Debatte um ÖBB  

erstellt am
14. 09. 10

 Lopatka: Die Lage ist ernst!
Finanzstaatssekretär erwartet konkrete Taten statt Beschreibung des Zustandes – ÖVP-Infrastruktursprecher fordert Stufenplan zur Sanierung der ÖBB
Wien (övp-pk) - Als "in einer ernsten Lage" bezeichnete ÖVP-Finanzstaatsekretär Dr. Reinhold Lopatka in einer Pressekonferenz mit ÖVP-Infrastruktursprecher Abg. Dr. Ferdinand Maier am 14.09. die wirtschaftliche und strukturelle Situation der ÖBB. Der Finanzstaatsekretär sieht sich in seiner Kritik vom neuen ÖBB-Vorstand Christian Kern bestätigt, der ebenfalls vergangene Woche ein hartes Urteil über den Zustand des Bahnkonzerns gefällt hat. Nun müssten aber den Worten und Analysen endlich Taten folgen, fordert Lopatka.

"43 Prozent der Kosten bei den ÖBB sind Personalkosten. Eine Hand weiß nicht, was die andere tut. Dadurch ist das Unternehmen kaum noch manövrierbar", sagte Lopatka, der besonders die Pensionssonderrechte und das Dienstrecht kritisiert. "Die teuren Sonderpensionsrechte verschlingen laut Rechnungshofbericht 2,2 Milliarden Euro. Das gehört endlich abgestellt", rechnet Lopatka vor und fordert auch eine raschere Anhebung des durchschnittlichen Pensionsantrittsalters, das derzeit bei 52 Jahren liegt. "Das Antrittsalter pro Jahr um ein Jahr anzuheben, greift viel zu kurz. Dieses Tempo ist selbst für die ÖBB zu langsam."

Auch mit Struktureffekten im Dienstrecht könnten bis zu 117 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden. "Hinzu kommen noch Einsparungspotenziale bei den Personalkosten, die sich jährlich auf weitere 150 Millionen Euro beziffern, vorausgesetzt, der Vorstand würde endlich das Roland Berger-Gutachten umsetzen, das bis 2015 Einsparungen von 3.450 Stellen im Bereich Verschub und Traktion vorschlägt", so der Finanzstaatsekretär.

Lopatka hofft auf die Kooperation der Gewerkschaft. Andernfalls erwartet sich der Staatssekretär aber, dass sich die ÖBB-Führung in den bevorstehenden Verhandlungen und bei der Umsetzung der Reformschritte nötigenfalls auch gegen den Willen der Gewerkschaft durchsetzt. "Bisher konnte das ÖBB-Management den eigentlichen Prellbock im Konzern, die Gewerkschaft, nicht überwinden. Kern?s Worten müssen nun Taten folgen und daran werden wir ihn auch messen. Die Lage ist jedenfalls mehr als ernst", schloss Lopatka.

Einen stufenweisen Finanzierungsplan inklusive Finanzszenario von 2011 bis 2020 forderte heute, Dienstag, ÖVP-Infrastruktursprecher Abg. Dr. Ferdinand Maier in der gemeinsamen Pressekonferenz mit ÖVP-Finanzstaatssekretär Dr. Reinhold Lopatka vom neuen ÖBB-Vorstandssprecher Mag. Christian Kern. Maier werde Kern an seinen Taten messen. Wenn es sein muss, werde er ihn in alle 100 Tage an seine Ankündigungen erinnern und darauf schauen, ob sie auch umgesetzt wurden.

Ferdinand Maier zu ÖBB: Echte Reformen braucht das Land
"Ich erwarte mir, dass ÖBB-Chef Kern einen Stufenplan bis 2020 vorlegt mit dem Ziel, dass der ÖBB-Konzern einen operativen Jahresgewinn verbucht, die Staatszuschüsse reduziert und die Schulden des Unternehmens abgebaut werden, ohne dass diese der Steuerzahler tragen muss", so Maier. Denn es sei nicht mehr länger hinnehmbar, "dass jede Österreicherin und jeder Österreicher, ob er/sie Bahn fährt oder nicht, jedes Jahr mit 2.500 Euro Steuergeld für die ÖBB gerade stehen muss".

Es brauche jetzt rasch echte Reformen, die das Unternehmen wieder auf Erfolgsschiene bringen. "Die von schwarz-blau eingeleitete und mutige ÖBB-Reform kam in den vergangenen vier Jahren unter Faymann, Bures und Pöchhacker zum Erliegen. Die haben offenbar in der Pendeluhr geschlafen und die notwendigen Strukturreformen nicht fortgesetzt", so der ÖVP-Infrastruktursprecher.

