Zwei ERC-Grants für Innsbrucker Physik   

erstellt am
04. 08. 10

Innsbruck (universität) - Francesca Ferlaino und Gregor Weihs vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck erhalten jeweils einen ERC Starting Grant. Der Europäische Forschungsrat (ERC) stellt den beiden Nachwuchsforschern insgesamt über 2,3 Millionen Euro für ihre Forschungen in den nächsten fünf Jahren zur Verfügung. Das Institut für Experimentalphysik und die Innsbrucker Quantenphysik unterstreichen damit erneut ihre internationale Bedeutung.

Der Europäische Forschungsrat unterstützt grundlagenorientierte Pionierforschung von herausragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Mit dem ERC Starting Grant werden erfolgreiche junge Forscherinnen und Forscher mit hoch dotierten Projektbudgets gefördert. Das Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck kann in diesem Jahr gleich zwei Preisträger vorweisen: Francesca Ferlaino und Gregor Weihs.
Dem Quantenmagnetismus auf der Spur

Quantengase haben außergewöhnliche Eigenschaften und bieten ideale Möglichkeiten, um grundlegende Fragen der Physik im Detail zu studieren. Insbesondere sind sie als Modellsysteme für die Untersuchung der Eigenschaften von Festkörpern gut geeignet. Die START-Preisträgerin des Vorjahres, Francesca Ferlaino, wird mit Unterstützung des ERC ein neues, exotisches Element für Experimente mit quantenentarteten Gasen und stark korrelierten Systemen verwenden: Erbium, ein sehr seltenes und bisher wenig beachtetes Metall. Es ist ein vielversprechender Kandidat für die in enger Kooperation mit der Forschungsgruppe „Ultrakalte Atome und Quantengase“ um Rudolf Grimm durchgeführten Experimente, weil es vergleichsweise schwer ist und einen stark magnetischen Charakter besitzt. „Diese beiden Eigenschaften lassen ein extremes dipolares Verhalten solcher Quantensysteme erwarten“, erklärt Ferlaino. Überdies existieren von diesem Element zahlreiche Isotope, von denen eines fermionische Eigenschaften hat. Damit lassen sich auch stark wechselwirkende Fermi-Gase erzeugen. Kein anderes Element, das bisher für Quantengas-Experimente eingesetzt wird, bietet diese einzigartige Kombination von Eigenschaften. „Die Wahl von Erbium wird neue Einblicke in die komplexen Wechselwirkungseigenschaften stark korrelierter Systeme ermöglichen und bietet vor allem neue Ansatzpunkte für die Untersuchung des Quantenmagnetismus mit kalten Atomen“, sagt die junge Wissenschaftlerin.

Francesca Ferlaino wurde 1977 in Neapel, Italien, geboren. Sie hat an der dortigen Universität Physik studiert und an der International School of Advanced Studies (ISAS) in Triest eine Masterarbeit abgeschlossen. Das Doktoratsstudium absolvierte Ferlaino an der Universität Florenz und dem dortigen European Laboratory for Non-Linear Spectroscopy (LENS). 2006 kam sie als Gastwissenschaftlerin in die Forschungsgruppe von Wittgenstein-Preisträger Rudolf Grimm nach Innsbruck und arbeitet seit 2009 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck. Im Vorjahr erhielt Francesca Ferlaino den START-Preis, Österreichs höchste Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler.
Quantenphysik auf Halbleiterchips

Die Forschungsgruppe um Gregor Weihs beschäftigt sich mit der Konstruktion von Quellen für einzelne Photonen und verschränkte Photonenpaare. Diese bilden eine wesentliche technologische Grundlage für zukünftige Quantenkommunikation und Quantencomputer. Mit den Mitteln des Europäischen Forschungsrats will Weihs die Erzeugung von verschränkten Photonen in Halbleiternanostrukturen auf eine neue Stufe heben: „Wir wollen Quellen bauen, die effizient arbeiten und gut zu kontrollieren sind.“ Die Forschungsgruppe untersucht dazu zwei unterschiedliche Halbleitersysteme, Exzitonen in Nanoresonatoren und Quantenpunkte. Es gilt dabei Wege zu finden, wie verhindert werden kann, dass Verunreinigungen in diesen Nanostrukturen die Quanteneffekte zerstören. Das von den internationalen Gutachtern überaus gut bewertete Forschungsvorhaben, könnte in einigen Jahren eine neue Technologie hervorbringen, die konkrete Anwendungen der Quanteninformationsverarbeitung im Alltag noch näher rücken lassen. Innsbruck bietet dafür ein ideales Forschungsumfeld, das sowohl experimentelle als auch theoretische Arbeitsgruppen an der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), an dem Gregor Weihs Assoziierter Wissenschaftlicher Direktor ist, umfasst.

Gregor Weihs wurde 1971 in Innsbruck geboren. Er hat an der Universität Innsbruck Physik studiert und hier in der Forschungsgruppe von Anton Zeilinger seine wissenschaftliche Laufbahn begonnen. Nach der Promotion unter den Auspizien des Bundespräsidenten im Jahr 2000 an der Universität Wien, ging er 2001 an die Stanford University in Kalifornien. Gleichzeitig war er auch an der Universität Tokio tätig. 2005 wechselte Weihs an die University of Waterloo in Kanada und folgte schließlich 2008 dem Ruf an die Universität Innsbruck, wo er als Professor für Photonik am Institut für Experimentalphysik forscht und lehrt.
Europas Grundlagenforschung stärken

Die Europäische Union ist ein wichtiger Förderer der Grundlagenforschung in Europa. Als Teil des 7. Forschungsrahmenprogramms hat die EU 2006 den Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) ins Leben gerufen. Er soll Pionierforschung ohne unmittelbaren Anwendungsbezug fördern und damit die EU als Forschungsstandort attraktiver machen. Kriterium für die Auswahl der Projekte ist ausschließlich die wissenschaftliche Exzellenz. 2008 erhielt bereits der Innsbrucker Chemiker Thomas Lörting einen ERC Starting Grant. Im gleichen Jahr wurde der Quantencomputer-Pionier Rainer Blatt mit einem ERC Advanced Grant, einer Förderung für renommierte Wissenschaftler, ausgezeichnet.
     
zurück