JKU-Forscher entwickeln essbare Elektronik   

erstellt am
14. 09. 10

Linz (jku) - Ob Digitalkamera, Notebook, PC, Handy, Plasmafernseher oder Spielkonsole -
eine rasante Entwicklung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik aber auch kürzere Produktlebenszyklen sind am Markt beobachtbar. Der Elektro-/Elektronikschrott und ein erheblicher Strom- und Materialverbrauch strapazieren unsere Umwelt. Der Ruf nach "grüner Elektronik" in Bezug auf Energie, Problemstoffe, Abfall und Recycling wird nicht nur von der Gesetzgebung, sondern auch vom Markt her immer größer. Die Johannes Kepler Universität (JKU) Linz folgt diesem Ruf und beschäftigt sich als eine der ersten Universitäten weltweit mit Elektronik, die man als Müll einfach auf den Komposthaufen werfen, zur Not sogar essen könnte.

Die vollkommene Bioverträglichkeit der elektrischen Bauteile ist das Hauptziel einiger JKU-Wissenschafter, die sich schon seit längerem mit der Nutzung elektronischer Elemente aus biologischen Bauteilen beschäftigen. Erste Forschungserfolge um die Teams von Univ.Prof. Dr. Siegfried Bauer, Leiter der Abteilung für Physik der Weichen Materie, und o.Univ.Prof. Dr. Niyazi Serdar Sariciftci, Vorstand des Instituts für Organische Solarzellen, können jetzt verzeichnet werden: Dr. Mihai Irimia-Vladu hat einen organischen Feldeffekttransistor entwickelt, der von den Materialien her sogar essbar wäre. Damit wurde ein erster Schritt in Richtung "grüne Elektronik" gesetzt: "Es ist uns erstmals gelungen, aus natürlichen Ausgangsstoffen wie beispielsweise Beta-Karotin, Indigo, Koffein, Glucose, Farbstoffe, DNA, etc. organische Feldeffektransistoren zu entwickeln", sagen Bauer und Sariciftci.

Die "essbaren Schaltkreise" werden auf bioabbaubaren Filmen aufgedruckt. Recycling wäre somit überflüssig und ein einfaches Kompostieren würde ausreichen bzw. wären die Bauteile sogar essbar. Diese einfachen Sensoren aus biologischem Material könnten beispielsweise nachvollziehen, ob Lebensmittel ohne Unterbrechung der Kühlkette transportiert wurden, oder aber auch den Reifegrad von Obst, die Frische des Brotes oder Erschütterungen eines empfindlichen Materials während des Transports feststellen. "Der Endverbraucher gibt den Sensor dann zum Biomüll oder isst ihn einfach mit", betont Dr. Irimia-Vladu. Diese Sensoren könnten auch als medizinische Implantate verwendet werden, die als "Innen-Überwacher" von Stoffwechselvorgängen (Blutwerte, Temperatur, Wundheilungsverlauf, etc.) dienen und vom menschlichen Körper nach gewisser Zeit ohne gesundheitliche Bedenken wieder abgebaut werden würden. Die genießbaren Schaltkreise könnten auch auf Tabletten überprüfen, ob und wann diese vom Patienten aufgenommen wurden - wenn der Schaltkreis beispielsweise nicht länger sendet, ist das Medikament resorbiert. Essbare Elektronik wäre genauso für Spielzeug denkbar. "Die ersten Schritte sind gesetzt, doch für jede der genannten potenziellen kommerziellen Anwendungen ist noch mit langjähriger Entwicklungsarbeit auch auf industrieller Seite zu rechnen", betont Bauer. Die ersten JKU-Forschungsergebnisse wurden bereits in der renommierten internationalen Zeitschrift "Advanced Functional Materials" veröffentlicht.

"Essbare Elektronik" als Diensterfindung der JKU wird von der Austria Wirtschaftsservice GmbH im Rahmen des uni:ivent-Programms unterstützt.
     
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