Nun gehe es darum, dass der neue ÖBB-Vorstand die ÖBB wieder leistungsfähig und konkurrenzfähig mache. "Dazu zählt einerseits die Kundenorientierung wie ausreichende und saubere Wagons, besseres Service, pünktliche Züge und gute Verbindungen. Andererseits müssen die Reformschritte, die im Gesetz vorgesehen sind, jetzt rasch umgesetzt werden. Auch der Abbau von Privilegien, eine Reduzierung der Betriebsräte, Optimierung der Kostenkontrollen und besonders eine wirtschaftliche Führung, orientiert an unseren Nachbarn Schweiz und Deutschland muss umgehend in Angriff genommen werden. Wenn Christian Kern das alles umsetzt und die SPÖ-Parteibuchwirtschaft im Unternehmen abstellt, dann kann er mit unserer Unterstützung rechnen", so Maier.

Schritte, die wieder zu einer Zentralisierung der Unternehmensstrukturen führen, lehnt Maier strikt ab. "International gibt es ähnliche Strukturen wie bei den ÖBB, jedoch wirtschaftlich um einiges erfolgreicher. Eine Zentralisierung wäre schlichtweg ein Eisenbahner-Stalinismus", stellt Maier klar.

 

Kräuter: "Lopatka & Maier denkbar schlechte ÖBB-Ratgeber"
Finanzminister Pröll für Konzern-Image mitverantwortlich - Wo bleibt Maiers Sachverstand angesichts der Skandal-Spekulationen unter Huber?
Wien (sk) - SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter kritisiert die Aussagen seitens der ÖVP zum ÖBB-Konzern mit deutlichen Worten. Kräuter: "Ich empfehle der ÖVP dringend nach kompetenten und glaubwürdigen Akteuren im Verkehrs- und Infrastrukturbereich Ausschau zu halten. Lopatka und Maier sind denkbar schlechte Ratgeber für die Zukunft der Bundesbahnen."

Wenn Maier die Zerschlagung des Konzerns unter Schwarz-Blau im Jahr 2003 positiv darzustellen versuche, oder sich sogar dazu versteige, die verantwortungslosen Spekulationen unter ÖVP-Mann Huber als erfolgreich zu bewerten, müsse zumindest am Sachverstand Maiers gezweifelt werden.

Kräuter: "Lopatka wiederum rüttelt im Eifer des ÖBB-Bashings an Fundamenten der Arbeitnehmerpolitik und der Sozialpartnerschaft und setzt offenbar bewusst den Vertrauensschutz der arbeitenden Bevölkerung aufs Spiel."

Abschließend fordert der SPÖ-Bundesgeschäftsführer neuerlich Finanzminister Josef Pröll auf, seine außer Rand und Band geratenen ÖBB-Zerstörer aus dem Verkehr zu ziehen. Kräuter: "Herr Finanzminister, Sie sind für das Konzern-Image und den wirtschaftlichen Erfolg des größten heimischen Unternehmens mitverantwortlich. Nehmen Sie sich ein Beispiel an ihrem Parteikollegen Mitterlehner, der längst den Irrweg der Konzernbeschädigung durch das Finanzressort erkannt hat."

 

 Moser: SPÖ-ÖVP-Hickhack interessiert ÖBB-KundInnen nicht
Regierung soll Scheingefechte einstellen und lieber Angebot verbessern
Wien (grüne) - "Die Fahrgäste, die täglich unter den Schwächen von Bahnangebot und Bahnpolitik leiden, haben für das sinnlose ÖBB-Hickhack der Regierungsparteien kein Verständnis. Umso mehr, als ÖVP und SPÖ beide reichlich Butter am Kopf haben und Mitverantwortung für die Zustände auf Österreichs Schienen tragen", betont Gabriela Moser, Verkehrssprecherin der Grünen. "Die ÖVP hat eine ideologisch motivierte ÖBB-Reform durchgezogen, bei der viele überflüssige Posten für ÖVP- und FPÖ/BZÖ-ParteigängerInnen entstanden und 'nebenbei' schlappe 100 Mio. Euro an Berater aller Farben fließen konnten. Bei den ÖBB-Managementskandalen von Spekulation bis Immobilien waren ebenfalls ÖVP-ParteigängerInnen die Hauptakteure, von den aktuellen RCA-Turbulenzen ganz zu schweigen".

Daneben tut sich die ÖVP bei der Bahn als Zusperrkaiser hervor - wie in Niederösterreich- , hat aber keinerlei konstruktive Vorschläge für den sicheren und umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene zu bieten. Die SPÖ-Verkehrsminister Faymann und nun Bures wiederum haben den Missständen jahrelang weitgehend tatenlos zugeschaut und machen zusammen mit Vertrauensleuten a la Pöchhacker bis heute gescheiterten Managern die Mauer, statt wenigstens einen Teil der von diesen verursachten Millionen-Abflüsse zurückzuholen. Wer die Hubers dieser Welt mit vollen Taschen davonkommen lässt und die Bahn zur Immobilienversilberungs- und Freunderlversorgungsanstalt verkommen lässt, hat nachher kein Geld für pünktliche Züge oder attraktive Regionalbahnen. Die Grünen verlangen endlich konstruktive gemeinsame Arbeit der Regierung für mehr und besseres Bahnangebot. Auf ÖVP-SPÖ-Schaukämpfe auf Lopatka-Niveau ist niemand neugierig", so Moser.
     

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