Johann Evangelist Holzer   

erstellt am
02. 12. 10

"Maler des Lichts" – im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Innsbruck (tiroler-landesmuseen) - Die Tiroler Landesmuseen widmen dem Tiroler Barockmaler Johann Evangelist Holzer (1709-1740) vom 3. Dezember 2010 bis zum 13. März 2011 eine umfangreiche Sonderausstelllung. Nahezu 100 Werke des Künstlers, darunter Porträts, Altargemälde, sakrale Blätter, Bozzetti und Graphiken werden zu sehen sein. Holzer war aber auch als Freskant berühmt. Eine Computersimulation in der Ausstellung lässt die Kuppelausmalung der zerstörten Benediktinerabteikirche Münsterschwarzach wieder auferstehen. Auch Entwürfe Holzers zu den verloren gegangenen Fresken an Augsburger Bürgerhäusern werden gezeigt.

"Die Sonderausstellung ‚Johann Evangelist Holzer, Maler des Lichts' ist ein länderübergreifendes Gesamtprojekt, das 2007 gestartet wurde", erklärt PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, und streicht die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern hervor. Nach den Präsentationen in den Kunstsammlungen und Museen Augsburg, dem Diözesanmuseum St. Afra in Augsburg und dem Domschatz- und Diözesanmuseum in Eichstätt, die sich verschiedenen Themenschwerpunkten widmeten, zeigt nun das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum einen repräsentativen Querschnitt des bedeutenden Tiroler Künstlers. Die Sonderausstellung in Innsbruck stellt damit den krönenden Abschluss des internationalen Projektes dar.

Johann Evangelist Holzer zählt mit Johann Georg Bergmüller, Matthäus Günther, Cosmas Damian Asam, Johann Baptist Zimmermann, Johann Jakob Zeiller, Martin Knoller und Paul Troger zu den bedeutendsten Malern des 18. Jahrhunderts. Schon früh wurde sein außergewöhnliches Talent entdeckt. Zu Lebzeiten wurde er gefeiert, nach seinem frühen Tod, er wurde nur 30 Jahre alt, verehrt. In nur 15 Arbeitsjahren schuf Johann Evangelist Holzer ein umfangreiches Werk. "Es ist höchst beeindruckend, welche enorme künstlerische Entwicklung Holzer in seinem kurzem Leben vollzogen hat", meint Dr. Eleonore Gürtler, Kuratorin der Ausstellung. Dieses ansehnliche und erstaunliche künstlerische Schaffen des Barockmalers Holzer will die Sonderausstellung im Ferdinandeum nun würdigen und damit den "Maler des Lichts" selbst wieder ins Licht rücken.

Für die Ausstellungsarchitektur zeichnen die Stuttgarter Architekten und Designer von büromünzing verantwortlich. "Ziel der Ausstellungsgestaltung ist es, die Werke Holzers gemäß der thematischen Gliederung, in einem einheitlichen gestalterischen Rahmen zu präsentieren", erklärt Architekt DI Uwe Münzing. Dafür wurde ein Präsentationskonzept entwickelt, welches durch dreidimensional im Raum platzierte Farbflächen ein autarkes System im Museum bildet. Für den Besucher ergeben sich damit überraschende Aus- und Einblicke innerhalb der 1000 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche.

Zur Ausstellung erschien ein umfassender, reich bebilderter Katalog (448 Seiten) im Haymon Verlag, der erstmals einen Großteil des Schaffens des Künstlers zugänglich macht. "Namhafte Wissenschaftler beleuchten seine Malerei und Graphik in Studien zu Einzelaspekten seines Werks, aber auch in Beiträgen zu übergreifenden Fragestellungen", so Gesamtkoordinator Dr. Thomas Wiercinski. Dabei wartet der Katalog mit zahlreichen neuen Ergebnissen auf (ISBN 978-3-85218-641-2, Haymon Verlag Innsbruck).

