichzeitig die Mittel zur Prävention und Aufklärung von Straftaten zeitgemäß ausgestattet sind. Daher sei zwar unbestritten, dass in einem grundrechtlich derart sensiblen Bereich das Gebot der Verhältnismäßigkeit besonders berücksichtigt werde. Gleichzeitig dürfe die Umsetzung der erwähnten Vorratsdaten-Richtlinie aber nicht zu einer Einschränkung der bisherigen Ermittlungsmaßnahmen führen: "Ein Beispiel sind Internet-Betrügereien, die in den letzten Jahren leider vermehrt praktiziert werden und von denen viele Menschen betroffen sind", so Bandion-Ortner, die darauf hinweist, dass auch der EGMR keinen Zweifel daran lässt, dass den Strafverfolgungsbehörden zur Prävention und zur Verfolgung von Straftaten moderne und dem Stand der Technik angepasste Techniken zur Verfügung stehen müssen.

"Die Richterinnen und Richter achten in jeder Entscheidung sehr sorgfältig auf die Grundrechte der Bürger und bewilligen Eingriffe in das Telekommunikationsgeheimnis nur dort, wo sie tatsächlich notwendig sind, um Straftaten aufzuklären und Täter zu verfolgen", so Bandion-Ortner abschließend.

 

Maier: Österreich wartet auf den Bericht der EU-Kommission!
Justiz und Innenministerin müssen Vorschläge bekanntgeben!
Wien (sk) - Vor der Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in Österreich ist der im Aktionsplan zum Stockholm-Programm angekündigte Bericht zur Umsetzung dieser Richtlinie in den Mitgliedsstaaten abzuwarten, stellt SPÖ-Konsumentenschutzsprecher und Vorsitzender des Datenschutzrates, Nationalratsabgeordneter Johann Maier fest. Die Ankündigung von Bundesministerin Doris Bures mit einem Gesetzesbeschluss zuzuwarten, bis dieser Evaluierungsbericht vorliegt, ist daher voll zu unterstützen. Nicht übersehen werden darf, dass auch von der EU-Kommission Abänderungsanträge zu dieser Richtlinie nicht mehr ausgeschlossen werden.

Für die österreichische Diskussion ist es aber unumgänglich, dass nun auch das Justizressort und das Innenressort ihre vorläufigen Vorstellungen zur Novelle der Strafprozessordnung (StPO) und des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) - und zwar unter der Berücksichtigung der Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichtshofes - bekanntgeben. Ohne die Klärung was unter einer "schweren Straftat" zu verstehen ist sowie wie den Informationsverpflichtungen nach Grundrechtseingriffen nachgekommen werden muss, kann keine umfassende Stellungnahme zur Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung bekanntgegeben werden. Daher hat der Österreichische Datenschutzrat diese Klarstellung bereits vor einigen Monaten eingefordert, so der Vorsitzende des Datenschutzrates, Johann Maier.

Zu berücksichtigen ist aber auch der bereits vorliegende Bericht zur Vorratsdatenspeicherung, der von der Artikel 29 Gruppe verfasst wurde - das sind die nationalen Datenschutzbehörden in der Europäischen Union. Sie betrachten die Vorratsdatenspeicherung als gescheitert, darüber hinaus kann aus ihrer Sicht derzeit in Anbetracht der unvertretbaren Kosten und des Aufwandes kein wirklicher Nutzen nachgewiesen werden. Zu Recht wird daher die Vorratsdatenspeicherung als nichtverhältnismäßig und nicht vereinbar mit der Europäischen Grundrechtecharta gesehen. Es fehlt bislang der Nachweis, dass die Vorratsdatenspeicherung einen besseren Schutz vor Kriminalität bringt. Dies gilt auch für die Internetkriminalität. So wurde in Deutschland bereits nachgewiesen, dass die Aufklärungsquote von Internet-Delikten in dem Zeitraum, in dem die Vorratsdatenspeicherung praktiziert worden war, nicht angestiegen, sondern bei etwa 80 Prozent verblieben ist, so der SPÖ-Abgeordnete.

Richtig ist aus SPÖ-Sicht vielmehr, dass diese mit Millionenkosten verbunden ist und in die Privatsphäre unverdächtiger europäischer Bürger eingreift. Der Vorstoß des irischen Höchstgerichts, die Richtlinie der Vorratsdatenspeicherung durch den europäischen Gerichtshof einer grundrechtlichen Überprüfung zu unterziehen, muss daher ausdrücklich begrüßt werden, so Maier.

Mitte Juni haben überdies über 100 Organisationen aus 23 europäischen Ländern die EU-Kommission in einem gemeinsamen Brief aufgefordert, "die Aufhebung der EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung zugunsten eines Systems zur schnellen Sicherstellung und gezielten Aufzeichnung von Verkehrsdaten vorzuschlagen". Unter den Unterzeichnern befinden sich Bürgerrechts-, Datenschutz- und Menschenrechtsorganisationen ebenso wie Telefonseelsorge- und Notrufvereine, Berufsverbände etwa von Journalisten, Juristen und Ärzten, Gewerkschaften wie ver.di, Verbraucherzentralen und auch Wirtschaftsverbände wie der deutsche eco-Verband. Darin wird die flächendeckende Überwachung der gesamten europäischen Bevölkerung als inakzeptabel angesehen, da ohne jeden Verdacht einer Straftat Verbindungsdaten aufgezeichnet und gespeichert werden. Die Unterzeichner appellierten in diesem Schreiben an die EU-Kommission einen Vorschlag zur Abschaffung der EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung zugunsten eines Systems zur schnellen Sicherstellung und gezielten Aufzeichnung von Verkehrsdaten, wie es in der Cybercrime-Konvention des Europarats vereinbart worden ist.

