Zukunft der Wehrpflicht  

erstellt am
21. 09. 10

 Faymann: Wehrpflicht steht am Ende der Diskussion um Sicherheitsstrategie
Verteidigungsminister für offene Diskussion über Zukunft des Bundesheeres
Wien (sk) - Eine Entscheidung über die Zukunft der Wehrpflicht könne erst am Ende einer Diskussion über die künftige Sicherheitsstrategie stehen, betonte SPÖ-Vorsitzender, Bundeskanzler Werner Faymann am 21.09. nach dem Ministerrat. Derzeit sei die allgemeine Wehrpflicht Voraussetzung zur Aufrechterhaltung der Aufgaben des Bundesheeres, zum Beispiel im Bereich des Katastrophenschutzes oder bei Auslandseinsätzen. Eine Abschaffung könne erst diskutiert werden, "wenn man etwas Besseres hat", so Faymann. Sonst werde man vorerst bei dem bleiben, was die österreichische Bevölkerung so schätzt, nämlich dass es genügend Leute für Katastrophenschutz und Auslandseinsätze gibt.

Wenn an Stelle der allgemeinen Wehrpflicht ein anderes Modell stehen sollte, dann könne man das nicht ankündigen, "ohne dass man weiß, was das genau sein soll". Dabei werde man natürlich die Entwicklung in Nachbarländern wie Deutschland beobachten, diese Modelle bewerten - nach den Aufgaben, aber auch nach den Kosten und danach entscheiden, inwiefern ein System auch für Österreich übernommen werden kann oder nicht.

In der Koalition sei jedenfalls vereinbart, dass Verteidigungsminister Norbert Darabos und Außenminister Michael Spindelegger bis Oktober die neue Sicherheitsstrategie "eng abgestimmt" und unter Einbindung des Parlaments erarbeiten, so der Kanzler.

Darabos: Neu Sicherheitsstrategie für Österreich bis Ende des Jahres
Mit den Worten "Ich bin davon überzeugt, dass die allgemeine Wehrpflicht sicherheitspolitisch, finanziell und gesellschaftspolitisch derzeit das beste System ist", bekannte sich Verteidigungsminister Norbert Darabos am Dienstag vor dem Ministerrat klar zur Wehrpflicht. Das Mischsystem aus Grundwehrdienern, Miliz- und Berufssoldaten halte er für zeitgemäß, so Darabos. Er wolle eine offene Diskussion über die Zukunft des Österreichischen Bundesheeres führen, betonte der Verteidigungsminister, er werde seine Argumenten in die Diskussion einbringen "Am Ende des Tages muss es eine gemeinsame Strategie von Verteidigungs- und Außenministerium geben." Eine neue Sicherheitsstrategie könne bis Jahreswechsel stehen, gibt sich Darabos zuversichtlich.

Auch das Parlament und die Oppositionsparteien sollen entsprechend eingebunden werden. Man müsse einen breitestmöglichen sicherheitspolitischen Konsens finden, so Darabos, der daran erinnerte, dass die derzeitige Sicherheitsdoktrin gegen die Stimmen der SPÖ beschlossen wurde. Der Verteidigungsminister verwies auch auf die zahlreichen Reformen, die während seiner Amtszeit bereits umgesetzt wurden. So wurden Ressourcen von der Verwaltung zur Truppe umgeschichtet und das Ministerium von 1.200 auf rund 940 Dienstposten verschlankt. Die Empfehlungen der Bundesheerreformkommission wurden zu einem überwiegenden Teil bereits umgesetzt oder befänden sich derzeit in Umsetzung.

 

Scheibner beantragt Aussetzen der Wehrpflicht
"Wir wollen ein Freiwilligenheer bestehend aus Berufssoldaten und einer wirklich gut ausgerüsteten und ausgebildeten, sowie motivierten Freiwilligenmiliz"
Wien (bzö) - "Rund um Österreich reagieren die Länder auf den Vertrag von Lissabon - nur bei uns ist alles anders", kommentierte der stellvertretende BZÖ-Klubobmann Abg. Herbert Scheibner die Diskussion rund um den Wehrdienst. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit BZÖ-Bündnisobmann Josef Bucher kündigte er an, schon bei der Plenarsitzung am Mittwoch das Aussetzen der Wehrpflicht zu beantragen.

"Es ist notwendig, dass man nun anhand der geltenden Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin festlegt, welchen Adaptierungsbedarf es aufgrund des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon gibt. Davon abgeleitet müssen dann die notwendigen Maßnahmen für das österreichische Bundesheer gesetzt. Durch diese europäische Beistandgarantie ist das Wehrsystem zu überdenken", so Scheibner. Doch "Österreich ist leider anders, so will Verteidigungsminister Darabos eine neue Verteidigungsdoktrin, weil die derzeitige zu sehr NATO-lastig ist und bei der ÖVP weiß man ohnehin nicht, was sie in diesem Bereich will." Scheibner erinnert, dass das BZÖ immer verlangt hatte: "Wenn es eine europäische Beistandsgarantie gibt, der Assistenzeinsatz im Burgenland nicht mehr nötig ist, dann ist in Österreich auch das Wehrsystem zu überdenken. Wir wollen daher ein Freiwilligenheer bestehend aus Berufssoldaten und einer wirklich gut ausgerüsteten und ausgebildeten, sowie motivierten Freiwilligenmiliz. Da braucht es natürlich Anreizsysteme und einen Rahmen für diese Maßnahmen. Und das muss jetzt in Angriff genommen werden", forderte Scheibner.

15.000 bis 18.000 gut ausgebildete Soldaten und eine entsprechende Milizkomponente sind für Scheibner ein qualitativ hochwertiger Beitrag für die Sicherheit Österreichs und auch ein Beitrag für die Sicherheitspolitik der EU. Das derzeitige System sei nämlich ineffizient und teuer. "Jedes Jahr werden vom Bundesheer über 20.000 Grundwehrdiener sechs Monate pro Jahr ausgebildet, nur um sie dann heimzuschicken." Bereits 40 Prozent des derzeitigen Verteidigungsbudgets und 55 Prozent der Personalressourcen sind laut Scheibner für das Aufrechterhalten des Systems der Grundwehrdiener nötig. Er erinnert, dass "bis zu zwei Drittel der Grundwehrdiener nicht für militärische Aufgaben eingesetzt, sondern nur zur Aufrechterhaltung des Systems benötigt werden."
     

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