Rahmenprogramm
KURATORENFÜHRUNG
Sonntag, 5.12.2010, 11 Uhr, Dr. Eleonore Gürtler

FÜHRUNGEN
Jeweils Sonntag, 11 Uhr
23.1.2011, Gabriele Ultsch
20.2.2011, Mag. Sonja Fabian
6.3.2011, Gabriele Ultsch
13.3.2011, Claudia Mark

THEMENFÜHRUNGEN
"Das Portraitmalen hieß er nur eine Zwangsarbeit" - Zum Porträt im Werk Johann Evangelist Holzers
Sonntag, 12.12.2010, 11 Uhr, Mag. Sonja Fabian
Weihnachtsansichten von Marx Reichlich, Josef Adam Mölk, Ulrich Glantschnigg, Johann Evangelist Holzer u.a.
Sonntag, 19.12.2010, 11 Uhr, Dr. Angelika Schafferer
"In besonders prächtiger Klarheit des Lichts und Kraft des Schattens"
Sonntag, 9.1.2011, 11 Uhr, Claudia Mark
Über restauratorische Maßnahmen und Enthüllungen
Sonntag, 16.1.2011, 11 Uhr, Mag. Ulrike Fuchsberger-Schwab
Mit Pinsel, Stift und Feder - Zur Zeichenkunst Johann Evangelist Holzers
Sonntag, 6.2.2011, 11 Uhr, Dr. Josef Straßer, München
Kompagnon oder Konkurrent? Johann Evangelist Holzer bei Johann Georg Bergmüller in Augsburg
Sonntag, 27.2.2011, 11 Uhr, Dr. Eleonore Gürtler
Johann Evangelist Holzer - Maler des Lichts, Meister der Farben
Sonntag, 13.3.2011, 15 Uhr, Dr. Thomas Wiercinski, Saarbrücken

AFTER WORK. KUNST IN KÜRZE
Aperitif und Kurzführung zu einem Überraschungsbild in der Ausstellung
Freitag 3. und 17.12.2010, 17Uhr
Freitag 4.2.2011, 16 Uhr

KINDER-WERKSTATT
Farbe, Licht und Wolkenmeer
14?17 Uhr
Samstag, 11.12.2010 und Donnerstag, 17.2.2011 für Kinder ab 8 Jahren mit Anmeldung

FAMILIEN-RUNDGANG
Sonntag, 15 Uhr, 23.1. und 6.3.2011, für Kinder und ihre BegleiterInnen, ohne Anmeldung

FORTBILDUNG FÜR LEHRER/INNEN
Dienstag, 1.3.2011, 14.30 bis 17.45 Uhr, in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Tirol

MUSEUMSPÄDAGOGISCHES ANGEBOT
für Schulklassen, Kinder- und Jugendgruppen ab der 3. Schulstufe, mit Anmeldung

MATINEE IN DER AUSSTELLUNG
Sonntag, 30.1.2011, 11 Uhr Mezzanin. Wolfram Oettl, renommierter Spezialist für historische Tasteninstrumente, spielt auf dem Cembalo erlesene Musik des Spätbarock.

KONZERT IN DER AUSSTELLUNG
Sonntag, 13.3.2011, 19 Uhr im Mezzanin. Peter Waldner gestaltet zum Ausklang der Ausstellung eine spannende musikalische Führung durch die Bilderwelt Johann Evangelist Holzers: Er spielt auf Cembalo und Orgel Musik aus dem Tiroler und dem süddeutsch-österreichischen Raum.

FILMVORFÜHRUNG
während der Öffnungszeiten:
"Johann Evangelist Holzer (1709?1740). Der virtuose Kunstmaler von Burgeys"
Drehbuch und Regie: Lucio Rosa
wissenschaftliche Bearbeitung: Hans-Paul Ties
Produktion: Studio Film TV - Lucio Rosa, im Auftrag RAI-Sender Bozen, 2004


Johann Evangelist Holzer (1709-1740), Vita
Nach seiner Lehrzeit bei Nikolaus Auer in St. Martin im Passeiertal zog Holzer 1728 nach Straubing zu Joseph Anton Merz, der Mitarbeiter für die Neuausstattung der Klosterkirche in Oberaltaich suchte. Von ihm erlernte Holzer die Freskotechnik, in der er später selbst große Meisterschaft erlangte. Dies belegen die Fresken in der Wallfahrtskirche St. Anton in Partenkirchen, im Festsaal der Sommerresidenz der Eichstätter Bischöfe und die Entwurfzeichnungen, Bozzetti und Nachstiche der nicht mehr erhaltenen Fresken in der ehemaligen Klosterkirche in Münsterschwarzach.