Aus Sicht des SPÖ-Konsumentenschutzsprechers sollte daher auf europäischer Ebene bereits jetzt über sinnvolle Alternativen zur bestehenden flächendeckenden und verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung nachgedacht werden, so Maier. Das in den USA übliche "Quick Freeze"-Verfahren könnte eine sinnvolle Alternative sein. Im Vergleich zu einer verdachtsunabhängigen Speicherung von Verbindungsdaten greift dieses Verfahren erst dann ein, wenn ein konkreter Verdacht gegen eine bestimmte Person vorliegt. Mit einer rechtlichen Genehmigung könnten, die so erfassten Daten in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren verwendet werden, so Maier abschließend.

 

Stadler verlangt Boykott Österreichs
"Big-Sister-Bures" is watching you"
Wien (bzö) - BZÖ-Justizsprecher Ewald Stadler erteilt dem Überwachungsentwurf von Infrastrukturministerin Doris Bures betreffend die Vorratsdatenspeicherung eine klare Absage. Ich fordere die Bundesregierung zum "Boykott des Datenstriptease" gegenüber der EU auf. Österreich soll und darf diese EU-Richtlinie nicht umsetzen und damit in ganz Europa ein deutliches Zeichen gegen den Überwachungsstaat und seine Auswüchse setzen". Es müsse Schluss sein mit den immer bedrohlicheren staatlichen Überwachungsphantasien. Dass die zuständige Ministerin Doris Bures hier weiterhin auf einer Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung beharrt, ist für Stadler "nur mehr das Spiegelbild der absoluten EU-Hörigkeit der Bundesregierung. Hier werden die Bürgerrechte am Altar des Überwachungsstaates mutwillig geopfert. Das ist inakzeptabel. "Big-Sister-Bures" is watching you", so Stadler.

"Es ist eine Frechheit, wenn die über acht Millionen Österreicher generell zu potentiellen Terroristen erklärt werden, die man ja zu ihrer eigenen Sicherheit unbedingt überwachen muss. Den Staat geht es nichts an, wer mit wem was telefoniert. Das ist schlicht und einfach Privatsache. Hier haben die staatlichen Datenschnüffler nichts verloren, egal ob sie in Brüssel oder Wien sitzen", bekräftigt Stadler.

 

 Grüne gegen neuen Bures Vorschlag zur Vorratsdatenspeicherung
Ein unnötiger Schritt in die falsche Richtung
Wien (grüne) - "In einem schlechten Zeitpunkt ein unnötiger Schritt in die falsche Richtung", so kommentiert die Telekommunikationssprecherin der Grünen, Gabriela Moser, den jüngsten Entwurf zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung, der aus dem Infrastrukturministerium in die Medien gebracht wurde. "Auf EU-Ebene steht eine Evaluierung der Richtlinie bevor, und aufgrund mehrerer Entscheidungen von Verfassungsgerichten scheint eine Aufhebung der Vorratsdatenspeicherungspflicht möglich. Österreich soll daher weiterhin auf diese grundrechtswidrige Massenüberwachung verzichten", erneuert Moser die grüne Forderung.

"Inhaltlich bringt der neue Entwurf in den gefährlichsten Punkten wesentliche Verschlechterungen", kritisiert der Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser. "Die Polizei würde ohne richterliche Genehmigung in bestimmten Fällen Zugriff auf Vorratsdaten erhalten. Nach dem neuen Entwurf wäre das z.B. schon bei E-Mails von NGOs an Unternehmen, die - wie im Tierschützerprozess - als Nötigung interpretiert werden, möglich. Das hat mit den EU-Vorgaben nichts mehr zu tun und führt direkt in den Überwachungsstaat."

Ein weiteres Beispiel für die überschießende Ausnutzung des Ermessensspielraums der Richtlinie im neuen Entwurf ist der Zugriff auf Vorratsdaten auch bei 'nicht schweren Straftaten'. Steinhauser erläutert: "Die Vorratsdatenspeicherung war in der EU nur für schwerste Verbrechen , etwa Terroranschläge, gedacht. Nach dem Entwurf soll aber der Richter einen Zugriff auch bei leichten Delikten anordnen können. Die verkürzte Speicherfrist von drei Monaten in diesen Fällen ändert nichts an der Gefahr: Unschuldige kommen durch die Massenüberwachung leicht zu Unrecht unter Verdacht. Einzelne Verbesserungen, wie etwa die Sperrliste für sensible Bereiche, können nicht verdecken, dass hier rechtsstaatliche Grundprinzipien verletzt werden."
     

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