"Nestroy" für Kaufmann und Piplits   

erstellt am
18. 10. 10

Ulrike Kaufmann und Erwin Piplits werden am 8. November 2010 den Nestroy für ihr Lebenswerk erhalten - eine offizielle Würdigung für 37 Jahre intensive gemeinsame Theaterarbeit in Wien.
Wien (odeon theater) - Ulrike Kaufmann studierte Grafik an der Ortweinschule in Graz und Bühnenbild am Schillerplatz, Erwin Piplits ist Autodidakt und kommt aus der frühen Wiener "Off Szene". Als bildende Kunstschaffende waren beide mit dem vorgefundenen Theater nicht zufrieden und suchten daher einen eigenen Weg.

Ihre Zusammenarbeit begann 1973 mit einem kleinen Ensemble, das als fahrendes Figurentheater unterwegs war. 1977 wandelte das Ensemble das stillgelegte "Vindobona Kino" am Wiener Wallensteinplatz vielen Widerständen zum Trotz in ein Theater um, das elf Jahre international erfolgreich bespielt wurde. Es gab zahlreiche Gastspiele in ganz Europa, Amerika und Israel. "Der Gaulschreck im Rosennetz" (1980) frei nach Herzmanovsky-Orlando und Verwunschen" (1980/81) nach Liedern von André Heller waren die ersten großen Erfolge. "Double und Paradise" (1982/83) wurde nahezu 300-mal in Wien und auf Tournee gespielt. Höhepunkte waren auch eine Adaption von Wagners "Ring" für die Alte Oper Frankfurt im Wagnerjahr mit dem Titel "Heil'ge Hochzeit" (1983) und "Anima" (1986) an der Donau für die Wiener Festwochen.

Seit 1988 ist das Odeon in der Taborstraße die Heimstätte des Ensembles, das ab 1980 den Namen Serapions Ensemble trägt. Der große Saal der Wiener Getreidebörse wurde im Krieg zerstört und stand 42 Jahre lang leer. Auf Initiative von Erwin Piplits und Ulrike Kaufmann und zu 86 % aus eigenen Mitteln finanziert wurde er zum attraktivsten Spielort dieser Größenordnung in Wien, der von Kunstschaffenden in Selbstverantwortung geführt wird. Nicht nur die eigenen Aufführungen des Serapions Ensembles, sondern auch zahlreiche Gäste haben seither ein begeistertes Publikum gefunden.

Das Serapions Ensemble hat seit seiner Gründung eine stetige Wandlung durchgemacht und ist dabei seiner Grundidee des "visuellen" Theaters mit philosophischem, poetischem Hintergrund immer treu geblieben. Während die Arbeiten in den ersten Jahren am Wallensteinplatz vom Fantastischen, Traumhaften, manchmal auch Grotesken geprägt waren, lag den Arbeiten im Odeon zuerst ein kritischer Realismus zugrunde, wie in "Kispotlatsch" (1990), "Einen Schatten halte ich umarmt …" (1993/94), "Kommt und seht … Guernica" (1992). Seit "Nemo, nemo loqvitvr" (1999/2000) entwickelte sich immer ausgeprägter eine Art "Szenische Poesie", die universell verständlich ist. Der besondere Reiz der Arbeiten der letzten Jahre, wie "Serapion, mon amour" (2004), "Xenos" (2005), "Com di com com" (2007) und "School of Night" (2009/10), liegt in der unverwechselbaren Verbindung von freiem Spiel, Tanz, Musik, Text und bildender Kunst.

Die Ideen für die Produktionen des Serapions Ensembles gehen immer von Ulrike Kaufmann und Erwin Piplits gemeinsam aus (Auftragsarbeiten ausgenommen) und auch die Umsetzung erfolgt im Teamwork: Das Erscheinungsbild der Szene liegt in den Händen von Ulrike Kaufmann, die seit einigen Jahren Max Kaufmann als Maler zur Seite hat. Auch in der Kostümwerkstatt ist Ulrike Kaufmann die gestaltende Kraft, die kein Material ohne spezielle Umgestaltung zur Anwendung bringt. Für die Raumgestaltung und die Musikmontagen ist Erwin Piplits verantwortlich, der auch die Geschäftsleitung und die grafische Gestaltung über hat, das Einstudieren und die szenische Leitung liegt in den Händen von Ulrike Kaufmann, die auch immer mit auf der Bühne steht. Zurzeit arbeiten Ulrike Kaufmann und Erwin Piplits mit dem Serapions Ensemble an einer neuen Arbeit mit dem Titel "Voilà", die voraussichtlich Ende Jänner 2011 Premiere haben wird. Anregungen dazu geben diesmal Vogelgeschichten aus dem Orient. Das Serapions Ensemble wird ein poetisches Spiel entwickeln, das den Menschen auf der Suche nach Wahrheit, Erkenntnis und Schönheit im Wandel der Zeit zum Thema hat.

Ulrike Kaufmann
Ulrike Kaufmann wurde in Gai/Steiermark geboren. Im Anschluss an eine Ausbildung als Grafikerin in Graz studierte sie Bühnenbild an der Akademie der bildenden Künste in Wien.

Seit 1973 arbeitet sie mit Erwin Piplits zusammen und seit 1980 ist sie kontinuierlich im Serapions Theater (seit 1988 im Odeon) als Schauspielerin und Kostümbildnerin tätig. Zudem arbeitete sie u.a. im Auftrag der Salzburger Festspiele, der Wiener Staatsoper und der Oper Zürich. 2000 und 2005 erhielt sie den Nestroy für die beste Ausstattung.

Erwin Piplits
Erwin Piplits wurde in Wien geboren und erlernte zunächst die Textildruckerei. 1962 begann er seine Tätigkeit bei den "Komödianten am Börseplatz" als Bühnenbildner und Schauspieler. Parallel zu einem Studium an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien erfolgte seine Mitarbeit bei der Arena 70 und ab 1971 im Museum des 20. Jahrhunderts.

Die intensive Arbeit mit Kunstfiguren führte 1971 zu der experimentellen Musiktheater-Aufführung Pupofon, aus der später Pupodrom wurde. 1973 begann die Zusammenarbeit mit Ulrike Kaufmann. Seit 1980 ist Erwin Piplits kontinuierlich mit dem Serapions Theater (seit 1988 im Odeon) tätig und arbeitete zudem u.a. im Auftrag der Salzburger Festspiele, der Wiener Staatsoper und der Oper Zürich.
     
Informationen: http://www.odeon-theater.at/    
     
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