Im Herbst 1729 begab sich Holzer nach Augsburg - den bedeutenden Verlagszentrum und Standort einer jungen Kunstakademie. Da Holzer ohne Bürgerrecht als Künstler nicht eigenständig arbeiten durfte, trat er 1730 in die Werkstatt Johann Georg Bergmüllers ein, des führenden katholischen Malermeisters Augsburgs und Akademiedirektors. Holzer - weniger Schüler als wertgeschätzter "Compagnon" Bergmüllers - profitierte vom Fächerangebot der Akademie und dem geistigen Austausch mit seinem Lehrer. Er studierte alte und zeitgenössische Meister, pflegte Umgang mit geistlichen Kreisen, insbesondere Jesuiten, und bildete sich sprachlich, literarisch und naturwissenschaftlich.

Die in den 1730er Jahren erblühte Fassadenmalerei prägte die Handelsstadt Augsburg und gab ihr den Ruf, die schönste Stadt Deutschlands zu sein. Leider haben sich alle diese Fresken nicht erhalten. Einen Eindruck von Holzers Werken vermitteln jedoch einige seiner Entwurfskizzen und Kupferstiche von Johann Esaias Nilson.

Johann Evangelist Holzer, der in seiner frühen Jugend die Lateinschule des über seinem Geburtsort Burgeis liegenden Benediktinerklosters Marienberg besucht hatte, blieb seinen religiösen Wurzeln zeitlebens treu, auch arbeitete er fast ausschließlich für katholische Auftraggeber. Daher nehmen Andachtsbilder einen wichtigen Teil seines künstlerischen Gesamtwerks ein. Sie stellen überwiegend Szenen aus Heiligenlegenden dar und sind durch eine äußerst komplexe Ikonografie gekennzeichnet, die von sehr guten theologischen, hagiografischen, mythologischen, allegorischen und historischen Kenntnissen zeugt.

Aufträge für Altargemälde erhielt Holzer u. a. von den einflussreichen Augsburger Handelsfamilien Fugger und Brentano-Moretto. Zu seinen herausragenden Schöpfungen gehören das Seitenaltarbild "Kampf des Erzengels Michael gegen den Drachen" für die Augustiner-Chorherrenkirche in Dießen und das über acht Meter hohe Hochaltarblatt der Eichstätter Schutzengelkirche.

Holzers Gemälde verbinden die Farbenpracht Rubens' mit einem Helldunkel von rembrandtscher Tiefe. Als einer der ersten Rembrandt-Rezipienten in der deutschen Kunst des 18. Jahrhunderts setzte der Künstler in seinen Ölgemälden und Radierungen Hell und Dunkel entschieden gegeneinander.

Mit der Freskenausstattung der Benediktinerabteikirche von Münsterschwarzach schuf Holzer zwischen 1737und 1740 ein epochales Werk, das durch den Abbruch der Kirche im 19. Jahrhundert zerstört wurde. Erhalten haben sich Bozzetti der Kuppelausmalung und der Zwickelbilder sowie der Entwurf für eines von insgesamt sechs Deckenfresken im Chor, im Lang- und im Querhaus. Den Bozzetto des Hochaltarblattes konnte der Künstler aufgrund seines frühen Todes nicht mehr vollenden. Das riesige Vierungskuppelfresko, das die Himmelsglorie der Heiligen des Benediktinerordens und Maria als deren Fürbitterin vor der Dreifaltigkeit darstellte, wurde Vorbild für das Kuppelfresko von Holzers Zeitgenossen Matthäus Günther in der Abteikirche Rott am Inn und für jenes von Johann Jakob Zeiller in der Stiftskirche Ottobeuren.

1740 erhielt Holzer von Clemens August, Kurfürst und Erzbischof von Köln, den Auftrag zur Ausmalung der Kapelle von Schloss Clemenswerth. Auf der Reise dorthin an Typhus erkrankt, starb der erst 30-jährige Künstler am 21. Juli dieses Jahres und wurde in der Kapuzinergruft der alten Jakobuskirche in Sögel beigesetzt.

http://www.tiroler-landesmuseen.at
     
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